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Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.12.2014
- X ZR 85/12, X ZR 13/14 und X ZR 147/13 -
Vereinbarung einer höheren Anzahlungsquote als 20 % des Reisepreises muss begründet werden
Bundesgerichtshof zur Höhe von Anzahlungen auf den Reisepreis und zur Bemessung von Rücktrittspauschalen
Der Bundesgerichtshof hatte sich in drei Verfahren mit der Wirksamkeit von Klauseln in Reisebedingungen zu Anzahlungen auf den Reisepreis, zu dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Gesamtpreises und zu Rücktrittspauschalen zu befassen. Der Bundesgerichtshof verwies darauf, dass der Reiseveranstalter zwar grundsätzlich eine höhere Anzahlung als die bisher anerkannten 20 % des Reisepreises verlangen kann, diese Vereinbarung einer höheren Anzahlungsquote in den AGBs aber zumindest voraussetzt, dass der Reiseveranstalter darlegt, dass die von ihm bei Vertragsschluss zu leistenden Aufwendungen bei denjenigen Reisen, für die die höhere Anzahlung verlangt, typischerweise die geforderte Quote erreichen.
In dem Verfahren X ZR 85/12 verlangt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. von der beklagten Reiseveranstalterin, die u.a. über das Internet im Rahmen eines die Bündelung von Reiseteil- und Einzelleistungen zu einem Leistungspaket ("Dynamic Packaging") anbietet, es zu unterlassen, beim Abschluss von Pauschalreisen Reisebedingungen zu verwenden, nach denen der Reisende u.a. innerhalb einer Woche nach Erhalt seiner Reisebestätigung eine
OLG erklärt Klauseln zur Anzahlung, zur Zahlung des Restbetrags und zu Stornierungsgebühren für unwirksam
Das Landgericht hat der Beklagten die Verwendung der Klauseln untersagt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die von der Beklagten bei Vertragsabschluss geforderte
Vorinstanzen untersagen auch im Fall X ZR 13/14 Vertragsklauseln zur Anzahlung und Restzahlung des Reisepreises
In dem Fall X ZR 13/14 verlangt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. von der beklagten Reiseveranstalterin, die Verwendung von Reisebedingungen zu unterlassen, nach denen der Reisende innerhalb einer Woche nach Erhalt der Reisebestätigung eine
Vertragsklausel zur Anzahlung von 40 % des Reisepreises bei ausgezeichneten "Top-Angeboten" ebenfalls unzulässig
In dem Verfahren X ZR 147/13 verlangt der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände von der beklagten Reiseveranstalterin, die Verwendung von Reisebedingungen zu unterlassen, nach denen bei Vertragsabschluss gegen Aushändigung der Bestätigung die
BGH weist Revision der Reiseveranstalter weitestgehend zurück
Der Bundesgerichtshof hat in den beiden ersten Fällen die Revision des Reiseveranstalters insgesamt und im dritten Fall teilweise zurückgewiesen Er hat auch in der Sache X ZR 85/12 die Beklagte als Reiseveranstalterin angesehen, da sie dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen zu einem Gesamtpreis zur Verfügung stellt.
Vereinbarung einer höheren Anzahlungsquote als 2 % nicht ausgeschlossen, aber begründungspflichtig
Damit stellte sich in allen drei Fällen die Frage, ob der Reiseveranstalter eine höhere
Zahlungsverpflichtung bis 30 Tage vor Reisebeginn angemessen
Was die Fälligkeit des Gesamtpreises betrifft, hat der Bundesgerichtshof eine Zahlungsverpflichtung bis 30 Tage vor Reisebeginn als angemessen erachtet. Die Reiseveranstalter haben nicht dargetan, dass dieser Zeitraum in einer praktisch relevanten Anzahl von Fällen nicht ausreicht, um bei einer ausbleibenden Zahlung die Reise anderweitig verwerten zu können. Auch die Klauseln betreffend die Rücktrittspauschalen sind
Erläuterungen
* - § 307 BGB Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
** - § 320 BGB Einrede des nicht erfüllten Vertrages
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
*** - § 651 i Rücktritt vor Reisebeginn
(1) Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom Vertrag zurücktreten.
(2) Tritt der Reisende vom Vertrag zurück, so verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten
(3) Im Vertrag kann für jede Reiseart unter Berücksichtigung der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und des durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen gewöhnlich möglichen Erwerbs ein Vomhundertsatz des Reisepreises als Entschädigung festgesetzt werden.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.12.2014
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Landgericht Leipzig, Urteil vom 11.11.2011
[Aktenzeichen: 8 O 3545/10] - Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 21.06.2012
[Aktenzeichen: 8 U 1900/11]
- Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 28.03.2013
[Aktenzeichen: 2-24 O 196/12] - Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.01.2014
[Aktenzeichen: 16 U 78/13]
- Landgericht Hannover, Urteil vom 30.10.2012
[Aktenzeichen: 18 O 129/12] - Pauschalreisen: 40 Prozent Anzahlung sind zu viel
(Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 28.11.2013
[Aktenzeichen: 11 U 279/12])
Fundierte Fachartikel zum diesem Thema beim Deutschen Anwaltsregister:
Jahrgang: 2015, Seite: 447 MDR 2015, 447 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2015, Seite: 1444 NJW 2015, 1444 | Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR)
Jahrgang: 2015, Seite: 618 NJW-RR 2015, 618 | Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR)
Jahrgang: 2015, Seite: 621 NJW-RR 2015, 621
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Dokument-Nr. 19300
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