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Bundessozialgericht, Urteil vom 22.07.2011
- B 3 KS 5/10 R -
Werbefinanzierter Online-Journalismus: Für Autor besteht Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz
Werbeeinnahmen stehen in mittelbaren Zusammenhang zu journalistischer Arbeit und sind als Einnahmen aus publizistischer Tätigkeit zu werten
Für Online-Journalisten, die Ihre Tätigkeit überwiegend durch den Verkauf von Werbeflächen auf einer eigenen Website und in geringem Umfang über Honorare aus der Veräußerung verfasster Beiträge an andere Website-Betreiber finanziert, besteht eine Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG). Dies entschied das Bundessozialgericht.
Der Kläger des zugrunde liegenden Falls begehrt von der beklagten
BSG bejaht Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz
Das Bundessozialgericht gab der Revision des Klägers stattgegeben, die vorinstanzlichen Urteile geändert und die Versicherungspflicht des Klägers nach dem
Auch Einnahmen aus Verkauf von Werbeflächen auf Website finden bei Künstlersozialversicherungspflicht Berücksichtigung
Der Kläger übt eine selbständige publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig, d.h. mit der Absicht aus, ein über der Geringfügigkeitsgrenze des § 3 Künstlersozialversicherungsgesetz liegendes Einkommen zur Finanzierung seines Lebensunterhalts zu erzielen und unterliegt daher der Versicherungspflicht nach dem
Zwischen Werbeinnahmen und primärer publizistischer Arbeit besteht untrennbarer wirtschaftlicher und inhaltlicher Zusammenhang
Analog zu dem in § 14 SGB IV definierten Begriff des Arbeitsentgelts, der alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung erfasst, unabhängig davon, ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden, ist auch der Begriff des Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV) "aus einer selbständigen künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit" auszulegen. Zwischen den vom Kläger aus dem Verkauf von Werbeflächen erzielten Einnahmen und seiner primären publizistischen Arbeit besteht ein untrennbarer wirtschaftlicher und inhaltlicher Zusammenhang, aufgrund dessen die "Werbeeinnahmen" dem von einem Verlag oder einer Redaktion für eine publizistische Leistung gezahlten Honorar vergleichbar und somit als Einnahmen "aus" publizistischer Tätigkeit zu werten sind. Wirtschaftlich ist die Refinanzierung einer über das Trägermedium "Internet" ausgeübten journalistischen Tätigkeit durch Werbeeinnahmen wegen der dort vorherrschenden kostenfreien Verfügbarkeit von Informationen ("Gratiskultur") eine notwendige Bedingung für die Ausübung dieser Tätigkeit. Inhaltlich ist der Erfolg der Werbung abhängig von der Websitefrequentierung, die wiederum durch die dort veröffentlichen Inhalte beeinflusst wird. Die in den Steuerbescheiden vorgenommene Einstufung der Einnahmen aus dem Verkauf der Werbeflächen als Einnahmen aus Gewerbebetrieb trifft nicht zu und ist aufgrund der abweichenden Zweckbestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes nicht bindend.
Vorliegend handelt es sich um besonderen Fall der Selbstvermarktung
Der Versicherungspflicht nach dem
Hinweise zur Rechtslage:
§ 1 KSVG
Selbständige
1. die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und
2. im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.
§ 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG
Versicherungsfrei nach diesem Gesetz ist, wer in dem Kalenderjahr aus selbständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit voraussichtlich ein Arbeitseinkommen erzielt, das 3.900 Euro nicht übersteigt.
§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV
Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
§ 15 Abs. 1 SGB IV
Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommenssteuerrecht zu bewerten ist.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.07.2011
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online
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Dokument-Nr. 12013
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