die zehn aktuellsten Urteile, die zum Schlagwort „Meinungsäußerungsfreiheit“ veröffentlicht wurden
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.08.2020
- 1 BvR 2249/19 -
Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen strafrechtliche Verurteilung wegen Beleidigung nach Bezeichnung als "Trulla"
Abwägung von Meinungsfreiheit und Ehrschutz bei Beleidigung
Bundesverfassungsgerichts hat veröffentlichtem Beschluss einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die sich gegen die strafgerichtliche Verurteilung wegen Beleidigung einer Mitarbeiterin einer Justizvollzugsanstalt richtet.
Dem Verfahren liegt eine mündliche Äußerung des in Sicherungsverwahrung befindlichen Beschwerdeführers gegenüber einer Sozialarbeiterin einer Justizvollzugsanstalt zugrunde. Wegen Computerproblemen war das für Einkäufe in der Einrichtung verfügbare Taschengeld des Beschwerdeführers zu dem Zeitpunkt, zu dem Bestellungen aufzugeben gewesen wären, noch nicht gebucht. Da der Beschwerdeführer fürchtete, dass das Geld nicht rechtzeitig für einen Einkauf zur Verfügung stehen und er die Bestellmöglichkeit verpassen würde, suchte er am selben Tag in aufgeregtem Zustand das Dienstzimmer einer Sozialarbeiterin der Justizvollzugsanstalt auf. Da er das Gefühl... Lesen Sie mehr
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 09.04.2020
- 16 U 218/18 -
Bewertungsportal muss auf Tatsachen beruhende negative Bewertung über eine Arztpraxis nicht löschen
Keine rechtwidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Ein Ärztebewertungsportal erfüllt eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion, sofern der Betreiber als neutraler Informationsmittler auftritt. Nutzerbewertungen in Form von Meinungsäußerungen auf einem solchen Portal sind hinzunehmen, wenn sie auf einer Tatsachengrundlage beruhen und die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreiten, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).
Im hier vorliegenden Fall war die Klägerin Augenärztin in Hessen. Die Beklagte betreibt ein Arztsuche- und Bewertungsportal, auf den Informationen über Ärzte und Träger anderer Heilberufe kostenfrei abgerufen werden können. Die Beklagte bietet auf dem Portal als eigene Information sog. Basisdaten eines Arztes an (Name, Fachrichtung, Praxis Anschrift, Kontaktdaten ect.). Daneben sind... Lesen Sie mehr
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.01.2020
- BVerwG 6 A 1.19 bis BVerwG 6 A 5.19 -
Klagen gegen Verbot der Vereinigung "linksunten.indymedia" erfolglos
Zur Anfechtung des Verbots einer Vereinigung ist regelmäßig nur verbotene Vereinigung selbst befugt
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass zur Anfechtung des Verbots einer Vereinigung regelmäßig nur die verbotene Vereinigung selbst befugt ist, nicht dagegen Vereinsmitglieder oder Dritte. Auf die Klagen einzelner Personen hin, die dem verbotenen Personenzusammenschluss angehören, kann lediglich geprüft werden, ob die verbotene Vereinigung dem Vereinsgesetz unterfällt und die im Vereinsgesetz genannten Strukturmerkmale aufweist. Eine weitergehende Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vereinsverbots, insbesondere des Vorliegens der materiellen Verbotsgründe, kommt nur auf die Klage der verbotenen Vereinigung selbst in Betracht.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Mit Bescheid vom 14. August 2017 hatte das Bundesministerium des Innern den Verein "linksunten.indymedia" verboten. Er soll das Internetportal "linksunten.indymedia.org" betrieben haben, bei dem es sich nach der Darstellung im Verbotsbescheid um die wichtigste Plattform gewaltorientierter Linksextremisten in Deutschland handele. Die... Lesen Sie mehr
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Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 22.10.2019
- 3 U 1523/18 -
Xavier Naidoo darf nicht als Antisemit bezeichnet werden
Schwere des Eingriffs in Persönlichkeitsrechte überwiegt Recht auf freie Meinungsäußerung
Das Oberlandesgericht Nürnberg ein Urteil des Landgerichts Regensburg bestätigt, das eine Fachreferentin der Amadeu-Antonio Stiftung den Sänger Xavier Naidoo nicht als Antisemit bezeichnen darf.
Die Beklagte des zugrunde liegenden Verfahrens hatte am 5. Juli 2017 in Straubing im Rahmen einer Diskussion, welche im Anschluss an einen von ihr als Fachreferentin der Amadeu-Antonio Stiftung zum Thema "Reichsbürger - Verschwörungsideologie mit deutscher Spezifik" gehaltenen Vortrag stattfand, folgende Aussage getätigt; "Er (Anm.: gemeint ist Xavier Naidoo) ist Antisemit, das darf... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 01.07.2019
- 13 W 16/19 -
Facebook muss gelöschten Post wieder einstellen
Grenze zur "Hassrede" noch nicht überschritten
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat Facebook in einem Eilverfahren dazu verpflichtet, einen ursprünglich gelöschten Post wieder einzustellen. Das Gericht verwies darauf, dass das Recht der Meinungsfreiheit ansonsten in unzulässigem Maße eingeschränkt werde.
Im zugrunde liegenden Verfahren hatte der klagende Facebook-Nutzer auf seinem Account ein Mitglied des Zentralrats der Muslime kritisiert und es als feige bezeichnet, dass dieser bestimmte Informationen aus dem Netz wieder gelöscht hatte. Hintergrund war, dass das Mitglied des Zentralrats sich negativ über eine Islamkritikerin geäußert hatte. Facebook löschte die Kritik des Klägers.... Lesen Sie mehr
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Kammergericht Berlin, Urteil vom 08.01.2019
- 5 U 83/18 -
Blogger und Influencer müssen redaktionellen Beiträge unter Umständen als Werbung kennzeichnen
Wettbewerbsrechtliche Grenzen in den sozialen Medien müssen auch von Blogger und Influencer beachtet werden
Das Kammergericht hat in seinem Urteil vom 8. Januar 2019 Vorgaben gemacht, wann Blogger und Influencer ihre Beiträge in den sozialen Medien als Werbung kennzeichnen müssen. Antragsteller in diesem Verfahren ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gehört. Die Antragsgegnerin ist eine Bloggerin und Influencerin, die in den sozialen Medien auftritt.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller macht in einem Eilverfahren wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen die Antragsgegnerin geltend. Er meint, die Antragsgegnerin habe in drei sogenannten Instagram-Posts unter Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) kommerzielle Werbung betrieben, ohne diese als solche zu kennzeichnen. Das... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 24.10.2018
- 6 U 65/18 -
Rhein-Neckar-Zeitung hat keinen Anspruch auf Unterlassung eines unerwünschten Tweets des AfD Kreisverbands Heidelberg
Tweet ist als Meinungsäußerung einzustufenden
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat entschieden, dass die Rhein-Neckar-Zeitung GmbH keinen Anspruch gegen den AfD Kreisverband Heidelberg auf Unterlassung eines als Meinungsäußerung einzustufenden Tweets über die Rhein-Neckar-Zeitung hat.
Die Rhein-Neckar-Zeitung GmbH (RNZ) beantragte, den AfD Kreisverband Heidelberg und dessen Schatzmeister zur Unterlassung der Aussage zu verurteilen, "die RNZ GmbH unterstütze die Antifaschistische Initiative Heidelberg". Diese Aussage verbreitete der Schatzmeister des AfD Kreisverbandes Heidelberg in einem Beitrag auf seinem Twitter Account zusammen mit weiteren Behauptungen und einer... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2018
- IX ZB 10/18 -
Vollstreckung eines ausländischen Gerichtsurteils darf im Inland wegen Verstoßes gegen das Recht der freien Meinungsäußerung und gegen die Medienfreiheit abgelehnt werden
Aussage in ZDF-Dokumentation stellt dem Inhalt nach eine Meinungsäußerung dar
Der Bundesgerichtshof hatte sich mit den Voraussetzungen zu befassen, unter denen ein ausländisches Gerichtsurteil nicht für im Inland vollstreckbar erklärt werden kann, weil hiermit ein offensichtlicher Verstoß gegen das Grundrecht auf Meinungs- und Medienfreiheit verbunden wäre.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragsgegnerin, das ZDF, hatte im Jahr 2013 eine Dokumentation über die Befreiung der Konzentrationslager Ohrdruf, Buchenwald und Dachau angekündigt, in der die Lager Majdanek und Auschwitz als "polnische Vernichtungslager" bezeichnet waren. Aufgrund einer Beanstandung dieser Formulierung durch die Botschaft der Republik Polen in Berlin... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.06.2018
- 1 BvR 2083/15 -
Verfassungsbeschwerde gegen Verurteilung wegen Verharmlosung des nationalsozialistischen Völkermords erfolgreich
Verharmlosung des Nationalsozialismus als Ideologie begründet keine Strafbarkeit
Eine Verurteilung nach § 130 Abs. 3 StGB wegen Billigung, Leugnung oder Verharmlosung bestimmter unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangener Verbrechen kommt in allen Varianten - und damit auch in der Form des Verharmlosens - nur bei Äußerungen in Betracht, die geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu gefährden. Dies ist bei der Verharmlosung eigens festzustellen und nicht wie bei anderen Varianten indiziert. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bekanntgegeben und einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die sich gegen eine solche Verurteilung richtete.
Im vorliegenden Fall veröffentlichte der Beschwerdeführer auf seiner Internetseite und auf seinem YouTube-Account eine Audiodatei, in der ein Dritter die erste "Wehrmachtsausstellung", die vor einigen Jahren in Deutschland an verschiedenen Orten gezeigt wurde, wegen der teilweise unrichtig dargestellten Fotos von Soldaten der Wehrmacht kritisiert. Den Ausstellungsverantwortlichen werden... Lesen Sie mehr
Kammergericht Berlin, Urteil vom 18.07.2018
- 24 U 107/17 -
Schaubühne darf Theaterstück "Fear" mit einigen Änderungen weiter aufführen
Besonderheit der Kunstform des Theaterstücks steht über PersönlichkeitsÂrecht
Der Schaubühne Berlin wird untersagt, im Rahmen der Aufführung des Theaterstücks "FEAR" bestimmte Sätze, die als Äußerungen der klagende Publizistin dargestellt wurden, wiederzugeben. Dies hat das Kammergericht in seiner Entscheidung bekanntgegeben.
Im vorliegenden Fall hatte eine christlich-konservativ ausgerichtete Publizistin gegen die Schaubühne im Rahmen der Aufführung des Theaterstücks "Fear" geklagt. Das Landgericht in erster Instanz hatte die Klage der Publizistin insgesamt abgewiesen. Das Kammergericht untersagte der Schaubühne, im Rahmen der Aufführung des Theaterstücks "Fear" bestimmte Sätze, die als Äußerungen der... Lesen Sie mehr