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Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 24.02.2021
1 L 127/21 -

Bundesministerium des Innern muss Twitter-Eintrag zur AfD löschen

Twitter-Eintrag zur AfD stellt Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Parteienfreiheit dar

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) muss nach einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin einen die Partei Alternative für Deutschland, (AfD) betreffenden Tweet eines seiner Pressesprecher löschen.

Mitte Januar 2021 berichtete die Tagespresse darüber, dass der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz davor stehe, die Antragstellerin zum Verdachtsfall zu erklären. Einer der Pressesprecher des BMI äußerte sich auf seinem Account des Kurznachrichtendienstes Twitter am 28. Januar 2021 wie folgt: "BM #Seehofer zum Stand des #BfV-Gutachtens zur #AfD: Meine Mitarbeiter prüfen das Gutachten gemeinsam mit dem @BfV Bund in juristischer Hinsicht. Da ist besondere Sorgfalt angesagt. Es gibt keine politischen Vorgaben. Ich möchte aber in überschaubarer Zeit Klarheit haben."

AFD begehrt Löschung des Tweets

Nachdem die Antragstellerin die Antragsgegnerin außergerichtlich vergeblich dazu aufgefordert hatte, die Äußerung zu löschen, hat sie um verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trägt sie im Kern vor, dass durch die Äußerung über sie als Prüffall des (Bundes-)Verfassungsschutzes berichtet werde. Eine Berichterstattung über Prüffälle sei aber gesetzlich nicht vorgesehen, das Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG - erlaube dies erst bei Verdachtsfällen.

VG bejahrt Anspruch auf Löschung des Tweets

Das Verwaltungsgerichts Berlin gab dem Eilantrag teilweise statt. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Löschung des Tweets. Die Antragsgegnerin habe durch die beanstandete Äußerung in die nach Art. 21 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützte Parteienfreiheit eingegriffen. Bei objektivem Verständnis habe das BMI geäußert, dass es sich bei der Antragstellerin um einen Prüffall des Verfassungsschutzes handele. Unerheblich sei, dass das Ergebnis der Prüfung tatsächlich noch gar nicht feststehe.

Wiederholungsgefahr für künftige Äußerungen nicht gegeben

Hierdurch werde die Chancengleichheit im politischen Wettbewerb erheblich geschmälert, denn schon die Einstufung der Antragstellerin als Prüffall führe nach einer von ihr durchgeführten Umfrage dazu, dass die Bereitschaft, sie zu wählen, um 15 Prozent sinke. Der Eingriff sei nicht gerechtfertigt, weil es hierfür weder eine Rechtsgrundlage im BVerfSchG gebe noch die Voraussetzungen vorlägen, unter denen staatliche Stellen Informations- und Öffentlichkeitsarbeit betreiben dürften. Denn dem Staat sei es versagt, sich mit einzelnen Parteien zu identifizieren und die ihm zur Verfügung stehenden staatlichen Mittel und Möglichkeiten zu deren Gunsten oder Lasten einzusetzen. Das weitere Begehren der Antragstellerin, der Antragsgegnerin einstweilen zu untersagen, auch künftig zu äußern, sie werde als Prüffall behandelt, hat das Gericht mangels Wiederholungsgefahr abgelehnt.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 02.03.2021
Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

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Kommentare (5)

 
 
Dennis Langer schrieb am 03.03.2021

"Wer benutzt schon Twitter?"

Alleine schon die Nennung bestimmter Online-Dienste stellt bereits eine Bevorteilung bestimmter Dienste zu Gunsten deren ohnehin meistens schon äußerst vermögenden Betreiber dar. Deshalb sollte dies unbedingt unterlassen sowie durch staatlichen Zwang erheblich eingeschränkt werden. Unternehmen haben ein Werberecht, sie benötigen keine zusätzliche Bevorteilung durch Medien und Öffentlichkeitsarbeit!

Roland Berger antwortete am 04.03.2021

Bemerkung von Dennis Langer: Schlichtweg unqualifiziert, unsachlich und dazu unzutreffend. Twitter ist eines der häufig genutzten Kommunikationsmedien von Politikern.

Einen Bezug zu der Entscheidung des VG Berlin vermag ich nicht zu erkennen.

Dennis Langer antwortete am 04.03.2021

Meine Meinung bezog sich nicht auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das ist doch wohl mehr als offensichtlich. Sehr wohl aber kritisiere ich Schleichwerbung für gewisse Messenger- oder sonstige Online-Dienste, für die es gute Alternativen auf dem Online-Software-Markt gibt. Und nein, mit diesen Alternativen meine ich nicht die propagierte Alternative der AfD.

Fazit: Hiesige Meinungen benötigen nicht unbedingt Bezug zu den Urteilen selbst. Sondern sie können auch die Qualität der Berichte und der Textinhalte betreffen.

Weniger zielführend ist hingegen die Bemerkungen anderer Kommentatoren als "Schlichtweg unqualifiziert, unsachlich und dazu unzutreffend" herabzuwürdigen, und dies dürfte darüber hinaus höchstwahrscheinlich auch nicht erwünscht sein.

Dennis Langer antwortete am 06.03.2021

Es ist außerdem noch anzumerken, dass es doch eigentlich jedem Bürger stark zu denken geben müsste, dass ausgerechnet deutsche Politiker Kommunikationsmedien von außereuropäischen Konzernen anwenden anstatt die Entwicklung solcher Technologien auf heimischen Terrain zu fördern und zu nutzen.

Kurzer Denis antwortete am 06.03.2021

Hui, eine Forderung aus den 1990er Jahren. Wie avantgardistisch.

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