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Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.12.2013
BVerwG 1 WRB 2.12 und BVerwG 1 WRB 3.12 -

Haar- und Barterlass der Bundeswehr ist rechtmäßig

Einschränkungen der Soldaten in der freien Gestaltung ihrer Frisuren für ein einheitliches äußeres Erscheinungsbild der Bundeswehr gerechtfertigt

Der so genannte Haar- und Barterlass, der die Haar- und Barttracht der Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr regelt, ist rechtmäßig. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Der Antragsteller des zugrunde liegenden Streitfalls leistete ab Januar 2009 als Wehrpflichtiger Grundwehrdienst in einem Ausbildungsregiment. Er trug bei Antritt des Wehrdienstes rund 40 cm lange Haare, die offen getragen auf den Rücken fielen. Im Dienst sicherte er die Haare zunächst mit mehreren Haargummis, so dass sie einen langen, über den Uniformkragen hinaus bis zu den Schulterblättern reichenden Pferdeschwanz ergaben; später trug er die Haare hochgebunden.

Vorgesetzte weisen auf Bestimmungen des Haar- und Barterlasses hin

Seine Disziplinarvorgesetzten befahlen dem Antragsteller mehrfach, sich mit einer Frisur zum Dienst zu melden, die den Bestimmungen des Haar- und Barterlasses entspricht. Dieser sieht für männliche Soldaten vor, dass das Haar am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein muss, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden; das Haar muss so getragen werden, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden.

Antragsteller fühlt sich in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzt

Der Antragsteller befolgte die Befehle nicht und erhob gegen zwei dieser Befehle Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung. Er sah sich in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt und verlangte Gleichbehandlung mit Soldatinnen, denen das Tragen längerer Haare, ggf. mit einem Haarnetz, gestattet sei. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Truppendienstgericht zurückgewiesen. Auch die wegen Divergenz zugelassene Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht blieb ohne Erfolg.

Bundesminister der Verteidigung ist zur Regelung der Haar- und Barttracht befugt

Der 1. Wehrdienstsenat hat entschieden, dass der Bundesminister der Verteidigung befugt ist, im Zusammenhang mit der Uniform der Soldaten auch deren Haar- und Barttracht zu regeln. Mit dem geltenden Erlass hat er dabei den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Der spezifische Auftrag und die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte sind unverändert in einem hohen Maß durch ein nach außen einheitliches Auftreten und einen nach innen engen Zusammenhalt ihrer Angehörigen geprägt. Einschränkungen der Soldaten in der freien Gestaltung ihrer Haartracht sind deshalb durch das Regelungsziel eines - für das Selbstverständnis und die öffentliche Wahrnehmung bestimmenden - einheitlichen äußeren Erscheinungsbilds der Bundeswehr bei der Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags im In- und Ausland gerechtfertigt.

"Einheitsfrisur" ist nicht vorgesehen

Im Hinblick auf die auch den Soldaten in weitem Umfang gewährleisteten Freiheiten zur individuellen Lebensgestaltung stellt die im Äußerlichen bleibende Regelung der Haartracht ein verhältnismäßiges Mittel dar, zumal keine „Einheitsfrisur“ verordnet, sondern lediglich äußere Grenzen gesetzt werden.

Erlaubnis zum Tragen längerer Haare für Soldatinnen stellt zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr dar

Eine Ausnahme für Grundwehrdienstleistende (im Rahmen der bis zum 30. Juni 2011 geltenden allgemeinen Wehrpflicht) war nicht geboten, weil diese wegen ihrer großen Zahl und ihrer Verteilung auf nahezu sämtliche Truppengattungen und Tätigkeitsbereiche das Gesamtbild der Bundeswehr maßgeblich mitprägten. Die Regelung über die Haartracht von Soldatinnen, die diesen auch das Tragen längerer Haare gestattet, stellt eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr dar, die die striktere Regelung der Haartracht für männliche Soldaten nicht in Frage stellt. Im Anschluss an die allgemeine Öffnung der Bundeswehr für Frauen im Januar 2001 und bei einem Anteil der Frauen in den Streitkräften von derzeit rund 10 % hat sich für das äußere Erscheinungsbild von Soldatinnen noch keine Tradition oder Erwartungshaltung innerhalb der Bundeswehr und in der Öffentlichkeit verfestigt.

Der Haar- und Barterlass (Anlage 1 zu der Zentralen Dienstvorschrift 10/5) lautet wie folgt:

Die Erfordernisse des militärischen Dienstes hinsichtlich Funktionsfähigkeit, Unfallverhütung, Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit, Disziplin und Hygiene stellen grundsätzliche Anforderungen an die Haartracht der Soldatinnen sowie die Haar- und Barttracht der Soldaten.

1. Die Haar- und Barttracht muss sauber und gepflegt sein. Modische Frisuren sind erlaubt; ausgenommen sind Frisuren, die in Farbe, Schnitt und Form besonders auffällig sind (z. B. Punkerfrisuren, Irokesenschnitte, grell gefärbte Haarsträhnen, Ornamentschnitte).

2. Das Haar von Soldaten muss am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden. Es ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden. Nicht erlaubt sind besonders ausgefallene Haarschnitte (z. B. Pferdeschwänze, gezopfte Frisuren). Bärte und Koteletten müssen kurz geschnitten sein. Wenn sich der Soldat einen Bart wachsen lassen will, muss er dies während seines Urlaubs tun. Die oder der Disziplinarvorgesetzte kann Ausnahmen genehmigen.

3. Die Haartracht von Soldatinnen darf den vorschriftsmäßigen Sitz der militärischen Kopfbedeckung nicht behindern. Zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und bei bestimmten Diensten (z. B. Gefechtsausbildung, Sportausbildung, Teilnahme an Einsätzen und Übungen) kann die oder der Disziplinarvorgesetzte bei langen Haaren das Tragen eines Haarnetzes befehlen.

4. Auch für Angehörige der Reserve, die Wehrübungen leisten, muss die Haar- und Barttracht sauber und gepflegt sein. Unabhängig davon soll die bzw. der Disziplinarvorgesetzte das Tragen eines Haarnetzes befehlen, wenn das Haar in Farbe, Schnitt und Form den vorgenannten Forderungen nicht entspricht. Soweit besondere Verhältnisse Abweichungen von den o.a. Bestimmungen erforderlich machen oder für bestimmte Personengruppen (z.B. Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen, fliegendes Personal, Soldatinnen und Soldaten im protokollarischen Dienst, Pflegepersonal in Bundeswehrkrankenhäusern) Sonderregelungen erforderlich sind, sind diese zu befehlen. Zuständig sind die Inspekteure der Teilstreitkräfte, der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr und der Inspekteur der Streitkräftebasis. Die Befugnis kann delegiert werden.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.12.2013
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

Vorinstanz:
  • Truppendienstgericht Nord Beschlüsse vom 21. Juni 2012 N 6 BLa 3/09 und N 6 BLa 4/09
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Dokument-Nr.: 17381 Dokument-Nr. 17381

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Kommentare (3)

 
 
Armin schrieb am 13.01.2014

Ich kann Uhl nur zustimmen! Daher war es für die Bundeswehr und mich auch besser, dass ich aus gesundheitlichen Gründen nicht geeignet war. Den Spaß der Musterung wollte ich aber dennoch erleben, das beste daran war, dass ich mehrfach gefragt wurde: Bundeswehr oder Zivildienst? Meine Antwort: gesundheitlich nicht geeignet und daher nicht relevant. Dies habe ich mehrfach wiederholt.

Uhl schrieb am 13.01.2014

Wer zur Armee geht,dem werden nicht nur die Haare geschnitten, sondern

auch die Selbstbestimmung beschnitten.

Dirk schrieb am 18.12.2013

Ich bleibe dabei: Eine ganz klare Diskriminierung von Männern und wieder einmal ein "schönes" Beispiel für die selbst höchstrichterlich Ignoranz des Gleichbehandlungsgesetzes, wenn es um Nachteile von Männern geht. Entweder sind kurze Haar erforderlich (z.B. wegen der Gasmaske) oder eben nicht. Diese männerdiskriminierende Ungleichbehandlung als "Frauenförderung" zu verkaufen, finde ich gelinde gesagt eine Frechheit. Es zeigt aber das Prinzip, wie in Deutschland schon seit Jahren geschlechtsneutral formulierte Gesetze Männer diskriminierend angewendet werden oder aber die Diskriminierung von Männern, selbst wenn sie offensichtlich ist, geleugnet wird!

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