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Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 18.03.2016
1 U 832/15 -

Vom Jugendamt beauftragter Sachverständiger haftet nicht persönlich für grob fehlerhaftes Gutachten

Schadens­ersatz­ansprüche sind gegenüber dem Landkreis als Träger des zuständigen Jugendamtes zu stellen

Eine Sachverständige, die in einem vom Jugendamt in Auftrag gegebenen Gutachten den hochgradigen Verdacht einer Kindesmisshandlung (Schütteltrauma) äußert und hierfür als Beleg Flüssigkeits­ansammlungen und frische Blutungen im Gehirn anführt, handelt grob fahrlässig, wenn sie vorgebrachte alternative Ursachen für den auffälligen Befund ohne jede tragfähige Begründung kategorisch und vorbehaltslos ausschließt. Sind die festgestellten Auffälligkeiten tatsächlich nicht auf eine Kindesmisshandlung, sondern auf eine der Sachverständigen bekannte Erbkrankheit der Kinder (sogenannter "Wasserkopf") zurückzuführen, haftet die Gutachterin für Schmerzens­geld­ansprüche der Eltern und ihrer Kinder allerdings nicht persönlich. Vielmehr sind diese Ansprüche gegenüber dem Landkreis als Träger des zuständigen Jugendamtes, welches die Sachverständige als externe Fachkraft mit der Begutachtung beauftragt hatte, geltend zu machen. Dies entschied das Oberlandesgericht Koblenz.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die vier Kläger, zwei Kleinkinder sowie ihre Eltern, begehren von der Beklagten, einer an der Mainzer Uniklinik angestellten Rechtsmedizinerin, Schmerzensgeld wegen fehlerhafter Gutachtenerstattung.

Gutachterin hält Misshandlung für möglich

Die Beklagte hatte im Jahre 2013 auf Veranlassung eines Jugendamts aus der Pfalz ein Gutachten zu der Frage erstellt, ob sich anhand der Krankenunterlagen der Kleinkinder Anhaltspunkte für misshandlungsbedingte Verletzungen ergäben. In ihrem Gutachten vom 23. Mai 2013 kam sie zu dem Ergebnis, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass ein oder mehrere Schütteltraumata die Ursache für die bei einem der beiden Kinder festgestellte Symptomatik seien; bezüglich des Geschwisterkindes verneinte sie den Verdacht auf eine Misshandlung.

Kinder werden bei Pflegefamilien untergebracht

Unter Berufung auf das Gutachten hatte das Jugendamt beim Familiengericht mit Erfolg den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, wonach ihm das Aufenthaltsrecht für beide Kinder vorläufig übertragen werden sollte. Mehr als ein halbes Jahr waren die beiden damals 7 und 18 Monate alten Kinder in der Folgezeit bei Pflegefamilien untergebracht. Spätere Gutachten sind jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass die festgestellten Auffälligkeiten Folge einer Erbkrankheit waren. Die Kinder leiden demnach unter einem benignen Hydrozephalus (sogenannter Wasserkopf); dies hat zur Folge, dass schon bei geringsten Erschütterungen Blutgerinnsel entstehen können.

Eltern machen Schmerzensgeldansprüche geltend

Die Kläger hatten erstinstanzlich vor dem Landgericht Mainz Schmerzensgeldansprüche sowohl gegenüber der Uniklinik als auch der Beklagten als Verfasserin des fehlerhaften Gutachtens geltend gemacht.

LG bejaht persönliche Haftung der Gutachterin

Das Landgericht Mainz hatte das Begehren der Kläger auf Verurteilung der Rechtsmedizinerin zur Zahlung von Schmerzensgeld dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und zur Begründung ausgeführt, dass die unmittelbar vom Jugendamt beauftragte Medizinerin für das grob fehlerhafte und den wissenschaftlichen Standards nicht entsprechende Gutachten auch persönlich hafte. Die gegen die Uniklinik gerichtete Klage hatte das Landgericht hingegen mit der Begründung abgewiesen, mangels eigener Beauftragung habe diese für die Fehler der Rechtsmedizinerin nicht einzustehen.

OLG rügt grob fahrlässige Außerachtlassung gutachterlicher Sorgfaltspflichten

Das Oberlandesgericht Koblenz änderte diese Entscheidung des Landgerichts im Berufungsverfahren ab. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat die beklagte Sachverständige auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellt. Sie habe greifbare Alternativursachen für die bei den Kindern festgestellten Auffälligkeiten wie den erblich bedingten sogenannten "Wasserkopf" und einen vorangegangenen Verkehrsunfall ohne tragfähige Begründung kategorisch und ohne Vorbehalt ausgeschlossen und sich dabei auch fachfremde Kompetenz, wie eine Unfallanalyse, angemaßt. Dies stelle eine grob fahrlässige Außerachtlassung gutachterlicher Sorgfaltspflichten dar. Aufgrund der Fehlerhaftigkeit des Gutachtens sei den Eltern vom zuständigen Familiengericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder vorläufig entzogen und die Kinder vorübergehend bei Pflegeeltern untergebracht worden.

Gutachterin muss für grob fahrlässig erstelltes unrichtiges Gutachten nicht persönlich einstehen

Für das grob fahrlässig erstellte unrichtige Gutachten hafte aber nicht die Sachverständige persönlich, sondern der Landkreis als Träger des die Sachverständige beauftragenden Jugendamtes. Denn das Jugendamt mit seiner Wächterfunktion über das Kindeswohl habe die Sachverständige im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages als externe Fachkraft hinzugezogen und seinen beim Familiengericht gestellten Schutzantrag auf deren Gutachten gestützt. Daher habe die Sachverständige bei ihrer Gutachtenerstellung in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt, sodass sie für ihr grob fahrlässig erstelltes unrichtiges Gutachten nicht persönlich einzustehen habe, sondern die Körperschaft, die sie beauftragt hat.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.03.2016
Quelle: Oberlandesgericht Koblenz/ra-online

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Kommentare (6)

 
 
Mitleser schrieb am 23.03.2016

@ Dr. Kühnert,

meiner Meinung nach, ist das Urteil schon richtig. Hier ging es um die Ansprüche der Kläger bzw. Familie. Die haben ja kein direktes Verhältnis zum Gutachter. Die Ansprüche wurden ja von Gericht auch nicht verneint, nur sind an die korrekte Stelle (Streitgegner) zu richten und das ist hier das Jugendamt.

Das Jugendamt selbst hat dann höchst wahrscheinlich seinerseits einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber der Gutachterin.

Aber die Familie selbst hat eben keinen direkten Durchgriff auf die Rechtsmedizinerin.

Dr. Kühnert schrieb am 23.03.2016

Zunächst kurz zu dem absolut unverständlichen Gefasel von "eono". Bekanntlich sollte man ganz oben erst den Schalter auf "an /On" stellen, bevor man spricht oder schreibt!

Konkret zum obigen Artikel und Urteil:

Für Gutachter gibt es seit Jahren konkrete Vorgaben / Festlegungen über die Form, Art der Erstellung, inhaltliche Schwerpunkte etc.eines Gutachtens. Dies findet man im Internet in den "Leilinien" /AWMF - zur Gutachtenerstellung, oder auch bei der BÄK u.a. Wichtig ist dabei, dass man nicht einfach in das "Blaue" hineinfabuliert, sondern sich an die Fakten und Spielregeln (s. o. Leitlinien) hält. KEIN Gutachter hat Narrenfreiheit und darf schon gar nicht bewusst oder fahrlässig ein fehlerhaftes Gutachten erstellen!!. Im Klartext haftet er für sein Fehlgutachten und das Gericht ist verpflichtet dies konsequent zu ahnden. Zur Sicherheit für solche Ausnahmefälle muss /sollte der Gutachter eine Haftpflichtversicherung zur Schadensregulierung eingehen (ebenso wie Rechtsanwälte, aber die haben hier zu lande, ebenso wie die Richter "Sonderrechte " + Narrenfreiheit und Richter "bedürfen" keiner vorgeschriebenen jährlichen Fortbildung!).

Ich bin seit 50 Jahren Arzt und mehrfacher FA., arbeite seit 1994 fast ausschließlich bis dato als Gutachter (früher für MDK, DRV, PKV...) für Behandlungsfehler und kenne so allerlei Schwierigkeiten mit den Auftraggebern und seit vielen Jahren bis dato auch die Riesenprobleme mit den Halbgöttern in Schwarz und Weis.

Fazit: Die Verfasserin des falschen + fehlerhaften Gutachten ist HAFTBAR zu machen! Was hat da die Kommune als Auftraggeber falsch gemacht? - Das muss man wohl mal den Herrn Richter fragen!

MfG dokuet

Schlaefer antwortete am 28.03.2016

Der Fehler der Behörde war, diese Gutachterin zu beauftragen... Wenn eine Gutachterin sich so verhält, dann ist das doch sicher kein Einzelfall.

Die Frage ist für mich allerdings auch, wes Geistes Kind die Gutachterin ist. Hoffentlich hat es wenigstens standestrchtliche Konsequenzen für sie.

eono schrieb am 22.03.2016

Müßten "Gutachter" u.a. persönlich haften - vermutlich ggf

erst in 30 Jahren wenn sich ein Gericht bereit erklärt -

Mißstände/Mißbrauch aller Art anzunehmen - dann würden

aber wahrscheinlich trotzdem Einige etwas zurückhaltender/ Vorsichtiger werden.

Was nämlich alle vergessen: Es geht nicht um sie - persönlich - nicht um ihr Wohlbefinden - nicht um ihren Ruf/Namen - nicht um ihre Profilierung - nicht um ihr permanentes Hervor preschen, sich darstellen, das große Wort führen

unter Mißachtung von allem und Jedem und aller Tatsachen.

eono schrieb am 22.03.2016

Der Staat hat ca 1992 (Seehofer) den Landesbediensteten

viel zu viele Rechte eingeräumt die vorschnell an sich gerissen

werden dürfen. Man grüßt mal und schon ist man Kinder -Eltern - die eigene Biographie alles los. Man liest-hört gar nichts mehr von wirklichen Untersuchungen - dem sich

sorgfältigen Erarbeiten von "Diagnosen" wozu eine ggf lange Beobachtungszeit gehört und mehrere Untersuchungen (inkl Labor/Röntgen usw.) von dem umfassenden Erstellen von "Gutachten" ganz zu schweigen.

Die Einen wissen weder wie man Diagnosen/Gutachten erstellt - und die Anderen "Richter" lesen und Verstehen null - denen fällt offenbar nie was auf - insofern stellen

sie nichts in Frage. Weisen Beschwerden zurück. - Es gibt

"Diagnosen" die haben bis zu 30 Symptome - z.B. Hashimoto - das gehört hier nicht her - ist nur ein Beispiel

aber was denken Sie was sich ein sog. "Betreur""Amt" daraus

heraus sucht? z.B. "Depression" damit kann/können er u.a.

machen was sie wollen. - Damit schließt sich der Kreis wieder zu oben. - Mediziner fallen ja schon in gerichtlicher

Amt-Umgebung sehr aus. Aber mit welcher Frechheit Nicht-Mediziner sich erdreisten "Diagnosen" in die Welt zu setzen, mit Begriffen herum zu spielen - ist kaum noch

zu ertragen. - Wie schnell einerseits Familien auseinander

gerissen werden und wie andererseits in Familien mit Problemen niemand mehr hin geht und nach sieht ...das

liegt an den falschen Berufen die diese Leute haben.

WARUM nicht: Ausgebildete Familien-Dorfhelfer/innen -

als "Betreuer"? Säuglings-Krankenschwestern/Pfleger ...?

ES HANDELT SICH UM MENSCHEN die sind in aller Regel komplexe Gebilde. NICHTS um einmal kurz hinzusehen -

als ob man aus dem Fenster sähe ob es regnet oder schneit.

WAHNSINN - Sowas Respekt-Verantwortungsloses ...

MENSCHENverachtendes - Inkompetentes - Geldgieriges ...

Geld und Macht - und das soll dann auch noch "Sex" sein.

J. Klausing-Werner schrieb am 22.03.2016

Manche Urteile sind nicht nachvollziehbar ! Wo haben diese Richter studiert ?

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