die zehn aktuellsten Urteile, die zum Schlagwort „Verhältnismäßigkeit“ veröffentlicht wurden
Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 13.11.2024
- VG 3 L 610.24 -
Angriff auf Schul-IT: Schüler muss Schule verlassen
Schulwechsel musste auch nicht zuvor schriftlich androht werden
Wer als Schüler über Monate den Datenbestand seiner Schule ausspioniert und verändert, darf in eine andere Schule überwiesen werden. Die Verhängung dieser Schulordnungsmaßnahme hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren gebilligt.
Der Antragsteller besuchte bislang das 3. Kurshalbjahr der gymnasialen Oberstufe eines Berliner Gymnasiums. Zusammen mit zwei Mitschülern hatte er im letzten Schuljahr zunächst einen schulischen Rechner so präpariert, dass das nächste eingegebene Passwort protokolliert wurde. So erlangte das Trio das Administratorpasswort, um im Anschluss einen sog. "Keylogger" zu installieren, der das Protokollieren aller eingegebenen Passwörter ermöglichte. Hierdurch konnten sie interne Informationen im geschützten Lehrerkanal mitlesen und organisatorische Daten der Schulleitung abrufen. Daraufhin beschloss die Schulaufsicht nach Anhörung der Schulkonferenz, den... Lesen Sie mehr
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.06.2024
- 1 C 2.23 -
Coronabedingte Einreiseverweigerung im Mai 2020 rechtmäßig
Vorübergehende Schließung eines Grenzübergangs stellt nur geringen Grundrechtseingriff dar
Die Versagung der Einreise am Grenzübergang Grosbliederstroff (Frankreich) / Kleinblittersdorf (Deutschland) am 2. Mai 2020 zu dem Zweck, in einem Supermarkt in Kleinblittersdorf einzukaufen, war rechtmäßig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
Der Kläger, ein französischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Frankreich, begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer ihm gegenüber verfügten Einreiseverweigerung sowie der vorübergehenden Schließung eines Grenzübergangs an der deutsch-französischen Grenze bei Saarbrücken als Reaktion auf die Ausbreitung des Virus COVID-19 im Bundesgebiet im Frühjahr 2020. Die darauf gerichtete... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 19.03.2024
- Ws 188/24 -
Unentschuldigtes Fernbleiben des Angeklagten von Hauptverhandlung rechtfertigt grundsätzlich nur Vorführung und keinen Erlass eines Haftbefehls
Erlass eines Haftbefehls ohne Versuch der Vorführung nur in Ausnahmefällen
Bleibt ein Angeklagter unentschuldigt von der Hauptverhandlung fern, so ist grundsätzlich als milderes Mittel die polizeiliche Vorführung anzuordnen. Der Erlass eines Haftbefehls ohne den Versuch der Vorführung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Dies hat das Oberlandesgericht Nürnberg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Gegen einen Angeklagten lief im Jahr 2024 vor dem Amtsgericht Weiden i.d.Opf. ein Strafverfahren wegen Beleidigung, Bedrohung, unerlaubten Entfernens vom Unfallort und Vortäuschung einer Straftat. Da der Angeklagte zur Hauptverhandlung nicht erschienen war, erließ das Landgericht einen Haftbefehl. Dagegen legte der Angeklagte Beschwerde ein.... Lesen Sie mehr
Werbung
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 25.04.2024
- C-684/22 bis C-686/22 -
Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit
Deutsche Regelung verstößt nicht gegen EU-Recht
Das Unionsrecht steht grundsätzlich dem automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit im Fall der Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit nicht entgegen
Mehrere deutsche Staatsangehörige fechten vor einem deutschen Gericht den Verlust ihrer im Jahr 1999 durch Einbürgerung erworbenen deutschen Staatsangehörigkeit an. Um Deutsche zu werden, hatten sie auf ihre türkische Staatsangehörigkeit verzichten müssen. Nach ihrer Einbürgerung in Deutschland und genauer gesagt nach dem 1. Januar 2000 erlangten sie auf eigenen Antrag die türkische... Lesen Sie mehr
Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.11.2023
- X R 3/22 -
BFH zur Anwendung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes bei Schätzungen der Einnahmen
Vollschätzung unter vollständiger Verwerfung der Gewinnermittlung nur bei gravierend festgestellter Mängel zulässig
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine Rechtsprechung zur Anwendung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes bei Schätzungen fortgeführt.
Im zugrunde liegenden Fall verwendete ein Restaurantbetreiber, der einen großen Teil seiner Einnahmen in Form von Bargeld erzielte, in den Jahren 2011 bis 2014 eine elektronische Registrierkasse sehr einfacher Bauart, die bereits in den 1980er Jahren entwickelt worden war. Das Finanzamt (FA) sah die Aufzeichnungen des Klägers nicht als ordnungsgemäß an und nahm eine Vollschätzung... Lesen Sie mehr
Werbung
Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.12.2023
- 6 K 1687/23 -
Einmaliger Cannabiskonsum eines Piloten rechtfertigt keine Anordnung eines auf harte Drogen erstreckten Drogenscreenings
Unverhältnismäßigkeit der Untersuchungsaufforderung
Steht fest, dass ein Pilot einmalig Cannabis konsumiert hat, so ist die Anordnung eines auf harte Drogen erstreckten Drogenscreenings unverhältnismäßig und damit unzulässig. Dies hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2022 wurde anlässlich einer Polizeikontrolle bei einem Piloten rechtsmedizinisch festgestellt, dass er Cannabis konsumiert hatte. Das Gutachten war hinsichtlich sogenannter harter Drogen negativ. Nachdem die zuständige Bezirksregierung in Nordrhein-Westfalen davon erfuhr, ordnete sie ebenfalls ein Drogenscreening an, um die luftverkehrsrechtliche... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 13.09.2023
- 14 U 19/23 -
Mietwagenkosten: Laie darf sich auf Einschätzung des Privatgutachters zur Wirtschaftlichkeit einer Notreparatur verlassen
Keine Unverhältnismäßigkeit von Mietwagenkosten
Kommt der Privatgutachter zur Einschätzung, dass die Notreparatur des verunfallten Fahrzeugs unwirtschaftlich sei, so kann sich der Laie darauf verlassen und einen Mietwagen beschaffen. Die dadurch entstandenen Kosten sind dann nicht unverhältnismäßig. Dies hat das Oberlandesgericht Celle entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall klagte die Geschädigte eines Verkehrsunfalls im Jahr 2021 vor dem Landgericht Hannover auf Erstattung der Mietwagenkosten. Sie hatte sich bis zur Reparatur des verunfallten Fahrzeugs einen Mietwagen beschafft. Ein von ihr beauftragter Privatgutachter kam zur Einschätzung, dass eine Notreparatur des Fahrzeugs unwirtschaftlich sei. Der vom Gericht beauftragte... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.08.2023
- III ZR 54/22 -
Keine Entschädigung für coronabedingte Einnahmeausfälle eines Berufsmusikers im "ersten Lockdown"
Veranstaltungsverbote und -beschränkungen waren verhältnismäßig
Weil er im Corona-Lockdown im Frühjahr 2021 nicht auftreten durfte, hatte ein Musiker eine Entschädigung vom Staat verlangt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Staat nicht für Einnahmeverluste haften muss, die einem Berufsmusiker wegen coronabedingter Auftrittsverbote entstanden sind.
Der im Freistaat Bayern ansässige Kläger betreibt ein Musik- und Filmproduktionsunternehmen und ist Leiter einer Musikgruppe. Seine Aufträge bestehen zu mehr als 90 Prozent aus Live-Auftritten. Er begehrt von dem beklagten Land Baden-Württemberg Entschädigung für Einnahmeausfälle, die ihm in dem Zeitraum von März bis Juli 2020 entstanden seien, weil er und seine Musikgruppe auf Grund... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 17.02.2023
- 13 L 325/22 -
Keine Containerparks in Treptow-Köpenick
Nutzung des Grundstücks wegen fehlender Baugenehmigung formell illegal
Die Nutzung eines Grundstücks als Containerpark im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick ist nach einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin umgehend zu beenden.
Die Antragstellerin nutzt ein etwa 4.000 m² großes Grundstück in der Moosstraße 56/58 in Treptow-Köpenick (Ortsteil Niederschöneweide) als sog. Containerpark. Für das Grundstück besteht keine verbindliche Bauleitplanung. Dort ließ die Antragstellerin ohne Genehmigung zahlreiche Container aufstellen, die jedenfalls ab Ende 2021 zu Aufenthalts- und Sanitärzwecken genutzt wurden. Die Kosten... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.01.2023
- L 11 AS 346/22 -
Hartz IV und die Folgen eines Ausbildungsabbruchs
Rückforderung von Grundsicherungsleistungen verstößt gegen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die Rückforderung von Grundsicherungsleistungen wegen sozialwidrigen Verhaltens gegen das Übermaßverbot verstoßen kann.
Geklagt hatte ein heute 28-jähriger, ungelernter Langzeitarbeitsloser aus Salzgitter, der langjährig Grundsicherungsleitungen bezieht. Im Jahre 2012 verlor er seinen Ausbildungsplatz wegen wiederholten, unentschuldigten Fehlens am Arbeitsplatz. Zeitnah verhängte das Jobcenter wegen des Ausbildungsabbruchs eine 30 %-Sanktion. Darüber hinaus verlangte es in der Folgezeit die Rückzahlung... Lesen Sie mehr