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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.12.2015
BVerwG 2 C 6.14 -

Bewusstlosen Patienten bestohlen: Entwendung von 50 Euro kann bei beamtetem Rettungssanitäter zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen

Begehung einer Straftat unter Ausnutzung der Dienststellung rechtfertigt Bemessung der Disziplinarmaßnahme bis zur Höchstmaßnahme

Hat ein Beamter innerdienstlich eine Straftat unter Ausnutzung seiner Dienststellung begangen, hier einen besonders schweren Fall des Diebstahls, ist der Orientierungsrahmen für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bis zur Höchstmaßnahme eröffnet, was entsprechend zur Entfernung aus dem Dienst führen kann. Auf die Einstufung des Diebstahls als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt kommt es nicht an. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht in einem Revisionsverfahren.

Der beklagte Rettungssanitäter des zugrunde liegenden Verfahrens hatte einem bewusstlosen Patienten während des Transports zum Krankenhaus einen 50 Euro-Schein aus der Geldbörse gestohlen. Wegen dieses Diebstahls war der Beklagte zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht ebenso wie die Vorinstanzen auf die Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis erkannt.

Aspekt der Geringwertigkeit der Sache im vorliegenden Verfahren ausgeschlossen

Der Aspekt der Geringwertigkeit der Sache (50 Euro-Schein) kommt dem Beamten im Ergebnis nicht zugute. Der in der Rechtsprechung entwickelte Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache ist hier wegen der äußeren Umstände des Diebstahls ausgeschlossen. Der Beamte hat den Umstand, dass der Geschädigte ihm wegen seines hilflosen Zustands im Rettungswagen ausgeliefert war, zum Diebstahl ausgenutzt. Dieser Milderungsgrund ist auch deshalb ausgeschlossen, weil der Beamte wegen Eigentums- und Vermögensdelikten vorbelastet ist und zudem während des Disziplinarverfahrens einen weiteren Diebstahl begangen hat, der zu einer Freiheitsstrafe geführt hat, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Milderungsgründe nicht gegeben

Andere anerkannte Milderungsgründe, wie etwa die freiwillige Offenbarung des Fehlverhaltens oder die Wiedergutmachung des Schadens vor der Entdeckung der Tat oder die Annahme einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage, in der der Beamte den Diebstahl begangen hat, liegen hier ebenfalls nicht vor.

Verbleib im Beamtenverhältnis ausgeschlossen

Die bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme gebotene Würdigung sämtlicher be- und entlastender Umstände führt dazu, dass der Beamte nicht mehr im Beamtenverhältnis verbleiben kann.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.12.2015
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.08.2009
    [Aktenzeichen: 31 K 834/07.O]
  • Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil vom 27.03.2013
    [Aktenzeichen: 3d A 2363/09.O]
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Kommentare (2)

 
 
Doktor Evil schrieb am 16.12.2015

Immer wieder erschreckend ist, wie schwierig und aufwändig es ist, einen Beamten trotz eklatantester Verfehlungen aus dem Dienst zu entfernen (hier: Rechtsweg bis zum BVerwG). Angestellte werden wegen weitaus geringerer Vergehen (tw. sogar auf Verdacht) gekündigt.

Bei Staatsdienern wird offenbar mit anderem Maß gemessen.

Sylvia Majocchi schrieb am 16.12.2015

Es war im Übrigen nicht bei dem 50-Euro-Diebstahl verblieben:

Nach dem Transport mit dem Rettungswagen hatte der Patient festgestellt, dass ihm sein iPhone und Bargeld gestohlen worden waren. Die polizeilichen Ermittlungen hatten daraufhin ergeben, dass das Smartphone nach der Tat von dem 28-Jährigen und dessen Familie genutzt worden war. Außerdem war der Sanitäter als Nutzer eines Handys ermittelt worden, das im August 2012 auf dem Hohenzollernring (Köln) einem Jugendlichen (16) geraubt worden war, so das "Feuerwehr-Magazin" und weitere Presseberichte im März 2013. Das Strafverfahren stellte auf besonders schweren Diebstahl und Hehlerei ab.

Eine Bemerkung noch:

Im Hinblick auf die gesetzlich verankerte "Geringfügigkeit" von € 50,00 sollte man einmal einen Hartz-IV-Empfänger oder einen Altersarmen befragen, inwieweit diese Menschen einen derartigen Verlust so einfach wegstecken könnten. Geht man von einer 2013 geltenden monatlichen Regelleistung für einen Alleinstehenden bzw. allein Erziehenden iHv € 382,00 (gesamt) aus, so rückt das die Sichtweise schon in ein anderes Licht, denn € 50,00 müssen bei diesen Menschen idR für zwei Wochen essen ausreichen.

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