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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 13.01.2011
- 17792/07, 20008/07, 27360/04 und 42225/07 -
EGMR bekräftigt Rechtsprechung zu Unzulässigkeit der nachträglichen Verlängerung der Sicherungsverwahrung
Deutschland zur finanziellen Entschädigung verpflichtet
Die nachträglich verlängerte Unterbringung in der Sicherungsverwahrung über die zur Tatzeit zulässige Höchstdauer hinaus stellt eine Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit und eine Verletzung des Grundsatzes "keine Strafe ohne Gesetz" gemäß Artikel 5 § 1und Artikel 7 § 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention dar. Dies entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und sprach drei in Deutschland verurteilten ehemaligen Strafgefangenen finanziell Entschädigung zu.
Die drei Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Falls sind deutsche Staatsbürger. Zwei von Ihnen sind derzeit in der JVA Aachen in Haft; ein Beschwerdeführer lebt in Freiburg.
Hintergrund zur Verurteilung
Alle drei sind mehrfach vorbestraft und wurden zuletzt zu Haftstrafen wegen schwerer
Sicherungsverwahrung allen drei Fällen über Gesamtdauer von zehn Jahren hinaus in verlängert
Nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafen wurden alle drei Beschwerdeführer in der
Gerichte berufen sich auf § 67 d Absatz 3 des Strafgesetzbuches
Die Gerichte beriefen sich auf § 67 d Absatz 3 des Strafgesetzbuches (StGB) in seiner Fassung nach der Änderung von 1998. Mit der Änderung, die auch auf die vor der Neuregelung angeordneten Fälle von
Bundesverfassungsgericht nimmt Beschwerden nicht zur Entscheidung
Alle drei Beschwerdeführer legten Verfassungsbeschwerden gegen diese Gerichtsentscheidungen ein, die das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung annahm. In den Fällen von S. und K. berief sich das Gericht, im März 2004 bzw. Januar 2007, auf sein Leiturteil vom 5. Februar 2004, in dem es festgestellt hatte, dass § 67 d Absatz 3 StGB mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
OLG Köln hält Ausführungen des EGMR zu nachträglichen Verlängerung der Sicherungsverwahrung in zwei Fällen für nicht anwendbar
In späteren Urteilen, im Juli bzw. August 2010, lehnte es das Oberlandesgericht Köln ab, die Unterbringung von M. und K. in der
OLG Karlsruhe erklärt Sicherungsverwahrung im Fall S. für beendet
Im Gegensatz dazu erklärte das Oberlandesgericht Karlsruhe im September 2010 die Unterbringung von S. in der
Beschwerdeführer halten Unterbringung in Sicherungsverwahrung nach verbüßter Freiheitsstrafen für unzulässig
Unter Berufung insbesondere auf Artikel 5 § 1 und Artikel 7 § 1 beklagten sich alle drei Beschwerdeführer über ihre Unterbringung in der
Unterbringung in Sicherungsverwahrung vor Ablauf der Zehnjahresfrist im Sinne von Artikel 5 § 1 (a) zulässig
Alle der Fälle waren, hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs der Geschehnisse, Folgefälle zum Fall M. gegen Deutschland. Der Gerichtshof sah folglich keinen Grund, von seinen Schlussfolgerungen in diesem Urteil abzuweichen. Wie im Fall M. gegen Deutschland war die Unterbringung der Beschwerdeführer in der
Sicherungsverwahrung über Zehnjahresfrist hinaus nicht gerechtfertigt
Im Hinblick auf die
Die fortwährende
Recht auf Freiheit und Sicherheit verletzt
Der Gerichtshof kam daher zu dem Schluss, dass die
Auch Sicherungsverwahrung ist Strafe im Sinne von Artikel 7 § 1
Auch im Hinblick auf die Beschwerden gemäß Artikel 7 § 1 bezog sich der Gerichtshof auf sein Urteil im Fall M. gegen Deutschland. Darin war er zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei der
Gesetzlichen Neuregelung sieht keine Höchstdauer für die Sicherungsverwahrung mehr vor
Nach der gesetzlichen Neuregelung von 1998 gab es keine Höchstdauer mehr für die
Verlängerung der Sicherungsverwahrung stellt zusätzliche Strafe dar
Da die Beschwerdeführer nach der Rechtslage zur Tatzeit nur für eine Höchstdauer von zehn Jahren in der
EGMR mahnt deutsche Gerichte zur Umsetzung der Auslegungen des EGMR aus dem Fall M vom 17. Dezember 2009
Der Gerichtshof nahm zur Kenntnis, dass das Oberlandesgericht Köln die Unterbringung von M. und K. in der
Deutschland zur Zahlung von Entschädigungen verpflichtet
Nach Artikel 41 (gerechte Entschädigung) entschied der Gerichtshof, dass Deutschland K. 30.000 Euro, M. 25.000 Euro und S. 70.000 für den erlittenen immateriellen Schaden zu zahlen hat.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 14.01.2011
Quelle: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte/ra-online
- EGMR: Nachträgliche Anordnung zur Unterbringung eines Strafgefangenen im Gefängnis zu Präventionszwecken unzulässig
(Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 13.01.2011
[Aktenzeichen: 6587/04]) - Nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung über die zulässige Höchstdauer hinaus nicht zulässig
(Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 17.12.2009
[Aktenzeichen: 19359/04])
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Dokument-Nr. 10871
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