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Bundessozialgericht, Urteil vom 28.09.2010
- B 1 KR 26/09 R -
BSG: Krankenkasse muss Kosten für Einfrieren von Samenzellen nicht übernehmen
Kryokonservierung liegt in Eigenverantwortung des Patienten
Besteht bei einem Mann wegen einer Krebsbehandlung die Gefahr einer aus der Behandlung resultierenden Unfruchtbarkeit, hat er dennoch keinen Anspruch darauf Sperma auf Krankenkassenkosten in einer Samenbank einlagern zu lassen. Für die so genannte Kryokonservierung ist grundsätzlich der Patienten eigenverantwortlich zuständig. Dies entschied das Bundessozialgericht.
Im zugrunde liegenden Streitfall wurde bei dem 1968 geborenen, bei der beklagten Ersatzkasse versicherten Kläger im März 2008 ein Rektumkarzinom diagnostiziert, das mit einer kombinierten Chemo- und Bestrahlungstherapie behandelt werden sollte. Der Kläger ließ auf ärztlichen Rat wegen befürchteter Zeugungsunfähigkeit am 17. April 2008 Samenzellen kryokonservieren. Hierfür und für sechs Monate Einlagerung musste er dem Kryozentrum Mittelrhein 565,56 Euro zahlen. Sein Erstattungsantrag - frühestens vom 18. April 2008 - blieb bei der Beklagten ohne Erfolg. Im sich anschließenden Klageverfahren hat der Kläger weitere 121,69 Euro für die Lagerung der Samenzellen in der sich anschließenden Zeit vom 17. Oktober 2008 bis zum 17. April 2009 geltend gemacht.
LSG: Anspruch auf künstliche Befruchtung scheidet als Rechtsgrundlage aus
Mit seinem Begehren, von der Beklagten die Zahlung von 687,25 Euro sowie künftig die Lagerung der Samenzellen als Naturalleistung zu erhalten, hat der Kläger in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, dass der Anspruch auf
Kläger verlangt Gleichbehandlung mit weiblichen Erkrankten nach dem allgemeinen Gleichheitssatz
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V, § 27 Abs. 1 und § 27 a Abs. 1 SGB V. Bereits der therapiebedingt drohende Eintritt der Zeugungsunfähigkeit sei eine Krankheit. Die Kryokonservierung und Einlagerung der Samenzellen dienten der Erhaltung bzw. Wiederherstellung seiner Zeugungsfähigkeit im Rahmen einer künstlichen Befruchtung. Er sei nach dem allgemeinen Gleichheitssatz mit weiblichen Erkrankten gleich zu behandeln, bei denen die Fähigkeit zur Empfängnis auf natürlichem Wege durch Kryokonservierung und anschließende Reimplantation von Eierstockgewebe erhalten bleiben könne. Entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts setze der Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V nicht voraus, dass die Kostenbelastung kausal auf der rechtswidrigen Leistungsablehnung beruhe. Ihm (dem Kläger) sei die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Antragstellung nicht bekannt gewesen.
Kläger kann Kryokonservierung weder als Maßnahme der künstlichen Befruchtung noch als Krankenbehandlung verlangen
Das Bundessozialgericht wies die Revision des Klägers zurück. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass der Kläger gegen die beklagte Ersatzkasse wegen der Kryokonservierung und Lagerung seiner Samenzellen weder Anspruch auf die Erstattung bereits verauslagter 687,25 Euro noch auf die künftige Lagerung als Naturalleistung hat. Das SGB V ordnet diese Leistungen vielmehr gezielt der Eigenverantwortung der Versicherten zu. Der Kläger kann die Kryokonservierung insbesondere weder als Maßnahme der künstlichen Befruchtung noch als Krankenbehandlung verlangen. Der Anspruch auf Krankenbehandlung zielt lediglich darauf ab, die Fähigkeit ganz oder teilweise wiederherzustellen, auf natürlichem Wege eine Schwangerschaft herbeizuführen. Hierzu dient die Kryokonservierung und Lagerung von Samenzellen aber nicht. Das Gesetz erfasst als Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nur solche, die dem einzelnen natürlichen Zeugungsakt entsprechen und unmittelbar der Befruchtung dienen, nicht aber mittelbare Maßnahmen weit im Vorfeld einer Befruchtung wie hier die Tiefkühlkonservierung und Lagerung von Samenzellen. Die Rechtsentwicklung gibt keinen Anlass, zu Gunsten des Klägers von diesem Regelungssystem abzuweichen, das nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 01.10.2010
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online
- Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil
[Aktenzeichen: L 5 KR 49/09] - Sozialgericht Koblenz, Entscheidung
[Aktenzeichen: S 5 KR 361/08]
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Dokument-Nr. 10341
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