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Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 12.05.2015
2-13 S 127/12 -

Wohneigentumsrecht: Nächtliches Verschließen der Haustür darf wegen dadurch bedingter erheblicher Einschränkung der Fluchtmöglichkeit nicht in Hausordnung geregelt werden

Vorliegen einer erheblichen Gefährdung aller Wohnungseigentümer und Besucher

Eine Wohnungs­eigentümer­gemeinschaft darf eine Hausordnung nicht dahingehend ändern, dass die Haustür nachts abgeschlossen sein muss. Denn dadurch würde die Fluchtmöglichkeit im Fall einer Notsituation erheblich eingeschränkt. Dies würde wiederum zu einer erheblichen Gefährdung aller Wohnungseigentümer und Besucher führen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt a.M. hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall beschloss eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Mai 2011 mehrheitlich die Hausordnung dahingehend zu ändern, dass die Haustür in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr im allgemeinen Interesse verschlossen zu halten sei. Mehrere Wohnungseigentümer erhoben gegen diesen Beschluss jedoch Klage. Nachdem das Amtsgericht Kassel die Klage abwies, musste sich das Landgericht Frankfurt a.M. mit dem Fall beschäftigen.

Regelung zur nächtlichen Haustürverschließung entsprach keiner ordnungsgemäßen Verwaltung

Das Landgericht Frankfurt a.M. erkannte zwar an, dass dem Sicherungsbedürfnis durch eine geschlossene Haustür in höherem Maße als durch eine nichtverschlossene Haustür Rechnung getragen werden könne. Dennoch habe die Regelung in der Hausordnung keiner ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 3 WEG entsprochen. Denn das Abschließen der Haustür habe zu einer erheblichen Gefährdung aller Wohnungseigentümer und ihrer Besucher geführt.

Vorliegen einer erheblichen Gefährdung aller Wohnungseigentümer und Besucher

Das Landgericht gab zu bedenken, dass ein Verlassen des Gebäudes im Brandfall oder in einer anderen Notsituation bei verschlossener Haustür nur möglich sei, wenn ein Schlüssel mitgeführt wird. Da aber gerade in Paniksituationen nicht sichergestellt werden könne, dass jeder Hauseigentümer und Besucher bei der Flucht einen Schlüssel griffbereit dabei hat, werde die Fluchtmöglichkeit erheblich eingeschränkt. Eine verschlossene Haustür könne sich daher als tödliches Hindernis erweisen. So werde z.B. in der mietrechtlichen Rechtsprechung eine Regelung dahingehend, dass die Haustür verschlossen ist, in Mietverträgen als unzulässig angesehen (vgl. AG Frankfurt am Main, Urteil v. 15.04.2005 - 33 C 1726/04-13 und LG Köln, Urteil v. 25.07.2013 - 1 S 201/12).

Ermöglichen einer leichten Flucht sowie Verschluss der Haustür durch besonderes Haustürschließungssystem

Nach Ansicht des Landgerichts habe es zudem besondere Haustürschließungssysteme gegeben, die sowohl das Interesse an einem Verschluss der Haustür als auch das Interesse an einer leichten Flucht vereinigen konnten.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.06.2015
Quelle: Landgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Amtsgericht Kassel, Urteil vom 22.07.2012
Aktuelle Urteile aus dem Wohneigentumsrecht
Fundstellen in der Fachliteratur: Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE)
Jahrgang: 2015, Seite: 868
GE 2015, 868
 | Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM)
Jahrgang: 2015, Seite: 452
WuM 2015, 452
 | Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR)
Jahrgang: 2015, Seite: 734
ZMR 2015, 734

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Dokument-Nr.: 21191 Dokument-Nr. 21191

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Kommentare (5)

 
 
janedoe schrieb am 17.11.2017

Es gibt Türen, die von außen nurmit dem Schlüssel aufgehen, wenn sie abgeschlossen sind, von innen aber ohne aufgehn. Wo ist das Problem?

Persona schrieb am 16.11.2017

Dieses Urteil ist, wie alle Urteile vor deutschen Gerichten, kein Präzedenz-Urteil, sondern auf einen konkreten Fall bezogen. Eine Einzelfall-Abwägung in anderen Situationen, wenn beispielsweise bereits mehrere Einbruchsversuche zurückliegen, kann zu einer anderen richterlichen Beurteilung führen. Auch konmmt es darauf an, ob zum Beispiel nur der Vermieter oder auch mindestens eine Mietpartei das Zusperren der Haustüre zwischen 22:00 bis 06:00 Uhr aus ihren jeweils eigenen Sicherheitsbelangen heraus begründen und vom Vermieter fordern. Nochmals: es kann und darf aufgrund dieses Urteils nicht der Eindruck erweckt werden, als ob damit ein Präzedenzfall existieren würde, der alle anderen zukünftigen Klagefällen genausolche Erfolgsaussichten bietet.

Armin schrieb am 03.07.2015

Mann muss hier wohl zwischen dem Sicherheits- (Diebstahl-und Vermögensschutz) und dem Gefahrenschutzbedüfnis (Brand etc.) abwägen, unter der Annahme das durch das widerrechtliche Eindringen wohl keine bzw. eher unwahrscheinlicher Weise Personenschäden zu erwarten sind, geht die Abwägung nach meiner Auffassung zurecht zugunsten des Gefahrenschutzes, insbes. dem Brandschutz aus. Menschenleben sind wichtiger als Sachwerte.

Antefix schrieb am 02.07.2015

Althergebrachtes Sicherheitsbedürfnis von Hausbewohnern dürfte überwiegen bei der Vorstellung, dass Räuber und sonstige Untäter durch eine bloß zugefallene Haustür nicht von bösen Absichten abgehalten werden können. Besonders dann nicht, wenn sie nur bei irgendwem klingeln und auf den elektrischen Türöffner warten müssen, um (z.B. mit dem Stichwort "die Post") ins Haus zu kommen.

Es kommt also auf die einbruchsichere Nachrüstung der eigenen Wohnungstür an. Das kostet allerdings eigenes Geld, und also die Überwindung zur heutzutage leider notwendig gewordenen privaten Investition. . .

MK antwortete am 02.07.2015

Wenn es brennt und die Tür ist zu, wäre es aber auch nicht sooo optimal.

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