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Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 25.06.2007
- 19 Sa 1381/06 -
Kündigungszugang: Einwurf in Briefkasten gilt als Fristbeginn
Arbeitnehmer scheitert mit Kündigungsschutzklage aufgrund Fristversäumnis
Das Hessische Landesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine Kündigung, die um 11 Uhr in den Briefkasten eines Arbeitnehmers eingeworfen wird, als an diesem Tage zugegangen gilt, wenn keine "üblichen" Postzustellzeiten durch den Arbeitnehmer für einen erheblich früher liegenden Zeitpunkt der allgemeinen Postzustellung behauptet werden.
Ein seit vielen Jahren in einem KfZ-Unternehmen beschäftigter Mechaniker, der im laufenden Kündigungsschutzverfahren wegen einer krankheitsbedingten Kündigung im Wege der Prozessbeschäftigung auf Stundenbasis beschäftigt worden war, stempelte sich auf seiner Stechkarte gegen 12.00 Uhr aus und verließ sodann den Betrieb, um sich in Urlaub zu begeben. Auf seiner Stechkarte fand sich unter dem vorstehenden Ausdruck als nächste Angabe mit derselben Zeit ein Buchungsvorgang "an". Der Arbeitgeber kündigte während des Urlaubs des Mitarbeiters das Arbeitsverhältnis deshalb wegen Arbeitszeitbetrug fristlos und hilfsweise fristgemäß. Er behauptete, der gekündigte Mitarbeiter habe einem Kollegen seine Stechkarte gegeben und ihn angewiesen, diese an dem besagten Tag erst nach 13.00 Uhr abzustempeln. Das Kündigungsschreiben sei am 9. August vormittags in den Briefkasten des Mitarbeiters eingeworfen worden. Der Mitarbeiter fand das Schreiben nach der Rückkehr aus seinem Urlaub am 29. August vor. Er erhob erst am 31. August gegen die Kündigung vom 9. August Kündigungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über den Zeitpunkt des Einwurfs des Kündigungsschreibens in den Briefkasten und sodann die Klage abgewiesen.
Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Auch das Hessische Landesarbeitgericht ist zu der Auffassung gekommen, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 9. August beendet worden, weil der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig Klage erhoben hatte.
Zur Überzeugung des Berufungsgerichts stand nach einer weiteren Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen, der das Kündigungsschreiben in den Briefkasten des Mitarbeiters eingeworfen hat, fest, dass dieses Schreiben bereits gegen 11.00 Uhr eingeworfen wurde.
Wenn hiervon ausgegangen werden muss, sei das Kündigungsschreiben aber auch an diesem Tag dem Mitarbeiter zugegangen. Denn eine Willenserklärung sei dann zugegangen, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Wird ein Schreiben in den Briefkasten eingeworfen, geht dieses dem Empfänger zu dem Zeitpunkt zu, in dem nach dem gewöhnlichen Lauf die Leerung des Briefkastens zu erwarten ist. Hält sich der Arbeitnehmer während des Tages in seiner Wohnung auf, so liegt dieser Zeitpunkt gewöhnlich nicht erheblich nach der üblichen Zustellzeit der Post.
Mit dem Einwurf um 11.00 Uhr, also im Laufe des Vormittags, sei im Streitfall kein Zeitpunkt gegeben, der auf jeden Fall erheblich nach den bisher üblichen regulären Zustellzeiten im Vormittag beim Rundgang eines Postboten liegt. Der Arbeitgeber habe behauptet, dass im Bezirk des Klägers Zustellung sowohl vor als auch nach 11.00 Uhr erfolgen. Der Kläger hat zuletzt keine Behauptungen mehr dazu aufgestellt, dass in seinem Bezirk Post zu einem erheblich früheren Zeitpunkt zugestellt wird. Bei dieser Sachlage bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger oder ein üblicherweise ortsanwesendes Familienmitglied - wäre man vor Ort gewesen - den Briefkasten um 11.00 Uhr bereits geleert hätte. Dem Zugang am 9. August stehe auch der Urlaub des Klägers nicht entgegen, denn es komme nicht auf die tatsächliche Kenntnis des Empfängers des Schreibens, sondern nur auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme an. Diese sei auch im Falle der dem Arbeitgeber bekannten Ortsabwesenheit wegen Urlaubs gegeben.
Damit war die Kündigungsschutzklage, die in Bezug auf die Kündigung vom 9. August erst am 31. August erhoben worden ist, nicht mehr geeignet, die Wirkungen des § 7 KSchG zu beseitigen. Der vom Kläger im Zusammenhang mit der gegen die erste Kündigung erhobenen Klage formulierte Antrag "sondern fortbesteht" als Anschluss an einen punktuellen Kündigungsschutzantrag sei dann nicht als allgemeiner Festestellungsantrag - mit dem die Klagefrist gewahrt wird - auslegbar, wenn sich die Klageschrift nur mit der konkret angegriffenen Kündigung auseinandersetzt und weder in ihr noch in den ihr beigefügten Anlagen Hinweise auf befürchtete Folgekündigungen enthalten seien.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.10.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 18/07 des LAG Hessen vom 16.10.2007
- Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 20.06.2007
[Aktenzeichen: 5 Ca 286/05]
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Dokument-Nr. 4998
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