Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 15.07.2010
- 2 Ws 458/09 u. 2 Ws 44/10 -
OLG Koblenz: Weiterer Vollzug der Sicherungsverwahrung unzulässig
Gerichte haben Menschenrechtskonvention genau wie anderes Gesetzesrecht des Bundes zu beachten und anzuwenden
Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kann eine bereits mehr als zehn Jahre vollzogene Sicherungsverwahrung zweier Strafgefangener nicht weiter aufrecht erhalten werden. Sie sind daher umgehend zu entlassen. Nach ihrer Entlassung tritt für beide Führungsaufsicht ein. Dies entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe.
In den zugrunde liegenden Fällen wurde der Sicherungsverwahrte W. durch ein im Jahre 1981 ergangenes Urteil des Landgerichts Heilbronn wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten, der Sicherungsverwahrte N. durch ein im Jahre 1984 ergangenes Urteil des Landgerichts Stuttgart wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung sowie sexueller Nötigung zu einer sechsjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Gegen beide Täter wurde in den erwähnten Urteilen zugleich erstmals die
OLG erklärt Sicherungsverwahrung in beiden Fällen für erledigt ordnet Führungsaufsicht an
Nachdem die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg im Rahmen der letzten regelmäßigen Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der
OLG beruft sich auf Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
Ausgangspunkt für die Begründung der Rechtsmittelentscheidungen des Oberlandesgerichts stellt dabei das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 dar, das seit dem 10. Mai 2010 rechtskräftig ist. In dem dortigen Fall M. gegen die Bundesrepublik Deutschland, in der sich der Beschwerdeführer ebenfalls wegen der Anfang 1998 eingetretenen Gesetzesänderung weiterhin über zehn Jahre hinaus im Vollzug der erstmals gegen ihn angeordneten
Nationales Recht ist im Einklang mit den Bestimmungen der Menschenrechtskonvention auszulegen
Das Gericht hat nunmehr entschieden, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch vorliegend in den beiden gleichgelagerten Fällen berücksichtigt werden muss. Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 2004 (so genannter Görgülü-Beschluss) haben deutsche Gerichte die
In beiden Fällen war Tatzeitrecht mit Befristung der erstmaligen Sicherungsverwahrung auf zehn Jahre anzuwenden
§ 2 Abs.6 StGB ermöglicht eine derartige Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, so die Richter des Oberlandesgerichts. Nach dieser Vorschrift ist zwar über Maßregeln der Besserung und Sicherung, zu denen auch die
Raum für Abwägung hinsichtlich des Schutzes der Allgemeinheit nicht gegeben
Diese Auslegung verstößt nach Auffassung des Oberlandesgerichts auch nicht gegen die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2004, mit der klargestellt wurde, dass der rückwirkende Wegfall der Befristung der ersten
Sicherungsverwahrung hat sich nach Vollzug von zehn Jahren erledigt
Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis in beiden Fällen die alte Fassung des § 67 d StGB angewendet, so dass sich die
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.07.2010
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Koblenz
- OLG Frankfurt am Main bestätigt Unzulässigkeit einer weiteren Sicherungsverwahrung
(Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.06.2010
[Aktenzeichen: 3 Ws 485/10]) - OLG Frankfurt: Nachträgliche Sicherungsverwahrung über die Höchstdauer hinaus unzulässig
(Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 01.07.2010
[Aktenzeichen: 3 Ws 539/10])
- OLG Koblenz: Urteil des EGMR führt nicht zwangsläufig zur Aufhebung der Sicherungsverwahrung
(Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 07.06.2010
[Aktenzeichen: 1 Ws 108/10, ve]) - BVerwG: Keine sofortige Freilassung eines Straftäters aus der Sicherungsverwahrung
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.06.2010
[Aktenzeichen: 2 BvR 571/10])
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 9965
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Beschluss9965
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.