alle Urteile, veröffentlicht am 25.04.2018
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 24.04.2018
- C-353/16 -
Opfern von Folterungen kann bei verweigerter Behandlung physischer oder psychischer Gesundheitszustände im Herkunftsland "subsidiärer Schutz" gewährt werden
Rückführung kann Verstoß gegen Europäische Menschenrechtskonvention darstellen
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass einer Person, die in ihrem Herkunftsland in der Vergangenheit Opfer von Folterungen war, "subsidiärer Schutz" gewährt werden kann, wenn die realistische Gefahr besteht, dass ihr in diesem Land eine angemessene Behandlung ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustands absichtlich verweigert wird. Eine Rückführung in dieses Land kann auch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen.
MP, ein srilankischer Staatsangehöriger, reiste im Januar 2005 als Student in das Vereinigte Königreich ein. Im Jahr 2009 stellte er einen Asylantrag, in dem er geltend machte, dass er der Organisation "Befreiungstiger von Tamil Eelam" (Liberation Tigers of Tamil Eelam, LTTE) angehört habe, von den srilankischen Sicherheitskräften inhaftiert und gefoltert worden sei und bei einer Rückkehr nach Sri Lanka Gefahr laufe, erneut misshandelt zu werden. Die britischen Behörden lehnten den Asylantrag von MP ab und verwehrten ihm auch die Gewährung subsidiären Schutzes, da nicht nachgewiesen sei, dass ihm bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland erneut Gefahr drohe.... Lesen Sie mehr
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.01.2000
- 9 AZR 932/98 -
BAG: Bei unterlassener Mitteilung über vorzeitiges Ende einer Schwangerschaft kann Fortführung des Arbeitsvertrags nicht als Schaden geltend gemacht werden
Schadensersatzanspruch umfasst nicht fingierte Kündigung zum Schwangerschaftsende
Unterlässt eine Arbeitnehmerin schuldhaft die Mitteilung über das vorzeitigen Ende der Schwangerschaft, ist in der Fortführung des Arbeitsvertrags kein Schaden zusehen. Durch einen Schadensersatzanspruch kann nicht eine Kündigungserklärung zum Zeitpunkt des Schwangerschaftsendes fingiert werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 1997 informierte eine Arzthelferin ihren Arbeitgeber von ihrer Schwangerschaft. Für den Arbeitgeber kam dies ungelegen, wollte er die Arzthelferin doch kündigen. Im Juni 1997 erlitt die Arzthelferin eine Fehlgeburt, teilte dies ihrem Arbeitgeber aber nicht mit. Nachdem der Arbeitgeber Anfang Januar 1998 von der Fehlgeburt erfuhr, kündigte... Lesen Sie mehr
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 11.04.2018
- L 4 KA 2/15 -
Altersversorgung für Vertragsärzte: Bei Beitragsbemessung müssen hohe Sachkosten berücksichtigt werden
Beiträge dürfen nicht nur auf Umsatz abstellen
Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen verfügt als einzige Kassenärztliche Vereinigung in Deutschland mit der sogenannten Erweiterten Honorarverteilung über eine eigene Altersversorgung für niedergelassene Vertragsärzte. Zum Juli 2012 wurden die Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung dahingehend geändert, dass die Beiträge nach der Honorarhöhe ohne Abzug von Kostenerstattungen festgesetzt werden. Das Hessische Landessozialgericht entschied, dass diese Regelung verfassungswidrig ist, soweit Sachkosten, die bei bestimmten Arztgruppen einen maßgeblichen Anteil des Honorars ausmachten, nicht beitragsmindernd berücksichtig werden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine niedergelassene Fachärztin für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie erbringt im Rahmen ihre vertragsärztliche Tätigkeit insbesondere ambulante Dialysebehandlungen. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen stufte sie für den Zeitraum ab 1. Juli 2013 in die höchste Beitragsklasse ein und setzte den Beitrag je Quartal auf rund 5.800... Lesen Sie mehr
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Landgericht Offenburg, Beschluss vom 15.01.2002
- 8 KLs 5 Js 11475/99 Hw -
Keine ausreichende Identifizierung der Graffiti-Sprüher durch Tag-Schriftzug
Tag-Schriftzug kann durch andere Personen nachgeahmt werden
Der Tag-Schriftzug in der Graffiti-Sprüher-Szene genügt nicht zur Identifizierung der Täter bei einer Sachbeschädigung. Denn der Schriftzug kann von anderen Personen nachgeahmt werden. Dies hat das Landgericht Offenburg entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall wurden mehrere Jugendliche wegen Sachbeschädigungen angeklagt. Den Beschuldigten wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen durch Graffiti die Taten begangen zu haben. Die Staatsanwaltschaft identifizierte die Beschuldigten, die allesamt zu den Tatvorwürfen schwiegen, mittels des Tag-Schriftzuges, die in der Szene als individuelle Unterschrift eines jeden Sprühers gilt.... Lesen Sie mehr
Kammergericht Berlin, Urteil vom 23.11.2017
- 23 U 124/14 -
Google muss im Impressum E-Mail-Adresse für schnellen und unkomplizierten Kontakt angeben
Automatisch erzeugte Standardantwort mit Hinweis auf Online-Hilfen und Kontaktformulare nicht ausreichend
Google darf auf Kunden-Anfragen an die im Impressum genannte E-Mail-Adresse nicht mit einer automatisch erzeugten Standardantwort reagieren, die Verbraucherinnen und Verbraucher lediglich auf Hilfeseiten und andere Kontaktmöglichkeiten verweist. Dies entschied das Kammergericht Berlin nach einer Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen gegen den Internetkonzern und bestätigt damit die Entscheidung des Landgerichts.
Kommerzielle Betreiber von Webseiten sind nach dem Telemediengesetz dazu verpflichtet, ihren Kunden eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation zu ermöglichen - zum Beispiel, für Fragen zum Vertrag oder zu den angebotenen Produkten. Dafür müssen sie eine E-Mail-Adresse angeben.Im zugrunde liegenden Fall entpuppte sich die von Google im Impressum... Lesen Sie mehr
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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.08.2016
- 7 AZR 625/15 -
BAG: Früheres Heimarbeitsverhältnis steht sachgrundloser Befristung eines Arbeitsvertrags nicht entgegen
Heimarbeitsverhältnis stellt kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes dar
Der sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsvertrags steht ein früheres Heimarbeitsverhältnis nicht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) entgegen. Denn ein Heimarbeitsverhältnis stellt kein Arbeitsverhältnis im Sinne dieser Vorschrift dar. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Seit dem Jahr 2007 war eine Frau im Rahmen eines Heimarbeitsverhältnisses für eine Firma tätig, die modische Accessoires aus Asien importierte. Die Aufgabe der Frau bestand in der Umetikettierung der Artikel für den europäischen Markt. Das Heimarbeitsverhältnis wurde befristet eingegangen und zweimal verlängert. Im November 2012 schlossen... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgerichtshof München, Beschluss vom 07.11.2016
- 4 ZB 15.2809 -
Von Gemeinde verlangte Kostenerstattung für Wohnungseinweisung eines Obdachlosen erfordert Kostenbescheid
Gemeinde kann nicht Rechnung ausstellen und dann Klage erheben
Wird eine Person aufgrund drohender Obdachlosigkeit in eine Wohnung eingewiesen, so kann die Gemeinde die Erstattung der an den Wohnungseigentümer gezahlten Nutzungsentschädigung nur mittels Kostenbescheids von der eingewiesenen Person verlangen. Eine Rückzahlung kann nicht mittels Rechnung und Klage verlangt werden. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof München entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Aufgrund drohender Obdachlosigkeit wurde eine Familie im Oktober 2012 durch die Gemeinde im Rahmen der Gefahrenabwehr in deren bisherige Mietwohnung befristet auf drei Monate eingewiesen. Die Eigentümer der Wohnung erhielten aufgrund dessen eine Nutzungsentschädigung in Höhe von insgesamt fast 1.700 EUR. Diese Kosten verlangte die Gemeinde... Lesen Sie mehr
Sozialgericht Koblenz, Urteil vom 05.04.2018
- 4 VJ 4/15 -
Narkolepsie ist als Impfschaden nach Schweinegrippeimpfung anzuerkennen
Zahlreiche Fälle dokumentieren europaweit Zusammenhang zwischen Impfung und Narkolepsie
Wer im Anschluss an eine Impfung gegen Schweinegrippe im Jahr 2009 an Narkolepsie, auch Schlafkrankheit genannt, erkrankt ist, kann Anspruch auf Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz haben. Dies entschied das Sozialgericht Koblenz.
Im Jahr 2009 wurde weltweit vor den Folgen der Schweinegrippe gewarnt und die Bevölkerung aufgefordert, sich impfen zu lassen. Die seinerzeit zwölfjährige Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens unterzog sich deshalb ebenfalls einer Influenzaimpfung. Einige Monate nach der Impfung traten bei ihr Müdigkeit und weitere Symptome auf, die erst einige Jahre später als erste Anzeichen... Lesen Sie mehr
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018
- 5 AZR 25/17 -
Übergangsregelung zum Mindestlohn für Zeitungszusteller verfassungsgemäß
Bei dauerhafter Zeitungszustellung in Nachtarbeit besteht Anspruch auf Nachtarbeitszuschlag in Höhe 30 %
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG, die für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller einen bis zum 31. Dezember 2015 auf 75 %, ab dem 1. Januar bis zum 31. Dezember 2016 auf 85 % herabgesetzten und für das Jahr 2017 auf 8,50 Euro festgesetzten gesetzlichen Mindestlohn vorgesehen hat, verfassungsgemäß ist und insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Erfolgt die Zeitungszustellung dauerhaft in Nachtarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, haben Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % des ihnen je Arbeitsstunde zustehenden Mindestlohns, sofern nicht eine höhere Vergütung vereinbart ist.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist seit 2013 bei der Beklagten als Zeitungszustellerin beschäftigt. Sie arbeitet mehr als zwei Stunden ausschließlich zur Nachtzeit und stellt die Zeitungen bis spätestens 6 Uhr morgens zu. Arbeitsvertraglich vereinbart sind eine Vergütung auf Stücklohnbasis und ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % auf den Stücklohn. Tatsächlich zahlte die... Lesen Sie mehr