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Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 01.07.2010
- 3 Ws 539/10 -
OLG Frankfurt: Nachträgliche Sicherungsverwahrung über die Höchstdauer hinaus unzulässig
Gerichte sind verpflichtet dem Urteil des Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte Rechnung zu tragen und festgestellte Konventionsverletzungen zu beenden
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass ein Gericht dem Urteil des Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte hinsichtlich der Unzulässigkeit der nachträglichen Sicherungsverwahrung über die Höchstgrenze von zehn Jahren hinaus Rechnung zu tragen hat und festgestellte Konventionsverletzungen beenden muss. Ein Strafgefangener ist daher umgehend aus der Sicherungsverwahrung zu entlassen.
Im zugrunde liegenden Fall verurteilte das Landgericht Limburg am 14. Februar 1996 den bereits vorbestraften K. unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Weiterhin wurde die Unterbringung in der
Änderung der Rechtsprechung zur Sicherungsverwahrung im Jahr 1998
Nach der damaligen Rechtslage hätte K. nach Verbüßung der Freiheitsstrafe maximal zehn Jahre in der
Rückwirkende Verlängerung der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus verstößt gegen Europäische Menschenrechtskonvention
Im bereits entschiedenen Fall M. hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit rechtskräftigem Urteil vom 17. Dezember 2009 festgestellt, dass die rückwirkende
Landgericht Marburg erklärt weitere Vollstreckung der Sicherungsverwahrung für unzulässig
Gestützt auf diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die auf die Beschwerde des M. ergangen ist, hat auch der Untergebrachte K. seine sofortige Entlassung beantragt. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Marburg hat die weitere Vollstreckung der
Vertragsstaaten der MRK haben sich verpflichtet, endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die sofortige Beschwerde aus folgenden Gründen verworfen: Die Vertragsstaaten der MRK haben sich verpflichtet, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen. Diese Pflicht gilt unmittelbar für alle staatlichen Organe, auch die Gerichte. Diese müssen im Rahmen ihrer Zuständigkeit und ihrer Bindung an Gesetz und Recht zunächst in der entschiedenen Sache dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rechnung tragen, also die festgestellte Konventionsverletzung beenden.
MRK verbietet Festsetzung einer höheren Strafe als diejenige, die im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedroht war
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wirkt im vorliegenden Verfahren aber nicht unmittelbar, da sie gegenüber dem Untergebrachten M. ergangen ist. Allerdings ist aus der MRK die unbedingte Verpflichtung des verurteilten Mitgliedstaats abzuleiten, festgestellte Konventionsverletzungen auch in Parallelfällen zu beenden. Ausgehend hiervon gelten die Erwägungen des Gerichts in seinem Beschluss vom 24. Juni 2010 auch hier. Danach verbietet es die MRK eine höhere Strafe zu verhängen als diejenige, die im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedroht war. Die Dauer der
Untergebrachte ist mit sofortiger Wirkung zu entlassen
Auch auf die Entscheidung gegen K. ist folglich § 67 d Abs. 3 StGB in der Fassung vor 1998 anzuwenden, weshalb die
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 01.07.2010
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Frankfurt am Main
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Dokument-Nr. 9881
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