alle Urteile, veröffentlicht am 13.05.2015
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.04.2015
- L 5 KR 605/15 -
Schwerstbehindertes Kind hat Anspruch auf häusliche Krankenpflege
AOK muss vorerst Rund-um-die-Uhr-Betreuung des Kindes sicherstellen
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Baden-Württemberg im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, häusliche Krankenpflege für ein schwerstbehindertes Mädchen zu gewähren. Bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache können die Eltern damit eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung ihrer Tochter sicherstellen.
Das zweijährige Kind des zugrunde liegenden Verfahrens leidet an einer schweren Entwicklungsstörung und ist mehrfach geistig und körperlich behindert. Nach einer Operation mit erheblichen Komplikationen wenige Tage nach der Geburt musste das Mädchen vier Monate lang dauerhaft künstlich beatmet werden. Auch danach war noch häufig eine Beatmung erforderlich, insbesondere während der Nachtzeit für bis zu vier Stunden täglich. Die Sauerstoffgabe erfolgte über eine operative Öffnung der Luftröhre am Hals, ein sogenanntes Tracheostoma. Durch diese Öffnung konnte auch Sekret abgesaugt werden, was anfangs noch häufig notwendig war.Zunächst... Lesen Sie mehr
Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.12.2014
- III R 9/14 -
Kindergeldanspruch kann auch für ein "beschäftigungsloses" Kind trotz selbstständiger Tätigkeit bestehen
Tätigkeit des Kindes muss dabei weniger als 15 Wochenstunden umfassen
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass für ein volljähriges Kind unter 21 Jahren, das als arbeitsuchend gemeldet ist und einer selbstständigen Tätigkeit nachgeht, Kindergeld beansprucht werden kann, sofern diese Tätigkeit weniger als 15 Wochenstunden umfasst.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens bezog im Zeitraum November 2005 bis Juli 2006 Kindergeld für ihre Tochter, die als Kosmetikerin selbstständig tätig war. Als die Familienkasse hiervor erfuhr, hob sie die Festsetzung auf und forderte das Kindergeld zurück. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.Der Bundesfinanzhof hob das angefochtene Urteil auf und... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 08.05.2015
- 1 K 94/14 -
Gemeinden dürfen kostenlose Passfotos für Ausweispapiere anbieten
Erstellen der Passbilder ist als nicht eigenständig zu bewertender Teil der Tätigkeit des Bürgeramts als Personalausweisbehörde anzusehen
Das Verwaltungsgericht Münster hat entschieden, dass das Angebot einer Gemeinde, ihren Bürgern bei der Beantragung von Ausweispapieren kostenlos Passfotos anzufertigen, nicht gegen Vorschriften insbesondere der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen verstößt.
Klägerin des zugrunde liegenden Falls war eine Firma, die in der Stadt Vreden ein Foto-Fachgeschäft betreibt. Dort bietet sie unter anderem Passbilder an, die den Anforderungen des biometrischen Personalausweises bzw. Reisepasses entsprechen. Die beklagte Stadt Vreden, die für ihr Gemeindegebiet die zuständige Pass- und Personalausweisbehörde ist, bietet seit 2011 an, erforderliche... Lesen Sie mehr
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Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015
- L 9 U 4750/12 -
Verletzung bei der Bergrettung ist als Arbeitsunfall anzuerkennen
Vorschädigung des Kniegelenks war nicht ursächlich für erlittene Knieverletzung
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Verletzung eines Bergwachtretters, der bei der Rettung eines verunglückten Skispringers eine schwere Knieverletzung erlitten hatte als Arbeitsunfall anerkannt. Nach Auffassung des Gerichts war die in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Tätigkeit als Bergwachthelfer und Rettungsassistent ursächlich für die Verletzung des Knies.
Im zugrunde liegenden Verfahren hatte ein 33-jähriger Mann einen landenden Rettungshubschrauber eingewiesen, der zum Abtransport eines verunfallten Skispringers angefordert worden war. Dabei wurde der Mann vom Abwind der Hubschrauberrotoren, dem sogenannten "down wash" erfasst. Gegen diesen orkanartigen Luftwirbel stemmte sich der Kläger erfolglos an, das rechte Knie knickte weg und... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.10.2014
- VI ZR 125/13 -
BGH: Arzt muss Schwangere grundsätzlich nicht wiederholt auf Möglichkeit eines Kaiserschnitts hinweisen
Nochmalige Aufklärungspflicht besteht nur bei entscheidender Veränderung der Umstände
Bestehen deutliche Anzeichen dafür, dass angesichts des Zustands der Schwangeren bzw. des Geburtsvorgangs ein Kaiserschnitt gegenüber der vaginalen Geburt die bessere Wahl sein kann, so muss der Arzt die werdende Mutter darüber aufklären. Tritt diese ernsthaft für möglich erachtete Entwicklung ein, so muss der Arzt nur dann nochmals über die Möglichkeit eines Kaiserschnitts aufklären, wenn sich die Umstände entscheidend verändert haben. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Schwangere befand sich seit Januar 2005 aufgrund einiger Beschwerden, wie zum Beispiel einer Nierenbeckenentzündung und Schwangerschaftsdiabetes, in stationärer Behandlung. Zu Beginn der Behandlung wurde die Schwangere über die grundsätzliche Möglichkeit eines Kaiserschnitts aufgeklärt. Trotz der Beschwerden entschied sie sich für eine... Lesen Sie mehr
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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 07.04.2015
- 1 BvR 1432/10 -
Doppelbelastung durch Erbschaft- und Einkommensteuer bei Vererbung von Zinsansprüchen verfassungsgemäß
Gesetzgeber darf aufgrund der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer unberücksichtigt lassen
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass es aufgrund der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers mit dem Gebot der steuerlichen Lastengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar ist, eine später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer in dieser Konstellation unberücksichtigt zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat daher eine Verfassungsbeschwerde gegen die Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer bei der Vererbung von Zinsansprüchen mangels Erfolgsaussichten nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Verfahrens ist Alleinerbe seines im Jahr 2001 verstorbenen Bruders. Zum Nachlass von rund 15 Mio. DM gehörten auch bereits aufgelaufene, aber erst im Jahr 2002 fällige Zinsansprüche in Höhe von rund 190.000 DM. Im Jahr 2002 wurde hierfür bei dem Beschwerdeführer Einkommensteuer auf Kapitalerträge von (anteilig) rund 50.000 Euro festgesetzt.... Lesen Sie mehr