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Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.05.2016
- I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZT 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15, I ZR 86/15 -
Bundesgerichtshof zur Haftung wegen Teilnahme an Internet-Tauschbörsen
Anschlussinhaber trifft gegenüber volljährigen Besuchern oder Gästen bei der Nutzung des Internetanschlusses keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht
Der Bundesgerichtshof hatte sich erneut mit Fragen der Haftung wegen der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen zu befassen.
Die Klägerinnen in den Verfahren I ZR 272/14, I ZR 1/15 und I ZR 44/15 haben die Verwertungsrechte an verschiedenen Filmwerken inne. Sie nehmen die jeweiligen Beklagten wegen der öffentlichen Zugänglichmachung der jeweiligen Filmwerke im Wege des "Filesharing" über ihren
Gegenstandswert vorgerichtlicher Abmahnungen beläuft sich laut LG stets auf das Doppelte des erstattungsfähigen Lizenzschadensersatzes
Das Berufungsgericht hat die Klage in den Verfahren I ZR 272/14 und I ZR 1/15 wegen des begehrten Schadensersatzes in Höhe von 600 Euro für begründet erachtet und die Beklagten zudem in allen drei Verfahren zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 130,50 Euro verurteilt. Das Landgericht hat angenommen, dass sich der Gegenstandswert der vorgerichtlichen Abmahnung stets auf das Doppelte des erstattungsfähigen Lizenzschadensersatzes belaufe, mithin vorliegend auf 1.200 Euro.
BGH: Gegenstandswert der Abmahnung ist nach Interessen an Unterbindung künftiger Rechtsverletzungen zu bestimmen
Auf die Revision der Klägerinnen hob der Bundesgerichtshof die Urteile des Landgerichts auf und wies die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Abmahnung stets auf das Doppelte des anzunehmenden Lizenzschadens belaufe. Vielmehr ist der Gegenstandswert der Abmahnung in Fällen der vorliegenden Art nach dem Interesse der Klägerinnen an der Unterbindung künftiger Rechtsverletzungen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Die vom Landgericht vorgenommene schematische Bemessung des Gegenstandswerts wird dem Umstand nicht gerecht, dass die zukünftige Bereitstellung eines Werks in einer Internet-Tauschbörse nicht nur die Lizenzierung des Werks, sondern seine kommerzielle Auswertung insgesamt zu beeinträchtigen droht. Die hiernach für die Bemessung des Gegenstandswerts erforderlichen tatsächlichen Feststellungen - etwa zum wirtschaftlichen Wert des verletzten Rechts, zur Aktualität und Popularität des Werks, zur Intensität und Dauer der Rechtsverletzung sowie zu subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers - hat das Landgericht bislang nicht getroffen.
Gegenstandwert der vorgerichtlichen Abmahnung vom Landgericht auch im Verfahren I ZR 43/15 falsch bestimmt
Die Klägerin im Verfahren I ZR 43/15 machte geltend, Inhaberin der Rechte an einem Computerspiel zu sein. Sie nimmt den Beklagten wegen der öffentlichen Zugänglichmachung des Computerspiels über seinen
Anschlussinhaber verweist auf Zugriffsmöglichkeit anderer Familienmitglieder auf Computer mit Internetzugang
Die Klägerinnen im Verfahren I ZR 48/15 sind führende deutsche Tonträgerherstellerinnen. Sie nehmen den Beklagten als Inhaber eines Internetanschlusses wegen der angeblichen öffentlichen Zugänglichmachung von 809 Audiodateien auf Schadensersatz sowie auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Der Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerinnen, die Richtigkeit der Ermittlungen sowie seine Täterschaft bestritten. Er hat darauf verwiesen, dass auch seine Ehefrau und seine damals 15 und 17 Jahre alten Kinder Zugriff auf die beiden im Haushalt genutzten Computer mit
BGH: Anschlussinhaber haftet für öffentliche Zugänglichmachung von Musikaufnahmen über seinen Internetanschluss
Der Bundesgerichtshof wies die Revision des Beklagten im Wesentlichen zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte für die öffentliche Zugänglichmachung der Musikaufnahmen über seinen
Rechteverletzung erfolgte in Unwissenheit der Beklagten durch Verwandte
Die Klägerin im Verfahren I ZR 86/15 ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Film "Silver Linings Playbook". Sie hat von der Beklagten als Inhaberin eines Internetanschlusses wegen der unerlaubten öffentlichen Zugänglichmachung des Werks den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 755,80 Euro verlangt. Die Beklagte wandte ein, dass ihre in Australien lebende Nichte und deren Lebensgefährte anlässlich eines Besuchs mithilfe des ihnen überlassenen Passworts für den WLAN-Router die Verletzungshandlung begangen hätten. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Das Landgericht verurteilte die Beklagte antragsgemäß.
BGH: Belehrungen ohne konkrete Anhaltspunkte für rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses nicht zumutbar
Der Bundesgerichtshof stellte das die Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts wieder her. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haftet die Beklagte nicht als Störer wegen von ihrer Nichte und deren Lebensgefährten begangener Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung. Als Grund für die
Vorinstanzen:
Vorinstanzen zu I ZR 272/14
AG Bochum - Urteil vom 16. April 2014 - 67 C 4/14
LG Bochum - Urteil vom 27. November 2014 - I-8 S 9/14
Vorinstanzen zu I ZR 1/15
AG Bochum - Urteil vom 26. März 2014 - 67 C 3/14
LG Bochum - Urteil vom 27. November 2014 - I-8 S 7/14
Vorinstanzen zu I ZR 43/15
AG Bochum - Urteil vom 8. Juli 2014 - 65 C 81/14
LG Bochum - Urteil vom 5. Februar 2015 - I-8 S 17/14
Vorinstanzen I ZR 44/15
AG Bochum - Urteil vom 3. Juni 2014 - 65 C 558/13
LG Bochum - Urteil vom 5. Februar 2015 - I-8 S 11/14
Vorinstanzen zu I ZR 48/15
LG Köln - Urteil vom 20. November 2013 - 28 O 467/12
OLG Köln - Urteil vom 6. Februar 2015 - 6 U 209/13
Vorinstanzen zu I ZR 86/15
AG Hamburg - Urteil vom 8. Juli 2014 - 25b C 887/13
LG Hamburg - Urteil vom 20. März 2015 - 310 S 23/14
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.05.2016
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Filesharing: Eltern haften für Urheberrechtsverletzungen ihrer Kinder
(Oberlandesgericht München, Urteil vom 14.01.2016
[Aktenzeichen: 29 U 2593/15]) - Berechnung des Schadenersatzes nach Lizenzanalogie bei illegalem Filesharing orientiert sich an Lizenzgebühr pro Download und Anzahl zu erwartender Downloads
(Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.03.2015
[Aktenzeichen: 57 C 8861/14]) - Filesharing: Internetanschlussinhaber muss möglichen Täter selbst ermitteln
(Amtsgericht München, Urteil vom 09.10.2014
[Aktenzeichen: 142 C 3977/15])
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016 [Aktenzeichen: I ZR 1/15]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016 [Aktenzeichen: I ZR 272/14]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016 [Aktenzeichen: I ZR 44/15]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016 [Aktenzeichen: I ZR 48/15]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016 [Aktenzeichen: I ZR 86/15]
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Dokument-Nr. 22600
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