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Landgericht Berlin, Urteil vom 12.08.2002
- 23 O 539/01 -
Misslungene Haarfärbung: Friseur muss Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlen
Lebensbeeinträchtigung aufgrund einer misslungenen Haarfärbung
Durch eine misslungene Haarfärbung sah sich eine Frau derart geschädigt, dass sie Klage wegen Körperverletzung gegen die Inhaber eines Friseursalons und deren Auszubildende erhob und erheblichen Schadensersatz sowie Schmerzensgeld forderte. Das Landgericht Berlin gab der Klage teilweise statt, wies aber weitergehende Forderungen als unverhältnismäßig ab.
Im zugrunde liegenden Fall musste die Klägerin ihre zunächst langen und lockigen Haare infolge eines misslungenen Haarfärbevorgangs auf Kinnlänge kürzen lassen, wodurch sie negative Folgen für ihr Privat- und Berufsleben befürchtete. Nachdem die Mitarbeiterin des Friseursalons, die erst kurz zuvor ihre Gesellenprüfung absolviert hatte, mehrere Nachbesserungsversuche der ersten Färbung unternommen hatte, wurde das Haar so stark geschädigt, dass nur noch eine Kürzung in frage kam.
Geschädigte will sich 3 Jahre nicht mehr auf die Straße trauen können
Die Geschädigte sah sich dadurch derart entstellt, dass sie äußerte, sich für drei Jahre nicht mehr auf die Straße zu trauen. Sie gab außerdem an, als Mitarbeiterin eines Fernsehsenders auf ihr Äußeres angewiesen zu sein und nun um ihr berufliches Fortkommen bangen zu müssen. Außerdem sei ihr die Chance auf eine Tätigkeit als Moderatorin verbaut und ihrer derzeitigen Beschäftigung als Modell könne sie jetzt auch nicht mehr nachgehen. Als Folge des Ärgers über den Zustand ihrer Frisur habe es zudem Streit zwischen ihr und ihrem Freund gegeben, der schließlich zum Scheitern der Beziehung geführt habe.
Erhebliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen
Die Klägerin forderte über 5.000,- DM Schadensersatz, die sich aus verschiedenen Korrekturbehandlungen und Haarverlängerungen ergeben hätten. Außerdem hielt sie zusätzlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,- DM für angemessen.
Beklagte: Kundin habe trotz Warnung auf Korrekturbehandlungen bestanden
Die Mitarbeiterin gab zu ihrer Verteidigung an, sie habe vor jedem erneuten Nachbesserungsvorgang auf mögliche Risiken für die Haare hingewiesen und schließlich sogar davon abgeraten. Die Klägerin habe jedoch auf die Durchführung bestanden. Zudem gab die Auszubildende an, ihre Tätigkeit sei unter ständiger Aufsicht weiterer Kollegen erfolgt.
Lebensbeeinträchtigung aufgrund zu kurzer Haare
Nach Ansicht des Landgerichtes Berlin war die Klage teilweise begründet. Jedoch belaufe sich der Anspruch auf Schadensersatz (§ 823 Abs. 1 BGB) und Schmerzensgeld (gemäß §§ 831 Abs. 1, 847 Absatz 1 BGB) auf insgesamt lediglich 673,- DM (344,10 Euro). Dieser Betrag setzte sich aus einem Schmerzensgeld von 500,- DM und einem Schadensersatzanspruch von 173,- DM zusammen. Jeder weitergehende Anspruch bestehe nicht.
Körperverletzung
Das Gericht stellte fest, dass die Nachbesserungsversuche eine rechtswidrige
Umfang des Schmerzensgeldes
Ein Schmerzensgeld solle dem Geschädigten einen Ausgleich für nicht vermögensrechtliche Schäden bieten und dem Geschädigten Genugtuung für das bieten, was ihm angetan wurde, führte das Gericht aus. Im vorliegenden Fall konnte das Gericht die von der Klägerin angeführten negativen Folgen für ihren Beruf nachvollziehen. Dass sich ihre Aussichten, an einem Casting für Moderatorinnen teilzunehmen, durch die kurzen Haare verschlechtert hätten, sei in dem Schmerzensgeldbetrag berücksichtigt. Die Lebensbeeinträchtigung durch zu kurze Haare sei jedoch im Verhältnis zu anderen möglichen Körperverletzungen als geringfügig zu bewerten, so dass ein höheres Schmerzensgeld unangemessen wäre. Der hier vorliegenden Fall sei nicht vergleichbar mit dem Fall, den das Oberlandesgericht Köln zu entscheiden hatte und in dem der Klägerin wegen einer misslungen Haarbehandlung 3.000,- DM Schmerzensgeld zugesprochen worden waren (OLG Köln, Urteil v. 07.01.2000 - 19 U 62/99 - = MDR 2000, 678). Dort waren die Haare der Klägerin so nachhaltig geschädigt worden, dass sie an der Wurzel abgebrochen seien und die Klägerin über einen längeren Zeitraum eine Perücke habe tragen müssen.
Trennung vom Freund
Nicht nachvollziehbar war für das Gericht die Behautpung der Klägerin, dass sie um ihr berufliches Fortkommen habe bangen müssen. Auch dass es zu einer Trennung von ihrem Freund gekommen sei, sei unerheblich.
Ansprüche bestehen gegen Friseursalon, da verantwortliche Mitarbeiterin noch als Auszubildende galt
Der Anspruch bestehe gegen die Inhaber des Friseursalons, da die Auszubildende zum Zeitpunkt des Verschuldens den Gesellenbrief noch nicht überreicht bekommen hatte und damit als Verrichtungsgehilfin der Saloninhaber galt und in Ausführung der Verrichtung den Schaden verursacht hatte. Auch der Schadensersatzanspruch wegen Forderungsverletzung des Friseurvertrages, in Höhe der Kosten des ersten Haarschnitts und der Korrekturen, bestehe gegen die Inhaber des Salons, da sie für das Verschulden der Auszubildenden nach § 278 BGB haften.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 09.12.2011
Quelle: ra-online, Landgericht Berlin (vt/st)
Jahrgang: 2004, Seite: 1326 VersR 2004, 1326
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Dokument-Nr. 11668
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