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Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2011
VIII ZR 215/10 -

Gebrauchtwagenverkauf durch GmbH: Auch "branchenfremdes" Nebengeschäft unterliegt Vorschriften über Verbrauchsgüterkauf

Bundesgerichtshof zum Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs

Der Verkauf eines Gebrauchtwagens durch eine GmbH an einen Verbraucher unterliegt grundsätzlich auch dann den Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB*), wenn es sich hierbei um ein für die GmbH "branchenfremdes" Nebengeschäft handelt. Dies entschied der Bundesgerichtshof.

Im zugrunde liegenden Fall kaufte der Ehemann der Klägerin im Dezember 2006 von der Beklagten, einer im Bereich der Drucktechnik tätigen GmbH, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung einen gebrauchten Pkw zum Preis von 7.540 Euro. Nach Übergabe und Bezahlung des Fahrzeugs erklärte der Ehemann der Klägerin mit Anwaltsschreiben im Januar 2007 die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung, die Beklagte habe ein Klappergeräusch im Motorbereich verschwiegen. Die Beklagte erwiderte, das Fahrzeug sei zum Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei gewesen, wies die Anfechtung zurück und lehnte die Rückabwicklung des Kaufvertrags ab.

Kläger verlangt Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs

Mit ihrer Klage hat die Klägerin aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns die Beklagte auf Zahlung von 7.540 Euro nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs sowie Feststellung des Annahmeverzugs in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage weitgehend stattgegeben.

Verkauf beweglicher Sachen durch GmbH kann unter Bestimmungen über Verbrauchsgüterkauf fallen

Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden erstinstanzlichen Urteils. Der zuständige VIII Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Anschluss an die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats zum Verbraucherdarlehensvertrag entschieden, dass auch der Verkauf beweglicher Sachen durch eine GmbH im Zweifel zum Betrieb des Handelsgewerbes der GmbH gehört (§ 344 Abs. 1 HGB**) und damit, auch soweit es sich um branchenfremde Nebengeschäfte handelt, unter die Bestimmungen der §§ 474 ff. BGB* über den Verbrauchsgüterkauf fällt. Es ist nicht erforderlich, dass der Geschäftszweck der Handelsgesellschaft auf den Verkauf von Gegenständen gerichtet ist. Da die Beklagte die gesetzliche Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB nicht widerlegt hat, handelt es sich auch im vorliegenden Fall um ein Unternehmergeschäft im Sinne der §§ 14, 474 BGB*, so dass der Beklagten die Berufung auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss verwehrt ist.

Käufer hätte GmbH Frist zur Nacherfüllung setzen müssen

Gleichwohl hatte die Klage keinen Erfolg. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Sachmangels des Fahrzeugs scheiterte daran, dass der Ehemann der Klägerin der Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte. Eine Fristsetzung war nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat, im vorliegenden Fall entbehrlich. Die tatrichterlichen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Beklagte die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hätte.

Erläuterungen

* - § 474 BGB: Begriff des Verbrauchsgüterkaufs

(1) Kauft ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache (Verbrauchsgüterkauf), gelten ergänzend die folgenden Vorschriften. Dies gilt nicht für gebrauchte Sachen, die in einer öffentlichen Versteigerung verkauft werden, an der der Verbraucher persönlich teilnehmen kann.

(2) (…)

* - § 14 BGB: Unternehmer

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

** - § 344 HGB: [Vermutung für das Handelsgeschäft]

(1) Die von einem Kaufmanne vorgenommenen Rechtsgeschäfte gelten im Zweifel als zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehörig.

(2) (…)

 

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.07.2011
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Vorinstanzen:
  • Landgericht Darmstadt, Urteil vom 15.10.2007
    [Aktenzeichen: 1 O 95/07]
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22.07.2010
    [Aktenzeichen: 22 U 232/07]
Aktuelle Urteile aus dem Kaufrecht
Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: JuristenZeitung (JZ)
Jahrgang: 2012, Seite: 147
JZ 2012, 147
 | Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2011, Seite: 967
MDR 2011, 967
 | Zeitschrift für Vertragsgestaltung, Schuld- und Haftungsrecht (ZGS)
Jahrgang: 2011, Seite: 406
ZGS 2011, 406

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