alle Urteile, veröffentlicht am 25.11.2014
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 04.11.2014
- 10 S 1663/11 -
Vogelabwehranlagen im Weinberg: Nachbarn haben Anspruch auf Maßnahmen zur Lärmminderung
Gänzliche Untersagung des Anlagenbetriebs mangels Gesundheitsgefahren nicht möglich
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass das Landratsamt Heilbronn ist verpflichtet, gegen den Lärm automatischer phonoakustischer und pyrotechnischer Vogelabwehranlagen in einem Weinberg in Neckarwestheim einzuschreiten. Die Anwohner können mangels Gesundheitsgefahr zwar nicht die Untersagung des Anlagenbetriebs verlangen. Das Landratsamt muss jedoch zum Schutz der Anwohner vor schädlichen Umwelteinwirkungen Maßnahmen zur Minderung des Lärms anordnen. Die Pflicht des Anlagenbetreibers, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden und zu minimieren, tritt nicht allein deshalb zurück, weil andere Mittel zur Vergrämung von Vögeln höhere Kosten für Weinbauern verursachen.
Die Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls wohnen oberhalb eines Weinbergs am Rand von Neckarwestheim. Während der Weinberghut (Mitte/Ende August bis Oktober/November) werden zwischen Sonnenaufgang und -untergang im Umkreis von 800 Metern 7-8 automatische Vogelabwehranlagen betrieben, davon 3 phonoakustische Geräte und 4-5 pyrotechnische Schussapparate, wobei der geringste Abstand zum Wohnhaus der Kläger 244 m beträgt. Die phonoakustischen Geräte erzeugen in unregelmäßigen Sekunden-/Minutenintervallen an- und abschwellende Tonfolgen mit mindestens 105 dB(A) Schalldruckpegel, die Vogelwarnschreie imitieren. Die Schussapparate erzeugen im Abstand... Lesen Sie mehr
Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 25.01.2014
- 234 OWi 162/13 -
Verweigerung der Taxibeförderung: Alkoholisation eines Fahrgastes rechtfertigt allein nicht Annahme einer Gefährlichkeit für Taxibetrieb
Einmaliger Verstoß gegen Beförderungspflicht rechtfertigt Geldbuße von 300 EUR
Verweigert ein Taxifahrer allein wegen der Alkoholisation des Fahrgastes die Beförderung, so verstößt er gegen seine Beförderungspflicht. Dies rechtfertigt bei einem einmaligen Verstoß die Verhängung einer Geldbuße von 300 EUR. Dies hat das Amtsgericht Hamburg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2013 sollte ein erheblich alkoholisierter Mann auf Betreiben der Polizei mit einem Taxi nach Hause gefahren werden. Der Mann zeigte nur geringe alkoholbedingte Ausfallerscheinungen und war insbesondere in der Lage sich zu verständigen. Er war zudem unauffällig und ordentlich gekleidet. Der gerufene Taxifahrer weigerte sich aber vor... Lesen Sie mehr
Sozialgericht Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 04.11.2014
- S 1 SO 2630/14 -
Kein Anspruch auf Übernahme von Wohnungserhaltungskosten aus Mitteln der Sozialhilfe während Strafhaft nach Kündigung und Räumung der Wohnung
Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten dient nicht Vermeidung von Schulden sondern Sicherung einer erhaltenswerten Wohnung
Das Sozialgericht Karlsruhe hat einen Anspruch auf Übernahme von Wohnungserhaltungskosten aus Mitteln der Sozialhilfe während einer Strafhaft nach Kündigung und Räumung der Wohnung verneint.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls begehrte von der Beklagten die Übernahme von Kosten der Unterkunft aus Mitteln der Sozialhilfe für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. März 2014. Er bewohnte ab August 2012 eine 2-Zimmer-Wohnung mit rund 42 m² Wohnfläche im Anwesen X. Er befand sich ab Februar 2013 bis zum 10. Dezember 2013 in Untersuchungshaft; seither verbüßt er bis... Lesen Sie mehr
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Oberlandesgericht München, Urteil vom 24.01.1992
- 10 U 4963/91 -
Unfall aufgrund Kassettenwechsel kann wegen Augenblickversagen keine grobe Fahrlässigkeit darstellen
Versicherungsschutz durch Kaskoversicherung besteht
Kommt ein Autofahrer in einer langgezogenen Linkskurve von der Fahrbahn ab, während er eine Kassette wechselt und dabei kurz den Blick von der Fahrbahn nimmt, so liegt darin keine grobe Fahrlässigkeit. Vielmehr ist darin ein Augenblickversagen zu sehen. Die Kaskoversicherung ist daher nicht von ihrer Leistungspflicht befreit. Dies hat das Oberlandesgericht München entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Autofahrer kam im Mai 1990 mit seinem Fahrzeug von der Fahrbahn ab, als er in einer langgezogenen Linkskurve bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h eine Kassette wechselte und dabei kurz seine Aufmerksamkeit von der Fahrbahn abwendete. Aufgrund der erlittenen Schäden am Auto beanspruchte der Autofahrer seine Kaskoversicherung. Diese lehnte... Lesen Sie mehr
Bundessozialgericht, Urteil vom 18.11.2014
- B 4 AS 12/14 R -
Junger Volljähriger haftet nicht für pflichtwidriges Verhalten der Eltern beim Bezug von SGB II-Leistungen
Jobcenter darf die an einen Minderjährigen zu Unrecht gezahlten Leistungen nicht nach dessen Volljährigkeit von ihm zurückfordern
Ein junger Volljähriger muss SGB II-Leistungen, die er als Minderjähriger zu Unrecht erhalten hat, nur bis zur Höhe des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens erstatten, wenn die Voraussetzungen des § 1629 a Bürgerliches Gesetzbuch für eine beschränkte Haftung von Minderjährigen vorliegen. Dies entschied das Bundessozialgericht und bestätigte damit die Rechtsauffassung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt.
In dem zu entscheidenden Fall lebte der zunächst noch minderjährige Kläger in einem gemeinsamen Haushalt mit seinem Stiefvater, seiner Mutter und seiner Halbschwester. Alle bezogen laufende Leistungen nach dem SGB II, die jeweils der Stiefvater des Klägers beantragt hatte. Da der Stiefvater angegeben hatte, dass der Kläger Schüler sei, berücksichtigte das Jobcenter nur das Kindergeld... Lesen Sie mehr
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Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 18.11.2014
- 1 K 1456/14.TR -
Beamter hat keinen Anspruch auf Beihilfe für physiotherapeutische Behandlung durch eigenen Sohn
Aufwendungen für Behandlungen durch Ehegatten und Kinder sind von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen
Das Verwaltungsgericht Trier hat entschieden, dass ein Beamter keinen Anspruch darauf hat, dass der Dienstherr die Kosten erstattet, die anlässlich einer Behandlung durch den eigenen Sohn entstanden sind.
Im zugrunde liegenden Streitfall befanden sich ein Bundesbeamter und seine Ehefrau seit 2011 bei ihrem Sohn in physiotherapeutischer Behandlung. In der Vergangenheit reichte der Beamte Rechnungen über die Behandlungskosten bei der Beihilfestelle ein, die diese als beihilfefähig anerkannte. Im Januar 2014 fand erstmals keine Kostenerstattung statt. Aufwendungen für Behandlungen durch... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgericht Sigmaringen, Urteil vom 16.10.2014
- 2 K 1439/11 -
Bogenschießparcours verstößt gegen nachbarliches Rücksichtnahmegebot
Baugenehmigung kann die durch Errichtung des Bogenschießparcours verursachte Stellplatzproblematik nicht bewältigen
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat entschieden, dass eine Baugenehmigung für einen Bogenschießparcours mit lediglich vier Stellplätzen und erwarteten 20 bis 50 Besuchern pro Tag gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot verstößt.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls möchte auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Grundstücken auf der Gemarkung Wittenhofen (Gemeinde Deggenhausertal) einen Bogenschießparcours betreiben, wofür er zunächst eine Baugenehmigung u.a. auch zur Nutzungsänderung eines Futterhochsilos als Kassenhäusle erhielt. Vorgesehen waren weiter lediglich vier Stellplätze bei erwarteten 20... Lesen Sie mehr