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Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 14.07.2010
- 2 Ws 431/10 -
Sicherungsverwahrung – Keine automatische Entlassung nach 10 Jahren
Gerichte müssen trotz Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sensibel zwischen Freiheitsrechten der Sicherungsverwahrten und staatlicher Schutzpflicht für Allgemeinheit abwägen
Ein in Sicherungsverwahrung untergebrachter Straftäter muss nicht aufgrund des in anderer Sache ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nach Ablauf von 10 Jahren sofort entlassen werden. Dies entschied das Oberlandesgericht Köln.
Die
EGMR sieht in nachträglicher Sicherungsverwahrung Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention
Zur Zeit der Verurteilung im Jahre 1990 galt für die erstmalige Anordnung der
Gerichte können Entscheidung des EGMR innerstaatlich nicht sofort im Wege der Auslegung des einfachen Gesetzesrechts umsetzen
Das Oberlandesgericht Köln hat es - in Übereinstimmung mit den Oberlandesgerichten Stuttgart, Koblenz, Nürnberg und Celle - abgelehnt, die
Urteil des EGMR kommt nicht von sich aus Gesetzeskraft zu
Der geltende § 67 d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sehe eine Erledigung der
Sofortige Entlassung aus Sicherungsverwahrung nach Ablauf von 10 Jahren darf nicht zum Automatismus werden
Zudem habe der Gesetzgeber im Jahre 1998 ausdrücklich die Altfälle erfassen und die Bevölkerung auch vor bereits bekannten und gefährlichen Rückfalltätern schützen wollen. Gegen diesen erklärten und bekannten Willen des Gesetzgebers könnten die Gesetze heute nicht einfach anders ausgelegt werden. Es sei zwar richtig anzunehmen, dass der Gesetzgeber nicht dauerhaft gegen die Europäische
Schematische Entlassung nach 10 Jahren würde Abwägung zwischen Freiheitsrecht und Schutzpflicht verfassungsrechtlich aus dem Gleichgewicht bringen
Die Gerichte seien nicht befugt, durch einfache Gesetzesauslegung schon jetzt im Vorgriff auf ein Gesetzgebungsverfahren Fakten zu schaffen. Sie haben weiterhin sensibel zwischen den Freiheitsrechten der Sicherungsverwahrten und der staatlichen Schutzpflicht für die Allgemeinheit abzuwägen und auch die Grundrechte potentieller Opfer zu berücksichtigen. Eine schematische Entlassung nach 10 Jahren brächte diese Abwägung in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise aus dem Gleichgewicht. Nachdem die Entscheidung des EGMR im Mai 2010 endgültig geworden sei, sei das Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene zügig eingeleitet worden; dessen Ergebnis bleibe zunächst abzuwarten.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 23.07.2010
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Köln
- BVerwG: Keine sofortige Freilassung eines Straftäters aus der Sicherungsverwahrung
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.06.2010
[Aktenzeichen: 2 BvR 571/10]) - OLG Koblenz: Urteil des EGMR führt nicht zwangsläufig zur Aufhebung der Sicherungsverwahrung
(Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 07.06.2010
[Aktenzeichen: 1 Ws 108/10, ve])
- OLG Koblenz: Weiterer Vollzug der Sicherungsverwahrung unzulässig
(Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 15.07.2010
[Aktenzeichen: 2 Ws 458/09 u. 2 Ws 44/10]) - OLG Frankfurt am Main bestätigt Unzulässigkeit einer weiteren Sicherungsverwahrung
(Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.06.2010
[Aktenzeichen: 3 Ws 485/10])
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Dokument-Nr. 9996
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