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Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.11.2007
VGH O 27/07, VGH A 22/07 -

"Parteienprivileg" steht in wehrhafter Demokratie Aufklärung über Rechtsextremismus nicht entgegen

Organklage der NPD gegen Broschüre zurückgewiesen

Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat die gegen den Minister des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz gerichtete Organklage sowie den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Landesverbands Rheinland-Pfalz der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) zurückgewiesen.

Die NPD hatte sich in erster Linie gegen die Verbreitung der Broschüre "Kommunen gegen Rechtsextremismus" gewandt. In ihr informiert der Minister über mögliche Maßnahmen auf kommunaler Ebene, u.a. gegen die Versuche der NPD und weiterer Gruppierungen, Immobilien zu kaufen sowie Jugendliche durch Musik ("Schulhof-CDs") anzuwerben. Darüber hinaus sollte dem Minister untersagt werden, sich an die Kommunen des Landes mit dem Anliegen zu wenden, sie zu einem "Handeln gegen Rechts" bzw. "Handeln gegen Rechtsextremisten" anzuhalten. Die NPD machte eine Verletzung ihrer verfassungsmäßigen Rechte als nicht verbotene politische Partei geltend und rügt darüber hinaus einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot im Verhältnis zu den übrigen Parteien.

Zur Begründung der Entscheidung führte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Prof. Dr. Karl-Friedrich Meyer aus:

"Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Organklage. Die Klage ist aber jedenfalls in der Sache unbegründet.

1. Was zunächst die Zulässigkeit der Klage angeht, so kann die Antragstellerin als politische Partei die behauptete Verletzung ihres aus Art. 21 des Grundgesetzes - GG - folgenden verfassungsrechtlichen Status durch ein Verfassungsorgan grundsätzlich im Wege des Organstreits vor dem Verfassungsgerichtshof geltend machen. Art. 21 GG, der Parteien als verfassungsrechtlich notwendige Instrumente für die politische Willensbildung des Volkes anerkennt, stellt nämlich zugleich einen ungeschriebenen Bestandteil der Landesverfassung dar.

Die Verfassungsorgane des Landes sind hiernach nicht befugt, die Antragstellerin an der Ausübung ihrer verfassungskräftig verbürgten Rechte zu hindern. Denn gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG kann nur das Bundesverfassungsgericht in dem dafür vorgesehenen Verfahren die verbindliche Feststellung treffen, die Partei sei verfassungswidrig.

Dementsprechend kann die Antragstellerin die von ihr als Partei wahrgenommenen Tätigkeiten im Rechtssinne ungehindert ausüben. Insbesondere zieht die in erster Linie beanstandete Broschüre des Ministeriums des Innern und für Sport keine rechtlichen Auswirkungen nach sich, welche die NPD unmittelbar betreffen. Es bleibt nämlich der autonomen Entscheidung der Kommunen überlassen, ob sie in ihrem Zuständigkeitsbereich konkrete Maßnahmen gegen die Antragstellerin ergreifen. Gegen solche Maßnahmen stünde der NPD oder ihren Mitgliedern der Rechtsweg zu den Fachgerichten offen.

2. Ob unter diesen Umständen die Antragsbefugnis der NPD im vorliegenden Organstreitverfahren gegeben ist, erscheint zumindest zweifelhaft. Der Verfassungsgerichtshof lässt dies jedoch dahinstehen. Der Antrag ist nämlich jedenfalls unbegründet.

Als Verfassungsorgan hat grundsätzlich die Landesregierung die Aufgabe zu erfüllen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu wahren und aktiv für sie einzutreten. Dieser Schutzauftrag folgt aus der Grundentscheidung der Landesverfassung für eine streitbare und wehrhafte Demokratie. Die Landesverfassung lässt wiederholt und unmittelbar deutlich werden, dass der Schutz der Verfassung fundamentaler Auftrag aller staatlichen Organe ist. Daher obliegt diese gesamtstaatliche Aufgabe auch dem Minister des Innern und für Sport als selbständigem Verfassungsorgan.

In Wahrnehmung dieses Schutzauftrags kann sich der Minister des Innern und für Sport auch des Mittels der öffentlichen Information bedienen. Dabei ist er grundsätzlich nicht gehindert, das tatsächliche Verhalten von Gruppen oder deren Mitgliedern, also auch von Parteien, wertend als extremistisch und verfassungsgefährdend zu beurteilen. Ebenso wenig ist er gehindert, im Anschluss an solche Wertungen Handlungsmöglichkeiten - etwa für die Kommunen - aufzuzeigen. Die Verteidigung von Grundsätzen und Wertvorgaben der Landesverfassung durch Organe und Funktionsträger des Staates kann nämlich auch durch Informationen an die Öffentlichkeit und Teilhabe an der öffentlichen Auseinandersetzung erfolgen. Das "Parteienprivileg" des Art. 21 GG und der Landesverfassung stehen dem nicht entgegen.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Befugnis der Staatsorgane, negative Werturteile über Ziele und Betätigung nicht verbotener politischer Parteien abzugeben, keinerlei verfassungsrechtliche Schranken gesetzt wären. Das Recht politischer Parteien auf Chancengleichheit verbietet vielmehr staatliche Maßnahmen, die den Anspruch einer Partei auf die Gleichheit ihrer Wettbewerbschancen willkürlich beeinträchtigen. Danach wäre es unzulässig, eine vom Bundesverfassungsgericht nicht verbotene Partei in der Öffentlichkeit nachhaltig verfassungswidriger Zielsetzung und Betätigung zu verdächtigen, wenn diese Wertung auf sachfremden Erwägungen beruhte. Dies ist hier indessen nicht der Fall.

Nach der im Landesverfassungsschutzbericht 2006 des Ministeriums des Innern und für Sport wiedergegebenen Einschätzung handelt es sich bei der NPD um eine unverhohlen nationalistische Partei, die im rechtsextremistischen Spektrum zu den aggressivsten Organisationen zählt. Dieser Bewertung entsprechen vergleichbare Feststellungen im Verfassungsschutzbericht 2006 des Bundesministeriums des Innern. Darüber hinaus schildert der Landesverfassungsschutzbericht 2006, Ausgangspunkt der Propaganda der NPD sei oftmals die Gemeinde- und Kreisebene. Die Partei versuche durch regionale Verankerung den Einzug in weitere Parlamente vorzubereiten und setze dabei auf lokale Akzeptanz.

Gegen diesen Inhalt der zitierten Verfassungsschutzberichte ist die Antragstellerin gerichtlich nicht vorgegangen. Er rechtfertigt die Erwähnung der NPD in der fraglichen Broschüre als Beispiel für rechtsextremistische Aktivitäten. Zugleich trägt er die Absicht der Landesregierung, sich mit einer solchen Informationsschrift speziell an die Kommunen des Landes zu wenden. Ein Tätigwerden der Gemeinden des Landes bleibt hingegen deren eigenverantwortlicher Entscheidung überlassen.

Die in der Broschüre genannten Beispiele für das Auftreten der Antragstellerin - wie deren Aktivitäten auf dem Immobilienmarkt und die Verbreitung sog. "Schulhof-CDs" - werden ebenfalls im Landesverfassungsschutzbericht 2006 erwähnt. Soweit in diesen Zusammenhängen in der Broschüre Lebenssachverhalte wiedergegeben werden, sind sie sachlich zutreffend.

Unter diesen Umständen fehlt es an Ansatzpunkten dafür, die in der Broschüre enthaltenen Werturteile als willkürlich zu qualifizieren. Die Broschüre ist im Übrigen in Gesamtdarstellung, Ausdrucksweise und Form sachlich gehalten. Insbesondere ist mit ihr keine Werbung zu Gunsten einer bestimmten anderen Partei verbunden. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs bietet die Broschüre selbst auch weder Hinweise noch Anreize zu rechtswidrigem Verhalten gegenüber der Antragstellerin. Soweit ein solches Verhalten im Einzelfall vorkommen sollte, kann dagegen fachgerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden. Hiernach ist auch das hilfsweise geäußerte Begehren, einzelne, die NPD namentlich betreffende Passagen zu streichen, unbegründet.

3. Mit der Zurückweisung der Organklage erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung."

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.11.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 11/07 des VerfGH Rheinland-Pfalz vom 27.11.2007

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