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Landgericht Itzehoe, Urteil vom 15.03.2011
- 5 O 66/10 -
Landgericht Itzehoe untersagt irreführende Werbung für "Genussrechte" in Flyern und Prospekten eines Kapitalanlageprodukts
Risiken im Flyer und im Kurzprospekt nicht bzw. nur unzureichend dargestellt
Ein Unternehmen, das als „Genussrechte“ bezeichnete Kapitalanlageprodukte an private Anleger vertreibt, hat Werbeaussagen in seinem Flyer und seinem Kurzprospekt zu unterlassen, die die Sicherheit und Wertbeständigkeit der Genussrechte einseitig hervorheben und nicht zugleich auf etwaige mit der Anlage einhergehende Risiken hinweist. Dies entschied das Landgerichts Itzehoe.
Im zugrunde liegenden Fall bewarb die Beklagte seit Beginn des Jahres 2010 die Genussrechte im gesamten Bundesgebiet in erheblichem Umfang in verschiedener Form, u. a. mit so genannten „Flyern“ und Kurzprospekten.
Der „Flyer“ enthielt u. a. Aussagen wie: „Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“; „...wenn Sie wissen möchten, wohin Ihr Erspartes fließt, und nach einer Geldanlage suchen, die Ihnen Sicherheit und Stabilität bietet, liegen Sie mit den […] Genussrechten goldrichtig: Investieren Sie in die […] Windparks und damit in reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte.“; „Sicherheit zum Anfassen!“; „Maximale Flexibilität“; „Sichere Einnahmen“.
In dem Kurzprospekt über die Genussrechte hieß es z.B.: „Maximale Sicherheit durch breite Streuung des Genussrechtskapitals....“; „Die Investition in Sacheinlagen [...] sorgt für eine hohe Wertstabilität und Sicherheit Ihrer Geldanlage“; „Wie bei einer Sparanlage erhalten Sie für Ihr Geld jährlich Zinsen“; „Dadurch bieten wir Ihnen ein Höchstmaß an Sicherheit“.
Verbraucherschutzorganistation mahnt Beklagte wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens ab
Im Rahmen seiner Tätigkeit als Verbraucherschutzorganistation erlangte der Kläger durch Nachfragen verschiedener Verbraucher Kenntnis von dieser
Landgericht untersagt unter Androhung von Ordnungsgeld Werbung für Genussscheine oder Genussrechte in Flyern oder Prospekten
Das Landgericht Itzehoe hat dem Kläger den begehrten Unterlassungsanspruch gewährt. Sie hat der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000 Euro untersagt, für Genussscheine oder Genussrechte in Flyern oder Prospekten zu werben, wenn in der
„Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“ und/oder „Geldanlage (....), die Ihnen Sicherheit und Stabilität bietet“ und/oder „Investieren Sie in (...) reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte“ und/oder „Sicherheit zum Anfassen“ und/oder „Grünes Sparbuch“ und/oder „Wie bei einer Sparanlage“ und/oder „Maximale Sicherheit“ und/oder „Höchstmaß an Sicherheit“ und/oder „Hohe Wertstabilität und Sicherheit“ und/oder „Sicherheit auch bei steigender Inflation“,
wenn nicht zugleich auf etwaige damit einhergehende Risiken, insbesondere das Risiko eines Totalverlustes, die fehlende Einlagensicherung und die nicht gesicherten Zinszahlungen hingewiesen wird.
Werbung mit Formulierung „Maximale Flexibilität“ untersagt
Sie hat es der Beklagten außerdem untersagt, für Genussscheine oder Genussrechte in Flyern oder Prospekten zu werben, indem wörtlich die Formulierung „Maximale Flexibilität“ verwendet wird, wenn eine Rückgabemöglichkeit für den Anleger frühestens nach drei Jahren besteht.
Werbung verstößt gegen unlauteren Wettbewerb
Das Gericht führte zur Begründung aus, dass die Beklagte mit der beanstandeten
Wichtige Aussagen dürften nicht unverständlich oder abgeschwächt dargestellt werden
Das Gericht führte weiter aus, dass mögliche Vorteile eines Finanzinstrumentes nur hervorgehoben werden dürften, wenn gleichzeitig eindeutig auf etwaige damit einhergehende Risiken verwiesen werde, wichtige Aussagen dürften nicht unverständlich oder abgeschwächt dargestellt werden, ein Vergleich von Finanzinstrumenten müsse aussagekräftig und die Darstellung ausgewogen sein.
Werbeaussagen stellten nur einseitig Vorteile der Genussscheine heraus
Die Aussagen „Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“, „Geldanlage, die Sicherheit und Stabilität bietet“, „(Investition) in reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte“, „Sicherheit zum Anfassen“ und „sichere Einnahmen“ stellten einseitig Vorteile der Genussscheine heraus, ohne gleichzeitig auf vorhandene Risiken einer derartigen Anlage hinzuweisen. Die Genussrechte enthielten nämlich durchaus - worauf die Beklagte in ihrem Hauptprospekt selbst hinweise - unter bestimmten Umständen das Risiko der Nichtverzinsung bis zum Risiko des Totalverlustes. Dass die Beklagte in ihrem Hauptprospekt auf diese Risiken hinweise, genüge nach den Ausführungen des Gerichts den Voraussetzungen, die an eine umfassende Verbraucherinformation gestellt werden müssen, nicht, da diese Risiken im Flyer und im Kurzprospekt nicht bzw. nur unzureichend dargestellt würden.
Anleger muss in der Werbung über nicht gegebene vollständige Sicherheit aufgeklärt werden
Auch die
Anleger wird nicht durch Beteiligungen an Sachwerten abgesichert
Auch die Aussage „(Investition) in reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte“ sei für den durchschnittlich verständigen Anleger irreführend. Dieser gehe davon aus, dass er mit dem Kauf der Genussscheine tatsächlich und unmittelbar in Windkrafträder oder andere bestehende oder entstehende Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien investiere und damit Sachwerte erwerbe. Tatsächlich diene das eingeworbene Genussrechtskapital lediglich zur Finanzierung derartiger Projekte, ohne dass die einzelnen Anleger durch Beteiligungen an den Sachwerten abgesichert wären.
Mindesthaltefrist von drei Jahren stellt bei Anlage keine maximale Flexibilität dar
Schließlich seien die von der Beklagten vertriebenen Genussscheine auch keine flexiblen Anlagen, schon gar nicht – wie beworben – „maximal flexibel“. Einem durchschnittlich informierten Anleger seien z. B. Tages- oder Festgeldanlagen mit einer bestimmten Laufzeit, aber auch die kurzfristige Verfügbarkeit von Spareinlagen auf einem Sparbuch mit entsprechenden, kurzen Kündigungsfristen bei größeren Abhebungen bekannt. Wenn demgegenüber eine Mindesthaltefrist von drei Jahren vorgesehen sei, so sei die Anlage hier nicht flexibel, schon gar nicht maximal flexibel, was schnellste Verfügbarkeit bedeute.
Genussrechte bieten keinen vergleichbaren Sicherheitsstandard wie Sparbücher oder Spareinlage bei der Bank oder Sparkasse
Auch die Verwendung der Aussagen „Genussrechte als „grünes Sparbuch““ und der Vergleich „wie bei einer Sparanlage“, so wie sie die Beklagte im Kurzprospekt verwende, seien aus den o. g. Gründen irreführend. Einen vergleichbaren Sicherheitsstandard wie Sparbücher oder eine Spareinlage bei einer Bank oder Sparkasse böten die Genussrechte nicht.
Weiter hat das Gericht ausgeführt, dass die Beklagte auch nicht damit gehört werden könne, dass sich aus der besonderen Art der Anlage eine relative Sicherheit von selber ergebe. Zwar sei der Beklagten zuzugeben, dass aufgrund der augenblicklichen, tatsächlichen und gesetzlichen Gegebenheiten, insbesondere aufgrund gesetzgeberischer Maßnahmen die Technologie der erneuerbaren Energien eine besondere Förderung erfahre. Dennoch unterliege der Betrieb einer Windkraftanlage oder einer anderen Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energie auch dem unternehmerischen Risiko, der beispielsweise in Beschädigung oder Zerstörung der Anlage oder falscher Geschäftsführung der Anlagenbetreiber auftreten könne.
Geschilderte Risiken widersprechen teilweise oberflächlichen Aussagen im Flyer und im Kurzprospekt
Schließlich könne sich die Beklagte auch nicht darauf zurückziehen, dass sie im Hauptprospekt über sämtliche Risiken der Genussscheine zutreffend aufgeklärt habe. Diese Aufklärung erfolge an einer Stelle, die ein Großteil der durch die
Wiederholungsgefahr auch nach Änderung der Werbematerialien gegeben
Abschließend hat das Gericht festgestellt, dass sich der Rechtsstreit auch nicht dadurch erledigt habe, dass die Beklagte im Laufe des Jahres 2010 ihre
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.03.2011
Quelle: Landgericht Itzehoe/ra-online
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Dokument-Nr. 11352
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