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Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.10.2010
- Xa ZR 15/10 -
Flugverspätung: BGH zur Bemessung des Ausgleichsanspruchs bei Annullierung eines Zubringerflugs auf einem Flug mit mehreren Teilstrecken
Bei Annullierung eines Teilstreckenflugs hat Reisender Anspruch auf Kostenerstattung für Gesamtstrecke
Kommt es bei Flugreisen mit mehreren Teilstrecken zur Annullierung eines Zubringerfluges, hat der Reisende nicht nur Anspruch auf Ausgleichszahlung für eine Teilstrecke, sondern kann eine Entschädigung für die gesamte Strecke verlangen. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
Das klagende Luftverkehrsunternehmen KLM macht einen nach Grund und Höhe unstreitigen Anspruch auf Vergütung für einen Flug von Berlin über Amsterdam nach Curaçao und zurück nach Amsterdam geltend. Der Beklagte hat gegenüber der auf Zahlung des Flugpreises und Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten gerichteten Klage mit einem Anspruch auf
Fluggesellschaft nicht von Zahlungen wegen außergewöhnlicher Umstände laut Fluggastrechteverordnung befreit
Das Amtsgericht Berlin-Spandau hat den Gegenanspruch des Beklagten in Höhe von 600 Euro pro Person als begründet angesehen und deshalb die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist im Ergebnis erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Beklagte für jede Teilstrecke einen gesonderten
Für Bemessung der Ausgleichszahlung ist nicht nur Entfernung zum Zielort des annullierten Zubringerflugs maßgeblich
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat er – anders als das Berufungsgericht und ähnlich wie das Amtsgericht – ausgeführt, dass dem Beklagten schon wegen der Annullierung des Fluges von Berlin nach Amsterdam ein
Bei Annullierungen gelten vergleichbare Regelungen wie bei Verspätungen am Endziel
Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), wonach Hin- und Rückflug als gesonderte Flüge im Sinne von Art. 3 der Fluggastrechteverordnung*** anzusehen sind, spricht nicht gegen, sondern für diese Auslegung. Bestätigt wird dieses Ergebnis ferner durch die Rechtsprechung des EuGH zum
Argumente der Fluggesellschaft hinsichtlich einer Befreiung von Ausgleichszahlungen wegen ungünstiger Wetterbedingungen am Zielflughafen unbegründet
Das Argument der Klägerin, sie sei von der
Erläuterungen
* - Art. 7 Fluggastrechteverordnung
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.
[…]
** - Art. 5 Fluggastrechteverordnung
Annullierung
[…]
(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
[…]
*** - Art. 3 Fluggastrechteverordnung
Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
[…]
**** - Artikel 2 Fluggastrechteverordnung
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
[…]
h) "Endziel" den Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein bzw. bei direkten Anschlussflügen den Zielort des letzten Fluges; verfügbare alternative Anschlussflüge bleiben unberücksichtigt, wenn die planmäßige Ankunftszeit eingehalten wird;
[…]
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 14.10.2010
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Amtsgericht Spandau, Urteil vom 28.02.2009
[Aktenzeichen: 3 C 9/07] - Kammergericht Berlin, Urteil vom 23.11.2009
[Aktenzeichen: 20 U 62/08]
- BGH zu Ansprüchen des Fluggastes bei wetterbedingter Flug-Annullierung
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.03.2010
[Aktenzeichen: Xa ZR 96/09]) - BGH: Fluggäste haben Ausgleichansprüche nach Fluggastrechteverordnung wegen großer Flugverspätung
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.02.2010
[Aktenzeichen: Xa ZR 95/06]) - BGH zu Fluggastrechten bei verspäteten Zubringerflügen
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.05.2009
[Aktenzeichen: Xa ZR 113/08]) - Luftfahrtunternehmen muss bei Flugannullierung grundsätzlich Ausgleichszahlung leisten
(Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 22.12.2008
[Aktenzeichen: C-549/07])
Fundierte Fachartikel zum diesem Thema beim Deutschen Anwaltsregister:
Jahrgang: 2011, Seite: 355 NJW-RR 2011, 355 | Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV)
Jahrgang: 2011, Seite: 185 NZV 2011, 185 | Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa)
Jahrgang: 2011, Seite: 33 RRa 2011, 33
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Dokument-Nr. 10408
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