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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25.09.2023
- 1 BvR 1790/23 -
Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für eine "Off-Label-Therapie" durch die Krankenkasse erfolglos
Krankenkasse muss experimentelle Therapie nicht bezahlen
Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, mit der sich der gesetzlich krankenversicherte, schwerkranke Beschwerdeführer gegen die fachgerichtlich bestätigte Ablehnung der Kostenübernahme für eine experimentelle Therapie durch seine Krankenkasse wendet. Damit wird der daneben gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Bei dem 2020 geborenen Beschwerdeführer wurde 2022 die Krankheit GM2-Gangliosidose/Morbus Tay-Sachs (infantiler bis spät-infantiler Phänotyp) diagnostiziert. Hierbei handelt es sich um eine seltene angeborene Stoffwechselerkrankung, die durch eine progrediente Neurodegeneration mit zunehmendem Verlust erworbener kognitiver und motorischer Fähigkeiten, schwersten Behinderungen und dramatisch verkürzter Lebenserwartung gekennzeichnet ist. Eine anerkannte kausale
Krankenkasse wies auch den Widerspruch nach Einholung weiterer Gutachten zurück
Die Krankenkasse lehnte den Antrag nach Einholung eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren legte der Beschwerdeführer Stellungnahmen des Spezialisten Dr. (…) vor. Dieser verwies unter anderem auf Grundlagenforschung mit Versuchen an Mäusen, die gezeigt habe, dass Miglustat die GM2-Akkumulation senke. Bei genauer Betrachtung vorliegender Publikationen finde man zudem Indizien, dass Miglustat einen positiven Effekt haben könne. Wissenschaftliche Studien der Phasen II und III lägen aufgrund der Seltenheit von GM2-Gangliosidosen nicht vor. Die Krankenkasse wies den Widerspruch nach Einholung weiterer Gutachten des Medizinischen Dienstes zurück, da sich keine Daten höherer Evidenz zeigten, die einen positiven klinisch relevanten Effekt von Miglustat auf den Erkrankungsverlauf der infantilen Tay-Sachs-Erkrankung nahelegen würden. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass beim Beschwerdeführer im Oktober 2022 langsame motorische Fortschritte und keine Entwicklungsrückschritte berichtet worden seien und dies auf die Tanganil-Medikation zurückgeführt worden sei.
LSG fordert Mindestmaß an wissenschaftlicher Datengrundlage
Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hatte der Beschwerdeführer die vorläufige Versorgung mit Miglustat erwirkt. Den stattgebenden Beschluss des Sozialgerichts, auf dessen Grundlage im Mai 2023 die
Grundrechtsverletzung nicht dargetan
Die
LSG durfte Mindestmaß an wissenschaftlicher Datenlage fordern
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landessozialgericht für die Annahme der nicht ganz fernliegenden Aussicht auf eine maßgebliche Wirksamkeit ein Mindestmaß an wissenschaftlicher Datenlage zu den Erfolgsaussichten des Therapieansatzes fordert. Dieses Kriterium erscheint grundsätzlich geeignet, die verfassungsrechtlich gebotene Abgrenzung zwischen hinreichenden Indizien für eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auch nur auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf einerseits und rein experimentellen Behandlungen andererseits vorzunehmen. Dies schließt die Behandlung von Erkrankungen, für die aufgrund ihrer Seltenheit keine Studiendaten vorliegen, nicht von vornherein von einem Leistungsanspruch aus. Denn ein Mindestmaß an wissenschaftlicher Datenlage kann sich auch aus anderen Erkenntnisquellen als Studien ergeben. Ebenfalls ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landessozialgericht die Schilderung einer gesundheitlichen Stabilisierung seit Beginn der
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.10.2023
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online, (pm/ab)
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Dokument-Nr. 33335
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