Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 21.11.2017
- 5 RVs 125/17 -
Folgen einer strafbaren Beschneidung müssen gerichtlich im Rahmen der Strafzumessung aufgeklärt werden
Gericht muss Ausmaß der konkreten Verletzung und Auswirkungen der Tat auf geschädigtes Kind ermitteln
Wird ein Angeklagter nach einer rechtswidrigen Beschneidung eines Kindes wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt, hat das Tatgericht im Rahmen der Strafzumessung regelmäßig das Ausmaß der konkreten Verletzung und die Auswirkungen der Tat auf das geschädigte Kind aufzuklären. Ausgehend von dieser Rechtslage hat das Oberlandesgericht Hamm das von der Staatsanwaltschaft mit der Revision angefochtene Berufungsurteil des Landgerichts Essen aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der heute 35 Jahre alte Angeklagte aus Langenberg stammt aus Südosteuropa. Für die beiden Kinder des Angeklagten, einen Jungen und ein Mädchen, hat die vom Angeklagten getrennt lebende Kindesmutter das alleinige Sorgerecht. Die Beteiligten bekennen sich zum islamischen Glauben.
Vater lässt Sohn ohne Zustimmung der Mutter und gegen den Willen des Kindes beschneiden
In Absprache mit der Mutter verbrachten beide Kinder die Sommerferien des Jahres 2015 bei dem Angeklagten. Während der Sommerferien ließ der Angeklagte seinen seinerzeit sechs Jahre alten Sohn ohne Zustimmung der Mutter und gegen den Willen des Kindes in einem Beschneidungszentrum in Essen beschneiden. Zur Tatzeit bestand keine gesundheitliche Gefahr für den Jungen, die durch den Eingriff hätte abgewendet werden müssen.
Amts- und Landgericht verurteilen Kindsvater zur Freiheitsstrafe auf Bewährung
Wegen dieser Tat verurteilte das Amtsgericht Essen den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer
Staatsanwaltschaft hält Strafe für unangemessen milde
Mit der gegen das Berufungsurteil eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Aus ihrer Sicht sei die Bestrafung des Angeklagten unangemessen milde, die Aussetzung der Vollstreckung der verhängten
OLG: Strafzumessung des Berufungsgerichts lückenhaft und damit fehlerhaft
Das von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel war erfolgreich. Das Oberlandesgericht Hamm hat das angefochtene Berufungsurteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen. Die Staatsanwaltschaft rüge zu Recht, dass die Strafzumessung des Berufungsgerichts lückenhaft und damit fehlerhaft sei, so das Oberlandesgericht. So habe das Berufungsgericht versäumt aufzuklären, wie der eigentliche "Beschneidungsvorgang" abgelaufen und in welchem Ausmaß das geschädigte Kind bei der - regelmäßig mit Schmerzen verbunden - Operation psychischen oder physischen Belastungen ausgesetzt gewesen sei. Ebenso wenig habe das Berufungsgericht festgestellt, ob und welche Auswirkungen die Tat auf die spätere Entwicklung des Kindes in körperlicher und auch in psychischer Hinsicht im Sinne sogenannter nachhaltiger Tatfolgen haben könne.
Eingriff muss mit Kind in einer altersentsprechenden Art und Weise besprochen werden
Der zu beurteilende Fall gebe Veranlassung zu derartigen Feststellungen. Sorgeberechtigte
LG muss erneute Verhandlung vornehmen
Aufgrund der Darstellungsmängel sei das Berufungsurteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben. Es sei nicht auszuschließen, dass die Mängel die Strafzumessung des Berufungsgerichts beeinflusst hätten. Diese habe nunmehr eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen in einer erneuten Verhandlung vorzunehmen.
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.01.2018
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
- Amtsgericht Essen, Urteil vom 01.09.2016
[Aktenzeichen: 58 Ls 91/16] - Landgericht Essen, Urteil vom 22.05.2017
[Aktenzeichen: 31 Ns 13/17]
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 25416
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil25416
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.