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die zehn aktuellsten Urteile, die zum Rechtsgebiet „Genderrecht“ veröffentlicht wurden
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 04.07.2024
- 2 Wx 11/24 -
Frühere Geschlechtsänderung hindert die Eintragung als Vater für ein während der Ehe geborenes Kind nicht
Frau-Mann Transsexueller kann rechtlicher Vater eines ehelichen Kindes werden
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat es in einem Beschwerdeverfahren als zulässig angesehen, wenn das Standesamt für ein während der Ehe geborenes Kind den Ehemann der Mutter als Vater des Kindes einträgt, auch wenn dieser zuvor sein Geschlecht von weiblich in männlich geändert hat und daher eine biologische Abstammung nicht vorliegt.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Im Jahr 2015 begründeten die heutigen Eheleute eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft. Im Jahr 2017 wurde das Geschlecht des heutigen Ehemanns von weiblich in männlich geändert. Im Frühjahr 2023 schlossen beide die Ehe. Im Herbst 2023 brachte die Ehefrau, ermöglicht durch eine Samenspende, ein Kind zur Welt. Der Ehemann hat als Antragsteller gegenüber dem Standesamt Flensburg die Eintragung als Vater verlangt. Das Standesamt legte die Sache dem AG zur Entscheidung vor. Das AG wies das Standesamt zur Vornahme der Eintragung an. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Standesamts hat das OLG mit... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 09.07.2024
- 16 U 92/23 -
Wort "Transe" ist ausschließlich abwertend und ein diskriminierendes Schimpfwort
Unterlassungsanspruch bestätigt
Eine klagende Transfrau kann u.a. verlangen, nicht als „Transe“ bezeichnet zu werden. Dem Wort kommt ausschließlich eine abwertende Bedeutung zu. Der diskriminierende Verletzungsgehalt steht auf einer Stufe mit dem Schimpfwort „Schwuchtel“. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit verkündeter Entscheidung den vom Landgericht zugesprochenen Unterlassungsanspruch bestätigt.
Die Klägerin ist seit etwa 40 Jahren eine Transfrau. Ihr Geschlechtseintrag lautet „weiblich“. Sie setzt sich gegen Transfeindlichkeit ein und veröffentlicht dazu Beiträge u.a. auf der Plattform X. Der Beklagte betreibt einen Blog. Dort veröffentlichte er einen Artikel mit der Überschrift „Versuchte Abmahnung gegen Ansage: Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein“. Hintergrund... Lesen Sie mehr
Arbeitsgericht Berlin, Beschluss vom 07.05.2024
- 36 BV 10794/23 -
Kein Minderheitenschutz bei Betriebsratswahl allein für diverses Geschlecht zu Lasten anderer Minderheitengeschlechter
Zusammensetzung des Betriebsrats stellt gegen gesetzliche Vorgaben zum Minderheitenschutz dar
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Betriebsratswahl bei einem Anbieter von Software für E-Commerce-Unternehmen für unwirksam erklärt, weil die Zusammensetzung des Betriebsrats gegen gesetzliche Vorgaben zum Minderheitenschutz verstieß.
Im Betrieb der Arbeitgeberin waren ausweislich der Wählerliste 45 Personen weiblichen Geschlechts, 56 Personen männlichen Geschlechts und 17 Personen diversen Geschlechts wahlberechtigt zu den anstehenden Betriebsratswahlen. Der zu wählende Betriebsrat sollte aus sieben Personen bestehen. Es standen zwei Listen zur Wahl. Liste I umfasste drei kandidierende Personen, wobei an erster... Lesen Sie mehr
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 01.08.2022
- 20 W 98/21 -
Keine isolierte Überprüfung einer Eintragungsverweigerung eines Standesamts
Antrag auf Feststellung der ursprünglichen Rechtswidrigkeit der Eintragungsweigerung unzulässig
Die anfängliche Weigerung eines Standesamtes, eine Person nicht-binärer Geschlechtszugehörigkeit als Elternteil ins Geburtsregister einzutragen, kann nach späterer Adoption und daraufhin erfolgter Eintragung nicht isoliert auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt und betont, dass ein solcher Feststellungsantrag im Rechtsschutzsystem der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht besteht und auch keine Veranlassung für eine erweiternde Auslegung besteht.
Die Beschwerdeführer sind seit Sommer 2018 verheiratet und haben - nach reproduktionsmedizinischer Behandlung - ein gemeinsames Kind. Eine der beiden beschwerdeführenden Personen hat eine nicht-binäre Geschlechtsidentität. Schon vor der Geburt des Kindes hatten die Beschwerdeführer beantragt, dass neben der Mutter auch die Person mit nicht-binärer Geschlechtsidentität in das Geburtsregister... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.08.2022
- 3 K 469/21.F -
Erfolglose asylrechtliche Folgeklage eines homosexuellen Algeriers
Keine Veränderung der Situation von Homosexuellen in Algerien feststellbar
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat die Folgeklage eines homosexuellen Algeriers aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2022 abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens lägen nicht vor.
Der Kläger hatte bereits als Minderjähriger erfolglos mehrere Asylanträge gestellt, die sämtlich erfolglos geblieben waren. Im Jahre 1998 wurde der Kläger nach Algerien abgeschoben. Im Februar 2019 reiste der Kläger erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er einen weiteren Asylantrag stellte. Dieser wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt, die dagegen vor... Lesen Sie mehr
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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.08.2022
- 5 A 2.21 -
Begrenzte Klagemöglichkeiten der Gleichstellungsbeauftragten im Organstreitverfahren
Organrechte der Gleichstellungsbeauftragten nicht betroffen
Die Gleichstellungsbeauftrage einer Behörde kann nicht uneingeschränkt alle Entscheidungen der Dienststellenleitung, die ihrer Auffassung nach gegen gleichstellungsrechtliche Vorschriften verstoßen, mit einer verwaltungsgerichtlichen Klage angreifen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
Die Klägerin, die Gleichstellungsbeauftragte des Bundesnachrichtendienstes (BND), beanstandete die Änderung der verwaltungsinternen Förderungsrichtlinie des BND durch den beklagten Dienststellenleiter. Nach dieser setzte die Beförderung in eine A 16-Führungsposition ursprünglich die Absolvierung einer dreijährigen A 15-Sachgebietsleitung voraus. Mit der angegriffenen Änderung ist... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 14.04.2022
- 9 U 84/21 -
OLG Frankfurt am Main: Unterlassungsanspruch wegen binärer Geschlechtsbezeichnung
Berufung der Vertriebstochter des größten deutschen Eisenbahnkonzerns gegen landgerichtliches Urteil zum Unterlassungsanspruch einer Person nicht-binärer Geschlechtsidentität aus formalen Gründen verworfen
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die Berufung der Vertriebstochter des größten deutschen Eisenbahnkonzerns wegen Versäumung der Berufungsfrist als unzulässig verworfen. Damit verbleibt es bei dem vom Landgericht ausgeurteilten und ab dem 01.03.2022 bestehenden Unterlassungsanspruch der klagenden Partei nicht-binärer Geschlechtszugehörigkeit gegen das Unternehmen. Dieses hat es zu unterlassen, die klagende Partei dadurch zu diskriminieren, dass bei der Nutzung von Angeboten der Beklagten zwingend eine Anrede als Frau oder Herr angegeben werden muss. Gleiches gilt für Fahrkarten, Schreiben, Rechnungen, Werbung und gespeicherte personenbezogene Daten mit der Bezeichnung als Frau oder Herr.
Die Beklagte ist Vertriebstochter des größten deutschen Eisenbahnkonzerns. Die klagende Partei besitzt eine nicht-binäre Geschlechtsidentität, seit Oktober 2019 lautet der Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde „ohne Angabe". Die klagende Partei ist Inhaberin einer BahnCard der Beklagten und bemühte sich seit Oktober 2019 vergeblich, die hierfür bei der Beklagten hinterlegten Daten... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 16.11.2020
- Vollz (Ws) 10/20 -
Haftanstalt muss auf Ausdrucken und Bescheinigungen das Geschlecht einer strafgefangenen "diversen" Person als "divers" eintragen
Unzulässigkeit eines offenen Geschlechtseintrags
Besitzt eine strafgefangene Person das Geschlechtsmerkmal "divers", so hat sie ein Anspruch darauf, dass auf den ihr betreffenden Ausdrucken und Bescheinigungen der Haftanstalt als Geschlecht "divers" eingetragen wird. Das Offenlassen des Geschlechtseintrags ist unzulässig. Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine im Saarland inhaftierte Person änderte im Mai 2019 ihr Geschlecht von "männlich" in "divers". Sie verlangte nachfolgend, dass auf Ausdrucken und Bescheinigungen der Haftanstalt ihr Geschlecht als "divers" eingetragen wird. Die Haftanstalt kam dem nicht nach und verwies zur Begründung darauf, dass ein solcher Eintrag im EDV-System noch... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 16.11.2020
- Vollz (Ws) 11/20 -
Keine von männlichen und weiblichen Strafgefangenen getrennte Unterbringung in besonderen Anstalten von Strafgefangen mit "diversen" Geschlecht
Schutz der Intim- und Sexualsphäre durch Einzelhaftraum mit Einzelbad, Einzelfreistunden, Einzelvorführungen und Einzelsportstunden
Strafgefangene mit dem Geschlecht "divers" steht kein Anspruch auf eine von männlichen und weiblichen Strafgefangenen getrennte Unterbringung in besonderen Haftanstalten zu. Der Schutz der Intim- und Sexualsphäre kann durch die Unterbringung in ein Einzelhaftraum mit Einzelbad und die Ermöglichung von Einzelfreistunden, Einzelvorführungen sowie Einzelsportstunden erreicht werden. Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine seit Mai 2016 im Saarland inhaftierte Person änderte im April 2019 ihr Geschlecht von "männlich" zu "divers". Nachfolgend beanspruchte sie eine Verlegung in eine Haftanstalt für Personen des dritten Geschlechts. Dies wurde zwar abgelehnt, jedoch wurde die Person in einen Einzelhaftraum mit Einzelbad untergebracht. Zudem wurden ihr Einzelfreistunden,... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.10.2017
- 1 BvR 2019/16 -
"Männlich" oder "weiblich" nicht ausreichend: Gesetzgeber muss bis Ende 2018 weiteren positiven Geschlechtseintrag für Personenstandsrecht schaffen
Geltendes Personenstandsrecht verstößt gegen Diskriminierungsverbot
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Regelungen des Personenstandsrechts mit den grundgesetzlichen Anforderungen insoweit nicht vereinbar sind, als § 22 Abs. 3 Personenstandsgesetz (PStG) neben dem Eintrag "weiblich" oder "männlich" keine dritte Möglichkeit bietet, ein Geschlecht positiv eintragen zu lassen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) schützt auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Darüber hinaus verstößt das geltende Personenstandsrecht auch gegen das Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 3 GG), soweit die Eintragung eines anderen Geschlechts als "männlich" oder "weiblich" ausgeschlossen wird. Der Gesetzgeber hat bis zum 31. Dezember 2018 eine Neuregelung zu schaffen. Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die betreffenden Normen nicht mehr anwenden, soweit sie für Personen, deren Geschlechtsentwicklung gegenüber einer weiblichen oder männlichen Geschlechtsentwicklung Varianten aufweist und die sich deswegen dauerhaft weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, eine Pflicht zur Angabe des Geschlechts begründen.
Die beschwerdeführende Person beantragte beim zuständigen Standesamt die Berichtigung ihres Geburtseintrags dahingehend, dass die bisherige Geschlechtsangabe "weiblich" gestrichen und die Angabe "inter/divers", hilfsweise nur "divers" eingetragen werden solle. Das Standesamt lehnte den Antrag mit Hinweis darauf ab, dass nach deutschem Personenstandsrecht im Geburtenregister ein Kind... Lesen Sie mehr
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