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die zehn aktuellsten Urteile, die zum Rechtsgebiet „Staatsrecht“ veröffentlicht wurden
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.11.2019
- 1 BvR 276/17 -
Recht auf Vergessen: Kein Anspruch auf Löschung von Suchmaschinen-Link zu genehmigtem Fernsehbeitrag mit Interview
Bei Prüfung eines Unterlassungsanspruchs gegen Suchmaschinenbetreiber ist Meinungsfreiheit der Inhalteanbieter zu berücksichtigen
Das Bundesverfassungsgericht hat unter Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle zurückgewiesen. Dieses hatte eine Klage der Beschwerdeführerin gegen einen Suchmaschinenbetreiber abgewiesen, mit der sie sich dagegen wandte, dass auf Suchabfragen zu ihrem Namen der Link zu einem 2010 in ein Onlinearchiv eingestellten Transkript eines Fernsehbeitrags nachgewiesen wurde, in dem ihr unter namentlicher Nennung ein unfairer Umgang mit einem gekündigten Arbeitnehmer vorgeworfen wurde.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 21. Januar 2010 strahlte der Norddeutsche Rundfunk einen Beitrag des Fernsehmagazins "Panorama" mit dem Titel "Kündigung: Die fiesen Tricks der Arbeitgeber" aus. Gegen Ende dieses Beitrags, für den die Beschwerdeführerin zuvor ein Interview gegeben hatte, wurde der Fall eines gekündigten ehemaligen Mitarbeiters des von ihr als Geschäftsführerin geleiteten Unternehmens dargestellt. In Anknüpfung an die geplante Gründung eines Betriebsrats wurde ihr in dem Beitrag ein unfairer Umgang mit dem Mitarbeiter vorgeworfen.Der Norddeutsche Rundfunk stellte eine Datei mit einem Transkript... Lesen Sie mehr
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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.11.2019
- 1 BvR 16/13 -
Recht auf Vergessen: Online-Pressearchive können zu Schutzvorkehrungen gegen zeitlich unbegrenzte Verbreitung personenbezogener Berichte durch Suchmaschinen verpflichtet sein
Bei Abwägung zwischen Persönlichkeitsrechten und Pressefreiheit muss besonders zeitlicher Aspekt beachtet werden
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass sich Schutzansprüche gegenüber der Verbreitung von alten Presseberichten in einem Online-Archiv nach einer Abwägung der sich gegenüberstehenden Grundrechte richten, bei der der Zeit unter den Kommunikationsbedingungen des Internets besonderes Gewicht zukommt ("Recht auf Vergessen"). Dabei ist zu berücksichtigen, wieweit dem Verlag Mittel zu Gebote stehen, zum Schutz der Betroffenen auf die Verbreitung der alten Berichte im Internet - insbesondere auf deren Auffindbarkeit durch Suchmaschinen bei namensbezogenen Suchabfragen - Einfluss zu nehmen. Gestützt sind solche Ansprüche in Abgrenzung von dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung auf die äußerungsrechtlichen Schutzdimensionen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Der Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Falls wurde im Jahr 1982 rechtskräftig wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er 1981 an Bord einer Yacht auf hoher See zwei Menschen erschossen hatte. Über den Fall veröffentlichte DER SPIEGEL 1982 und 1983 unter Auseinandersetzung mit der Person des namentlich genannten Beschwerdeführers drei Artikel in seiner... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 05.11.2019
- 1 BvL 7/16 -
Hartz IV: Sanktionen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten bei Bezug von Arbeitslosengeld II teilweise verfassungswidrig
Wiederholte Pflichtverletzungen innerhalb eines Jahres dürfen nicht zur Minderung von 60 % des Regelbedarfs oder zum vollständigen Wegfall der Leistungen führen
Der Gesetzgeber kann die Inanspruchnahme existenzsichernder Leistungen an den Nachranggrundsatz binden, solche Leistungen also nur dann gewähren, wenn Menschen ihre Existenz nicht selbst sichern können. Er kann erwerbsfähigen Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II auch zumutbare Mitwirkungspflichten zur Überwindung der eigenen Bedürftigkeit auferlegen, und darf die Verletzung solcher Pflichten sanktionieren, indem er vorübergehend staatliche Leistungen entzieht. Aufgrund der dadurch entstehenden außerordentlichen Belastung gelten hierfür allerdings strenge Anforderungen der Verhältnismäßigkeit; der sonst weite Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers ist hier beschränkt. Je länger die Regelungen in Kraft sind und der Gesetzgeber damit deren Wirkungen fundiert einschätzen kann, desto weniger darf er sich allein auf Annahmen stützen. Auch muss es den Betroffenen möglich sein, in zumutbarer Weise die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Leistung nach einer Minderung wieder zu erhalten. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervor.
Nach § 31 Abs. 1 SGB II verletzen erwerbsfähige Empfänger von Arbeitslosengeld II, die keinen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen, ihre Pflichten, wenn sie sich trotz Rechtsfolgenbelehrung nicht an die Eingliederungsvereinbarung halten, wenn sie sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit oder ein gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen,... Lesen Sie mehr
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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 23.04.2019
- 1 BvR 2314/19 -
BVerfG: Ohne Ausschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs gegen Löschung von Beiträgen und Sperrung von Profilen ist Verfassungsbeschwerde gegen Netzwerkdurchsetzungsgesetz unzulässig
Nutzer von Facebook scheitern mit Verfassungsbeschwerde
Eine Verfassungsbeschwerde von Facebook-Nutzern gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist unzulässig, solange nicht der fachgerichtliche Rechtsweg gegen Löschungen von Beiträgen oder Sperrungen von Profilen ausgeschöpft wird. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall waren mehrere Facebook-Nutzer von Löschungen ihrer Beiträge und Sperrungen ihrer Profile betroffen. Sie führten dies auf das Netzwerkdurchsetzungsgesetz von September 2017 zurück und erhoben daher gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde. Die Facebook-Nutzer sahen sich in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) verletzt.... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18.07.2019
- 1 BvL 1/18, 1 BvR 1595/18, 1 BvL 4/18 -
"Mietpreisbremse" nicht verfassungswidrig
Vorschriften zur Regulierung der Miethöhe verstoßen nicht gegen Garantie des Eigentums, Vertragsfreiheit oder allgemeinen Gleichheitssatz
Die mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz geschaffenen Vorschriften zur Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn im nicht preisgebundenen Wohnraum (sogenannte "Mietpreisbremse") sind nicht verfassungswidrig. Sie verstoßen nicht gegen die Garantie des Eigentums, die Vertragsfreiheit oder den allgemeinen Gleichheitssatz. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht und nahm damit eine Verfassungsbeschwerde gegen diese Bestimmungen einstimmig nicht zur Entscheidung an. Zudem verwarf das Bundesverfassungsgericht zwei die Mietpreisbremse betreffende Vorlagen im Verfahren der konkreten Normenkontrolle einstimmig als unzulässig, weil das vorlegende Gericht sie nicht hinreichend begründet hatte.
Mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz wurden Bestimmungen über die höchstzulässige Miete bei Wiedervermietung von nicht der Preisbindung unterliegendem Wohnraum ins Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingefügt. Zentrale Neuregelung ist § 556 d BGB, der vorsieht, dass die Miete in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens... Lesen Sie mehr
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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.06.2019
- 1 BvR 2433/17 -
"Hexenprozess": Verletzung der Meinungsfreiheit durch fälschliche Einordnung einer Äußerung als Schmähkritik
Hinsichtlich des Vorliegens von Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzuwenden
Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassungsbeschwerde eines wegen Beleidigung Verurteilten stattgegeben, der die Verhandlungsführung einer Amtsrichterin mit nationalsozialistischen Sondergerichten und Hexenprozessen verglichen hatte. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Fachgerichte dies unzutreffend als Schmähkritik eingeordnet hatten, obwohl es sich nicht um eine reine Herabsetzung der Betroffenen handelte, sondern ein sachlicher Bezug zu dem vom Beschwerdeführer geführten Zivilprozess bestand.
Der Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Falls war Kläger eines amtsgerichtlichen Zivilprozesses. In der Begründung eines Ablehnungsgesuchs schilderte er ausführlich seinen Eindruck, die Richterin habe einen vom Beklagten benannten Zeugen einseitig zu seinen Lasten vernommen und diesem die von ihr erwünschten Antworten gleichsam in den Mund gelegt. Er führte weiter aus, "die Art... Lesen Sie mehr
Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2019
- Lv 7/17 -
Zuverlässige nachträgliche Kontrolle von Messergebnissen nicht möglich: Geschwindigkeitsmessung mit Traffistar S 350 unverwertbar
Verfassungsgerichtshof gibt Verfassungsbeschwerde gegen Verurteilung wegen Geschwindigkeitsüberschreitung statt
Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat der Verfassungsbeschwerde eines Kraftfahrers gegen seine Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung stattgegeben und entschieden, dass die Geschwindigkeitsmessung mit Traffistar S 350 unverwertbar ist.
Der betroffene Kraftfahrer des zugrunde liegenden Falls war wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 27 km/h innerorts - in Friedrichsthal/Saarland - zu einer Geldbuße von 100 Euro verurteilt worden. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte durch ein Gerät der Firma Jenoptik (Typ Traffistar S 350). Bei dem Gerät handelt es sich um ein durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.05.2019
- 1 BvQ 42/19 -
Facebook-Seite der Partei "Der III. Weg" muss bis zur Feststellung des amtlichen Endergebnisses der Europawahl vorläufig entsperrt werden
Verpflichtung zur Entsperrung eines Facebook-Accounts im einstweiligen Rechtsschutz
Das Bundesverfassungsgericht hat das soziale Netzwerk Facebook im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Seite der Partei "Der III. Weg" bis zur Feststellung des amtlichen Endergebnisses der Europawahl vorläufig zu entsperren und ihr für diesen Zeitraum die Nutzung der Funktionen von www.facebook.com wieder zu ermöglichen. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass eine in der Hauptsache gegebenenfalls noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet wäre und die vorzunehmende Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerin ausfällt. Das Recht und die Pflicht des Unternehmens, einzelne Inhalte auf ihre Vereinbarkeit mit ihren Nutzungsbedingungen, den Rechten Dritter oder den Strafgesetzen zu prüfen und gegebenenfalls zu löschen, bleiben durch die Verpflichtung zur Entsperrung unberührt.
Im Januar 2019 veröffentlichte die Antragstellerin auf ihrer Internetseite einen Beitrag unter dem Titel "Winterhilfestand in Zwickau-Neuplanitz", den sie auch in ihrem Facebook-Profil verlinkte. In dem Beitrag heißt es unter anderem: "Im Zwickauer Stadtteil Neuplanitz gibt es zahlreiche Menschen, die man landläufig wohl als sozial und finanziell abgehängt bezeichnen würde. Während... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 15.05.2019
- 2 BvR 2425/18 -
Bei Suizidgefahr kann Zwangsversteigerung für längeren Zeitraum oder auf unbestimmte Zeit einzustellen sein
Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung von Vollstreckungsschutz in einem Zwangsversteigerungsverfahren erfolgreich
Lehnt ein Vollstreckungsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung mit der Begründung ab, dass der Gefahr eines Suizids des Betroffenen durch dessen zeitweilige Unterbringung vor Erteilung des Zuschlags begegnet werden könne, muss es sicherstellen, dass die zuständigen Stellen rechtzeitig tätig werden. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht und gab damit der Verfassungsbeschwerde einer Vollstreckungsschuldnerin statt, der im Zwangsversteigerungsverfahren Vollstreckungsschutz gemäß § 765 a ZPO versagt worden war. Das Bundesverfassungsgericht hat den entsprechenden Beschluss des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurückverwiesen. Der Beschluss lasse nicht erkennen, dass das Gericht geeignete - der Suizidgefahr effektiv entgegenwirkende - Vorkehrungen sorgfältig geprüft und insbesondere deren Vornahme sichergestellt habe.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die 53jährige alleinstehende Beschwerdeführerin beantragte im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens ihres Hausgrundstückes Vollstreckungsschutz gemäß § 765 a ZPO. Die Fortführung des Versteigerungsverfahrens gefährde ihre Gesundheit und ihr Leben akut. Der mit dem Zuschlag verbundene Verlust ihres Hausgrundstücks werde eine unkontrollierbare... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26.03.2019
- 1 BvR 673/17 -
Vollständiger Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien verfassungswidrig
Gesetzgeber muss bis zum 31. März 2020 Neuregelung treffen
Der vollständige Ausschluss der Stiefkindadoption allein in nichtehelichen Familien verstößt gegen Artikel 3 Abs. 1 GG. Es ist mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar, dass der Stiefelternteil in nichtehelichen Stiefkindfamilien die Kinder des anderen Elternteils nicht adoptieren kann, ohne dass die Verwandtschaft der Kinder zu diesem erlischt, wohingegen in einer ehelichen Familie ein solches Kind gemeinschaftliches Kind beider Eltern werden kann. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht und erklärte die zugrundeliegenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches für verfassungswidrig und gab dem Gesetzgeber auf, bis zum 31. März 2020 eine Neuregelung zu treffen. Zur Begründung führte der Gerichtshof aus, dass gegen die Stiefkindadoption vorgebrachte allgemeine Bedenken die Benachteiligung von Kindern in nichtehelichen Familien nicht rechtfertigen und sich der Schutz des Stiefkindes vor einer nachteiligen Adoption auf andere Weise als den vollständigen Adoptionsausschluss hinreichend wirksam sichern lässt.
Nach derzeitiger Rechtslage ist eine zur gemeinsamen Elternschaft führende Stiefkindadoption nur möglich, wenn der Stiefelternteil mit dem rechtlichen Elternteil verheiratet ist, während der Stiefelternteil in nichtehelichen Stiefkindfamilien die Kinder des rechtlichen Elternteils nicht adoptieren kann, ohne dass die Verwandtschaft der Kinder zu diesem erlischt (§ 1754 Abs. 1 und Abs.... Lesen Sie mehr
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