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Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 23.06.2020
VG 14 L 158/20 -

Corona-Pandemie: Bordelle in Berlin dürfen weiterhin nicht öffnen

Keine Ungleichbehandlung mit anderen körpernahen Dienstleistungen

Prostitutions­stätten in Berlin dürfen immer noch nicht öffnen. Das Verwaltungsgericht Berlin hat das derzeit geltende Betriebsverbot in einem Eilverfahren bestätigt.

Die Antragstellerin betreibt in Berlin-Schöneberg ein Bordell. Der Betrieb ist nach der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin in ihrer aktuellen Fassung weiterhin bis zumindest 4. Juli 2020 untersagt.

Eingriff in Berufsfreiheit noch gerechtfertigt

Der auf die Öffnung ihres Bordells gerichtete Eilantrag der Antragstellerin hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts stellt das Verbot allerdings einen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin dar. Dieser Eingriff sei aber bei summarischer Prüfung gegenwärtig noch gerechtfertigt. Das Verbot diene dem legitimen Zweck, Neuinfektionen mit dem Coronavirus soweit wie möglich vorzubeugen und damit zugleich die Ausbreitungsgeschwindigkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern. Die Untersagung des Angebots sexueller Dienstleistungen mit Körperkontakt erscheine auch geeignet, die Erreichung des Ziels zu fördern. Es sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass angesichts der typischen Rahmenbedingungen der Erbringung sexueller Dienstleistungen in geschlossenen Räumen regelmäßig ein deutlich erhöhtes Infektionsrisiko bestehe. Diese seien im Allgemeinen gekennzeichnet durch engen, intensiven Körperkontakt, ständig wechselnde Beteiligte, erhöhte Atemfrequenz und -tiefe infolge körperlicher Anstrengung und sexueller Erregung, einen erhöhten Ausstoß von Tröpfchen und Aerosolen in der Atemluft sowie von der Arbeit in kleinen, schlecht belüfteten Räumen.

Auch erotische Massagen nicht erlaubt

Die Antragstellerin dürfe das Bordell auch dann nicht öffnen, wenn sie ihr Angebot auf erotische Massagen beschränke. Denn auch dabei sei von einem erhöhten Aerosolausstoß in typischerweise eher kleinen, unzureichend mit Frischluft versorgten Arbeitsräumen auszugehen, woraus sich in Verbindung mit dem ständigen Wechsel der Beteiligten (Kunden und ggf. auch Prostituierte) ein insgesamt deutlich erhöhtes Infektionsrisiko ergebe. Zudem bestehe die Gefahr, dass eine unbemerkt infizierte Prostituierte selbst im Laufe nur eines einzigen Arbeitstages bereits viele Kunden anstecken könnte, die das Virus dann wiederum in ihr familiäres und soziales Umfeld weitertragen könnten.

Kontrolle zur Einhaltung von Hygienemaßnahmen nicht möglich

Bei lebensnaher Betrachtung erscheine es auch durchaus wahrscheinlich, dass einerseits nicht wenige Kunden auf das gewohnte erweiterte "Leistungsspektrum" und/oder günstigere Bedingungen, wie etwa den Verzicht auf das durchgängige Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung beider Beteiligter, drängen und andererseits Prostituierte - zumal beim Bestehen eines entsprechenden finanziellen Anreizes - versucht sein könnten, diesen Kundenwünschen nachzukommen. Eine effektive Kontrolle sei ersichtlich schon deshalb nicht möglich, weil die sexuellen Dienstleistungen naturgemäß hinter "verschlossenen Türen", d.h. außerhalb des Wahrnehmungsbereichs von Kontrollpersonen oder sonstigen Dritten, erbracht würden. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber zulässigen körpernahen Dienstleistungen (z.B. Friseur, klassische Massage) bestehe nicht, weil der Verordnungsgeber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums die Infektions- und Ausbreitungsgefahr bei diesen als vergleichsweise geringer habe einschätzen dürfen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 29.06.2020
Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ku)

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Kommentare (1)

 
 
Dennis Langer schrieb am 30.06.2020

Und ich dachte immer, das älteste Gewerbe sei systemrelevant.

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