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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.09.2015
L 4 KR 276/15 B ER -

Chronische Schmerzerkrankung: Krankenkasse muss Kosten für Cannabis-Extrakt-Tropfen im Einzelfall vorläufig übernehmen

Gericht verurteilt Krankenkasse zur Kostenübernahme bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden, dass eine gesetzliche Krankenkasse im Einzelfall die Kosten für Cannabis- Extrakt-Tropfen zur Behandlung einer schwersten chronischen Schmerzerkrankung vorläufig übernehmen muss.

Der im Jahre 1961 geborene Antragsteller des zugrunde liegenden Verfahrens leidet seit dem 9. Lebensjahr an einem Morbus Bechterew mit progredientem Verlauf und chronischem Schmerz, der nach Darstellung des behandelnden Arztes im Tagesverlauf bis zu nahezu unerträglichem Schmerz zunimmt. Im Laufe der Erkrankung wurden seit 1982 verschiedenste schulmedizinische Versuche mit Analgetika erfolglos unternommen.

Antragsteller verlangt Kostenübernahme für Cannabis-Extrakt-Tropfen durch Krankenkasse

Der Antragsteller verfügt über eine vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)-Bundesopiumstelle- erteilte Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zum Erwerb von Cannabis zu Therapiezwecken. Er beantragte bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme für Cannabis-Extrakt-Tropfen. Die Krankenkasse lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass eine solche Therapie nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehöre.

Leistungsanspruch kann im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens noch nicht mit endgültiger Sicherheit beurteilt werden

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat die Krankenkasse im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtet, die Kosten für die Schmerztherapie mit Cannabis-Extrakt-Tropfen vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung im Fall des Obsiegens der Krankenkasse im Hauptsacheverfahren zu übernehmen. Es könne im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens noch nicht endgültig mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob ein Leistungsanspruch auf das streitbefangene Präparat bestehe. Zwar habe der Antragsteller durch Vorlage ärztlicher Atteste glaubhaft gemacht, dass die Therapie in seinem Falle zur Linderung von massiven Schmerzen erforderlich sei. Auf schulmedizinischem Wege könne dies nicht in ausreichendem Maße erfolgen. Das Gericht stütze jedoch seine Entscheidung auf eine Folgenabwägung, da die Krankenkasse zu Recht einen Sachleistungsanspruch innerhalb des Regelleistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkasse abgelehnt habe. Es handele sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne des § 135 SGB V, für die eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschuss (nach den Richtlinien nach § 92 SGB V) bisher nicht vorliege.

Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache für Antragsteller nicht zumutbar

Allerdings komme - so das Gericht weiter - ein darüber hinausgehender Anspruch aus § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V in Betracht. Zwar liege eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung im Falle des Antragstellers nicht vor. Das Gericht hält es aber für möglich, eine schwerste chronische Schmerzerkrankung dann wertungsmäßig gleichzustellen, wenn sie in ihren (funktionalen) Auswirkungen dem Verlust von herausgehobenen Körperfunktionen gleichsteht. Ob diese Voraussetzungen beim Antragsteller vorliegen, müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden. In Anbetracht der zahlreichen, im Eilverfahren nicht aufklärbaren medizinischen Tatsachenfragen und der bestehenden Schmerzen sei es dem Antragsteller nicht zuzumuten, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) in der Fassung vom 22. Dezember 2011 (gültig seit 1. Januar 2012) zitiert nach juris

§ 2 Leistungen

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.10.2015
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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Kommentare (1)

 
 
Dr. Anette Oberhauser schrieb am 06.11.2015

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat in dieser Entscheidung insbesondere die Eilbedürftigkeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren konkretisiert. Für die besondere Eilbedürftigkeit kommt es darauf an, ob es den Antragstellern zuzumuten ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Unzumutbarkeit liegt beispielsweise vor bei einer konkreten Gefährdung der Existenz oder wenn gar die Vernichtung der Lebensgrundlage droht. Eine Eilbedürftigkeit muss grundsätzlich hinsichtlich einer Regelung für die Zukunft vorliegen. Weiterhin führt das Gericht aus, dass Schmerzen in ihrer Schwere und ihrem Ausmaß eine sehr weite Spanne umfassen. Aufgrund des restriktiven Charakters des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V steht fest, dass mittelschwere oder auch schwerere Schmerzen wie sie beispielsweise Verschleißerkrankungen mit sich bringen, von einer wertungsmäßigen Gleichstellung nicht umfasst ein können. Das Gericht hält es jedoch für geboten, einem schwersten chronischen Schmerzgeschehen, wie es etwa von Tumorerkrankungen oder Wundschmerzen hervorgerufen werden kann, eine wertungsmäßige Gleichstellung nicht von vornherein zu versagen. Die im Sozial- und Medizinrecht spezialisierte Kanzlei Dr. Anette Oberhauser kann Sie in allen Fragen des Sozialversicherungsrechts kompetent beraten und vertreten.

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