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Sozialgericht Berlin, Urteil vom 11.07.2017
- S 81 KR 719/17 -
Mutter muss neuartige Videotherapie für Baby selbst bezahlen
Krankenkasse nur bei anerkannten Behandlungsmethoden zur Kostenübernahme verpflichtet
Das Sozialgericht Berlin hat entschieden, dass die Techniker Krankenkasse nicht verpflichtet ist, der Mutter eines Säuglings die Behandlungskosten von 4.360 Euro für eine telemedizinische Therapie zur Entwöhnung von der Ernährung durch eine Sonde zu erstatten. Ein Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung besteht nicht, weil es sich um eine neuartige Behandlungsmethode handelt, die vom zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss noch nicht geprüft und anerkannt worden ist.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der im September 2015 geborene Kläger aus Berlin-Charlottenburg ist über seine Mutter bei der Techniker
Ab November 2016 führte die Mutter mit dem Kläger deshalb ein von der Universität Graz entwickeltes telemedizinisches Sonden-Entwöhnungsprogramm durch. Inhalt dieses "Netcoaching" ist eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung der betroffenen Familien durch ein Team aus Ärzten und Therapeuten auf telemedizinischem Wege. Der Patient bleibt dabei zuhause, die Betreuung erfolgt durch Videoanalysen, tägliche Cybervisiten und Beratungen per email.
Krankenkasse lehnt Kostenübernahme ab
Die von den Großeltern des Klägers vorgestreckten Kosten für die am Ende erfolgreiche Sonden-Entwöhnung betrugen insgesamt 4.360 Euro. Die beklagte Techniker
Hiergegen erhob der Kläger, vertreten durch seine Mutter, im April 2017 Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Ihrer Meinung nach war die telemedizinische Behandlung im häuslichen Umfeld die beste und auch kostengünstigste Lösung. Ein weiterer Klinikaufenthalt hätte den Kläger sowohl psychisch erheblich belastet als auch großer Ansteckungsgefahr ausgesetzt.
Therapie muss Teil des Leistungskataloges der Versicherung sein
Das Sozialgericht Berlin wies die Klage nach mündlicher Verhandlung ab und bestätigte die Auffassung der beklagten
Stationäre Sonden-Entwöhnung stellt allgemein anerkannte Behandlungsalternative dar
Einer der Fälle, in denen eine positive Empfehlung des Bundesausschusses ausnahmsweise nicht erforderlich sei, habe nicht vorgelegen. So gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die fehlende Anerkennung auf einem Systemversagen beruhe, etwa weil das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß betrieben worden sei. Es habe sich auch nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung des Klägers gehandelt. Mit der stationären Sonden-Entwöhnung habe zudem eine allgemein anerkannte Behandlungsalternative zur Verfügung gestanden.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.09.2017
Quelle: Sozialgericht Berlin/ra-online
- Anspruch auf Krankenversorgung außerhalb des Leistungskatalogs der Krankenkasse erfordert durch nahe Lebensgefahr gekennzeichnete individuelle Notlage
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11.04.2017
[Aktenzeichen: 1 BvR 452/17]) - Krankenkasse muss Kosten für Helmtherapie bei deformiertem Säuglingsschädel nicht übernehmen
(Sozialgericht Detmold, Urteil vom 16.01.2014
[Aktenzeichen: S 3 KR 130/13])
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Dokument-Nr. 24808
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