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Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 27.01.2010
- 4 AZR 549/08 (A) -
BAG: Vierter Senat beabsichtigt Änderung der Rechtsprechung zur Tarifeinheit
Verdrängung eines geltenden Tarifvertrages ist mit Grundrecht der Koalitionsfreiheit nicht vereinbar
Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts beabsichtigt, seine Rechtsprechung zum Grundsatz der Tarifeinheit zu ändern, und hat deshalb nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG eine Divergenzanfrage an den Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts gerichtet.
Nach Auffassung des Vierten Senats gelten für ein Arbeitsverhältnis, dessen Parteien nach § 3 Abs. 1 TVG an einen
Sachverhalt
Der Kläger war im Krankenhaus der Beklagten als Arzt beschäftigt und verlangt für den Monat Oktober 2005 einen Urlaubsaufschlag nach den Bestimmungen des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT). Er ist Mitglied des Marburger Bundes. Die Beklagte ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband, der Mitglied in der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist. Bis zum 30. September 2005 galt für die Parteien aufgrund ihrer jeweiligen Mitgliedschaften der Bundesangestellten-
Hintergrund zur bisherigen Rechtsprechung des Vierten Senats
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Vierten Senats kam der Grundsatz der Tarifeinheit auch dann zum Tragen, wenn ein Betrieb vom Geltungsbereich mehrerer Tarifverträge erfasst wurde, die von verschiedenen Gewerkschaften geschlossen worden waren und an die der Arbeitgeber deshalb gebunden war, weil er Mitglied im tarifschließenden Arbeitgeberverband oder selbst Tarifvertragspartei war, während demgegenüber für den jeweiligen Arbeitnehmer je nach Gewerkschaftsmitgliedschaft nur einer der beiden Tarifverträge Anwendung fand (Tarifpluralität). Nach dem Grundsatz der Tarifeinheit sollte eine solche Tarifpluralität im Falle einer unmittelbaren Tarifbindung des Arbeitgebers an verschiedene Tarifverträge dahin aufgelöst werden, dass der speziellere
Kläger kann Urlaubsaufschlag nach Bestimmungen des BAT verlangen
Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts beabsichtigt, seine Rechtsprechung zur so genannten Tarifeinheit für die vorliegende Fallgestaltung zu ändern. Die Rechtsnormen des BAT gelten im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der beiderseitigen Mitgliedschaft in den tarifschließenden Koalitionen unmittelbar und zwingend nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG. Deshalb kann der Kläger einen Urlaubsaufschlag nach den Bestimmungen des BAT verlangen. Eine gesetzlich angeordnete Regelung für die Verdrängung dieser durch das Tarifvertragsgesetz vorgesehenen Geltung besteht ebenso wenig wie eine zur Rechtsfortbildung berechtigende Lücke im Tarifvertragsgesetz angenommen werden kann. Die Verdrängung eines geltenden Tarifvertrages nach dem Grundsatz der Tarifeinheit in den Fällen einer durch Mitgliedschaft oder durch die Stellung als Tarifvertragspartei begründeten Tarifpluralität ist zudem mit dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG nicht zu vereinbaren. Schließlich lässt sich die zwangsweise Auflösung der verfassungsrechtlich vorgesehenen Tarifpluralität auch nicht mit möglichen Auswirkungen auf andere Rechtsbereiche rechtfertigen. Die aus einer Tarifpluralität möglicherweise erwachsenden Folgen z.B. für Arbeitskämpfe sind im Bereich des Arbeitskampfrechts zu lösen; entsprechendes gilt für das Betriebsverfassungsrecht.
Vierter Senat möchte in Rechtsfrage von bisheriger Rechtsauffassung des Zehnten Senats abweichen – dieser sieht dazu keinen Anlass
Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts ist im vorliegenden Rechtsstreit an einer abschließenden Entscheidung gehindert, weil er in dieser entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der bisherigen Rechtsauffassung des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts abweichen möchte. Er hat daher entsprechend den Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes beim Zehnten Senat angefragt, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält. Nach Auffassung des Senats bestand für eine Grundsatzvorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 Abs. 4 ArbGG dagegen kein hinreichender Anlass.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 28.01.2010
Quelle: ra-online, BAG
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22.01.2008
[Aktenzeichen: 14 Sa 87/07]
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Dokument-Nr. 9127
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