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Hamburgisches Verfassungsgericht, Urteil vom 27.04.2007
HVerfG 3/06, HVerfG 4/06 -

Hamburger Wahlgesetz teilweise verfassungswidrig

Gesetzgeber muss Wahl der Wahlkreiskandidaten neu regeln

In dem Normenkontrollverfahren von 58 Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft (Michael Neumann, Christa Goetsch u.a.) gegen Senat und Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg (Az.: HVerfG 4/06) und in dem Organstreitverfahren der Volksinitiative „Mehr Bürgerrechte, ein neues Wahlrecht für Hamburg“ gegen die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg (Az.: HVerfG 3/06) hat das Hamburgische Verfassungsgericht seine Urteile verkündet.

Dem Antrag der Antragsteller im Normenkontrollverfahren hat das Hamburgische Verfassungsgericht nur teilweise stattgegeben (Ziffer 2.): Nur die mit dem neuen Wahlrecht geschaffene Relevanzschwelle für die Wahlkreiskandidaten bei der Bürgerschaftswahl ist verfassungswidrig. Demgegenüber ist das Gesetz zur Änderung des Wahlrechts nicht in seiner Gesamtheit wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Organtreue verfassungswidrig.

Den Antrag der Volksinitiative im Organstreitverfahren hat das Hamburgische Verfassungsgericht wegen fehlender Parteifähigkeit der Volksinitiative als unzulässig zurückgewiesen (Ziffer 3.).

1. Gegenstand der Verfahren

Gegenstand beider Verfahren war die Änderung des Wahlrechts für die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft und für die Wahl zu den Bezirksversammlungen durch Änderungsgesetz vom 19. Oktober 2006.

Dabei ging es zum einen um die Frage, ob die Bürgerschaft in der laufenden Wahlperiode berechtigt war, ein Gesetz zu beschließen, mit dem das im Wege eines Volksentscheides 2004 beschlossene Wahlrecht geändert wird. Die Antragsteller im Normenkontrollverfahren und die Antragstellerin im Organstreitverfahren haben sich darauf berufen, dass die Bürgerschaft den ungeschriebenen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Organtreue gegenüber der Volksinitiative bzw. dem Volksgesetzgeber verletzt habe, weil die wesentlichen Elemente des volksbeschlossenen Wahlrechts ohne eine sachliche und hinreichend nachvollziehbare Abwägung wieder beseitigt worden seien.

Darüber hinaus war die Verfassungsmäßigkeit einzelner Bestimmungen des von der Bürgerschaft beschlossenen Gesetzes zur Änderung des Wahlrechts strittig.

Dazu gehörte insbesondere die Einführung der so genannten Relevanzschwelle (§ 4 Abs. 3 des Wahlgesetzes). Danach können Kandidaten in den Wahlkreisen nur dann abweichend von der Reihenfolge der Wahlkreisliste einen Sitz bekommen, wenn diese jeweils mehr Persönlichkeitsstimmen erhalten haben als 30 vom Hundert der Wahlzahl (Quotient aus der Zahl der insgesamt im Wahlkreis abgegebenen gültigen Wahlkreisstimmen und der Zahl der im Wahlkreis zu vergebenden Sitze).

Des Weiteren wurde die Fünfprozentklausel für die Wahl zu den Bezirksversammlungen wieder eingeführt.

2. Urteil im Normenkontrollverfahren: Relevanzschwelle verfassungswidrig

Der Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichts Wilhelm Rapp führte in der mündlichen Urteilsbegründung zum Normenkontrollverfahren (Az.: HVerfG 4/06) aus:

Das Gesetz zur Änderung des Wahlrechts sei nicht in seiner Gesamtheit nichtig. Eine Verletzung der aus dem Grundsatz der Organtreue folgenden Pflichten der Bürgerschaft gegenüber dem Volksgesetzgeber sei nicht festzustellen. Die parlamentarischen Diskussions- und Abstimmungsprozesse seien in der Bürgerschaft durchgeführt worden. Dabei lägen hinreichende abwägende Ausführungen vor, nach denen die Bürgerschaft sich mit dem volksbeschlossenen Wahlrecht in der Sache auseinandergesetzt und den Volkswillen berücksichtigt habe. Eine Bewertung der von der Bürgerschaft getroffenen Entscheidung selbst sei hingegen nicht Sache des Verfassungsgerichts, sondern der politischen Willensbildung vorbehalten.

Nur die mit dem Gesetz zur Änderung des Wahlrechts eingefügte Relevanzschwelle für die Personenwahl der Wahlkreiskandidaten bei der Bürgerschaftswahl sei verfassungswidrig. Zwar sei die Regelung mit dem Grundsatz der Wahlgleichheit nach Art. 6 Abs. 2 Hamburgische Verfassung (HV) zu vereinbaren. Es handele sich um eine zulässige Ausgestaltung eines Wahlsystems mit nur eingeschränkt offenen Wahlkreislisten. Die Regelung verstoße jedoch gegen das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit nach Art. 3 Abs. 1 HV. Das Gebot der Normenklarheit fordere, dass die von einer gesetzlichen Regelung Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einzurichten vermögen. Dies gelte in besonderem Maße für Wahlrechtsregelungen. Der Wähler müsse vor dem Wahlakt erkennen können, wie sich die Stimmabgabe auf Erfolg oder Misserfolg der Wahlbewerber auswirken könne. Die Relevanzschwelle stelle für die Möglichkeit, die Listenreihenfolge durch Persönlichkeitsstimmen zu verändern, eine Hürde dar, die zwar theoretisch und auch faktisch überschritten werden könne. Die Relevanzschwelle sei jedoch derart hoch, dass für deren Überschreiten in sehr weitreichendem Umfang Stimmenhäufungen auf einen Kandidaten erforderlich seien. Damit spiegelten die nach dem Wahlgesetz eröffneten Handlungsmöglichkeiten des Kumulierens und Panaschierens von Persönlichkeitsstimmen dem Wähler ein falsches Bild vor: Er könne nicht erkennen, dass diese Handlungsmöglichkeiten wegen der Höhe der Relevanzschwelle eher theoretischer Natur seien. Dadurch würden die Handlungsmöglichkeiten des Wählers intransparent.

Darüber hinaus sei die Regelung auch für den Wähler, der seine Wahlkreisstimmen als Listenstimmen an Wahlkreislisten in ihrer Gesamtheit gebe, nicht hinreichend klar, weil die Listenstimmen keinen Einfluss auf die Listenreihenfolge hätten.

Das Gericht weise darauf hin, dass auch nach dem volksbeschlossenen Wahlrecht die Listenstimmen keinen Einfluss auf die Listenreihenfolge hätten und das volksbeschlossene Wahlrecht daher in diesem Punkt ebenfalls nicht hinreichend klar sei. Es bleibe daher Aufgabe des Gesetzgebers, für eine verfassungsgemäße Regelung zu sorgen, die der Normenklarheit genüge. In Ansehung sowohl der bereits laufenden Wahlvorbereitungen als auch der sonst drohenden Wahlanfechtungen werde der Gesetzgeber diese Aufgabe schnellstmöglich zu erfüllen haben.

Die Fünfprozentklausel für die Wahl zu den Bezirksversammlungen sei verfassungsgemäß. Die für die Zulässigkeit einer Fünfprozentklausel maßgeblichen Verhältnisse hätten sich nicht maßgeblich geändert.

3. Urteil im Organstreitverfahren: Antrag der Volksinitiative unzulässig

Der Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichts führte in der mündlichen Urteilsbegründung zum Organstreitverfahren (Az.: HVerfG 3/06) aus:

Die Volksinitiative sei nach Abschluss des Volksgesetzgebungsverfahrens nicht mehr parteifähig. Das Gesetzesinitiativrecht der Volksinitiative sei mit der Verkündung des Volkswahlgesetzes umgesetzt und das Volksgesetzgebungsverfahren damit abgeschlossen worden. Weitergehende verfassungsrechtliche Kompetenzen als diejenigen, die der Durchführung des Volksgesetzgebungsverfahrens bis zu dessen Abschluss dienten, würden der Volksinitiative durch Art. 50 HV nicht gewährt. Mangels aktuell vorhandener verfassungsrechtlicher Kompetenzen könne die Volksinitiative daher eine Verletzung des Grundsatzes der Organtreue nicht rügen.

4. Keine Einstimmigkeit

Beide Urteile sind nicht einstimmig ergangen.

Dem Urteil im Normenkontrollverfahren ist eine abweichende Meinung beigefügt, in der zwei Mitglieder des Verfassungsgerichts ausführen, dass die Bürgerschaft die aus dem Grundsatz der Organtreue folgenden Pflichten der Auseinandersetzung und Berücksichtigung im Hinblick auf das volksbeschlossene Wahlgesetz verletzt habe.

Dem Urteil im Organstreitverfahren ist eine abweichende Meinung beigefügt, in der zwei Mitglieder des Verfassungsgerichts ausführen, dass sie die Parteifähigkeit der Volksinitiative aus Gründen der Rechtsschutzgewährung bejahen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 02.05.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Hamburgischen Verassungsgerichts vom 27.04.2007

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