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die zehn aktuellsten Urteile, die zum Schlagwort „Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung“ veröffentlicht wurden
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04.11.2022
- 2 BvR 2202/19 -
Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die namentliche Kennzeichnungspflicht von Polizeivollzugsbediensteten
Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend substantiiert und daher unzulässig
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde einer Polizeivollzugsbediensteten nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen behördliche und verwaltungsgerichtliche Entscheidungen wendet, mit denen ihr Begehren abgelehnt wurde, kein Namensschild an ihrer Dienstkleidung tragen zu müssen.
In § 9 Abs. 2 Satz 1 des Brandenburgischen Polizeigesetzes (BbgPolG) ist geregelt, dass Polizeivollzugsbedienstete bei Amtshandlungen an ihrer Dienstkleidung ein Namensschild tragen. Das Namensschild wird nach § 9 Abs. 2 Satz 2 BbgPolG beim Einsatz geschlossener Einheiten durch eine zur nachträglichen Identitätsfeststellung geeignete Kennzeichnung ersetzt. § 9 Abs. 3 BbgPolG sieht eine Ausnahme von der Legitimationspflicht und der namentlichen Kennzeichnung vor, soweit der Zweck der Maßnahme oder Amtshandlung oder überwiegende schutzwürdige Belange des Polizeivollzugsbediensteten dadurch beeinträchtigt werden. Die auf Grundlage der Ermächtigung in... Lesen Sie mehr
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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29.07.2022
- 2 BvR 54/22 -
Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnung mehrerer erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach § 81 b Alt. 1 StPO
Erkennungsdienstliche Maßnahmen unzulässig
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die erkennungsdienstliche Behandlung des Beschwerdeführers durch die Anordnung der Abnahme eines Zehnfinger- und Handflächenabdrucks sowie die Anfertigung eines Fünfseiten- und Ganzkörperbildes diesen in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde darüber hinaus gegen die Anordnung weiterer erkennungsdienstlicher Maßnahmen richtet, ist sie unzulässig.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Anfang Juni 2021 brachte ein zunächst unbekannter Täter an einem Gasverteilergebäude zwei großflächige, mit silberner Sprühfarbe ausgeführte Übermalungen der dort bereits in weißer und schwarzer Farbe angebrachten Schriftzüge „Toni F. Du Jude“ und „Antifa Boxen“ an. Der Täter wurde dabei von einem Zeugen angesprochen, gefilmt und fotografiert.... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 26.04.2022
- 1 BvR 1619/17 -
Bayerisches Verfassungsschutzgesetz teilweise verfassungswidrig
Zahlreiche Vorschriften müssen bis Juli 2023 geändert werden
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass mehrere Vorschriften des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, weil die dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz darin eingeräumten Befugnisse teilweise gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung, teilweise in seiner Ausprägung als Schutz der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, teilweise gegen das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG) und teilweise gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) verstoßen.
Das Bayerische Verfassungsschutzgesetz wurde 2016 neugefasst und dabei grundlegend neu strukturiert. Es unterscheidet zwischen allgemeinen Befugnissen der Informationsverarbeitung in Art. 5 BayVSG, der speziellen Befugnis zur Erhebung von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln in Art. 8 BayVSG und besonderen nachrichtendienstlichen Mitteln, die in Art. 9 bis Art. 19a BayVSG... Lesen Sie mehr
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Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.03.2021
- 3 MR 7/21 -
Videoaufsicht bei elektronischer Hochschulprüfung coronabedingt zulässig
Ohne Videoüberwachung keine Prüfungen
Ohne Erfolg blieb der Versuch eines Studierenden der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen, dass die von ihm in elektronischer Form abzulegenden Prüfungen ohne die vorgesehene Videoaufsicht stattfinden. Sein Antrag an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht, eine entsprechende Satzungs-regelung der CAU vorläufig außer Vollzug zu setzen, wurde durch einen unanfechtbaren Beschluss als unzulässig verworfen.
Unzulässig sei der Antrag deshalb, weil der Antragsteller sein Ziel auf diesem Wege nicht erreichen und seine Rechtsstellung folglich nicht verbessern könne, so das OVG. Es sei davon auszugehen, dass die CAU davon abgesehen hätte, überhaupt Prüfungen in elektronischer Form vorzusehen, wenn sie diese nicht an eine Videoaufsicht koppeln dürfte. Dies wiederrum habe zur Folge, dass der... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04.01.2021
- 1 BvR 619/20 und 1 BvQ 108/20 -
Verfassungsbeschwerde zur elektronischen Patientenakte gescheitert
Keine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
Das Bundesverfassungsgerichts hat eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch (SGB V) richtete. Gegenstand waren Regelungen im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte, die den gesetzlichen Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten gezielte Informationen über und Angebote zu Versorgungsinnovationen ermöglichen (§ 68 b Abs. 2 und Abs. 3 SGB V) und die es unter bestimmten Voraussetzungen erlauben, ohne Pseudonymisierung Datenverarbeitungen zur Qualitätssicherung durchzuführen (§ 299 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB V). Gleichzeitig hat die Kammer in einem weiteren Verfahren einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, mit dem das Inkrafttreten von § 68 b Abs. 3, § 284 Abs. 1 Satz 1 Nr. 19 SGB V verhindert werden sollte.
§ 68b Abs. 1 Satz 4 SGB V erlaubt den gesetzlichen Krankenversicherungen, die von ihnen rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Sozialdaten für die Vorbereitung von – gesetzlich nicht näher bestimmten – Versorgungsinnovationen und für die Gewinnung Versicherter für diese Versorgungsinnovationen im erforderlichen Umfang auszuwerten. Nach der bisherigen Rechtslage... Lesen Sie mehr
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.06.2020
- 13 B 695/20.NE -
Corona-Pandemie: Erhebung von Kundenkontaktdaten zur Eindämmung von COVID-19 rechtmäßig
Informationelle Selbstbestimmung tritt gegenüber Schutz von Leben und Gesundheit vorübergehend zurück
Das Oberverwaltungsgericht hat in einem Eilverfahren mit Beschluss entschieden, dass die in der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung vorgesehene Datenerhebung zum Zweck der Kontaktpersonennachverfolgung im Bereich der Gastronomie, des Friseurhandwerks und der Fitnessstudios voraussichtlich rechtmäßig ist.
Zur Rückverfolgbarkeit möglicher Infektionsketten sieht die Coronaschutzverordnung für bestimmte Wirtschaftsbereiche die papiergebundene Erfassung der Kundenkontaktdaten (Name, Adresse, Telefonnummer, Zeitraum des Aufenthalts bzw. Zeitpunkt von An- und Abreise) vor. Die Kontaktdaten sind vier Wochen aufzubewahren und danach zu vernichten. Eine Weitergabe an, die für die Nachverfolgung... Lesen Sie mehr
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.09.2019
- 6 A 7.18 -
Bundesnachrichtendienst muss der Presse Auskunft über Hintergrundgespräche mit Journalisten erteilen
Grundlage des Anspruchs ist demnach der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18.09.2019 entschieden, dass Pressevertreter auf der Grundlage des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verlangen können, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) ihnen bestimmte Informationen über vertrauliche Hintergrundgespräche erteilt, die Vertreter des BND mit ausgewählten Journalisten führen.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Journalist und Redakteur einer Tageszeitung. Er gehört dem Kreis der von dem BND für Hintergrundgespräche berücksichtigten Journalisten nicht an. Er bat den BND im Frühjahr 2017 um die Erteilung von Auskünften zu der Anzahl, den Themen, dem personellen Rahmen sowie den Zeiten und Orten der im Vorjahr und im laufenden Jahr organisierten... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.12.2016
- 2 BvR 1541/15 -
BVerfG: Strafgefangener hat grundsätzlich Anspruch auf Einsicht in seine Krankenakte
Grundrechtliches Informationsinteresse des Patienten wiegt im Strafvollzug besonders schwer
Ein Strafgefangener hat grundsätzlich einen Anspruch auf Einsicht in seine Krankenakte. Das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützte Informationsinteresse des Patienten wiegt im Strafvollzug besonders schwer. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem ein Strafgefangener im Juni 2013 erfahren hatte, dass eine von ihm abgegebene Blutprobe ohne seine Zustimmung und damit rechtswidrig auf HI-Viren untersucht wurde, verlangte er von der Justizvollzugsanstalt umfassende Einsicht in seine Krankenakte. Er wollte damit prüfen, ob seine Krankenakte seit dem Beginn seiner Inhaftierung in... Lesen Sie mehr
Amtsgericht Nienburg, Urteil vom 20.01.2015
- 4 Ds 520 Js 39473/14 (155/14) -
Verwertung einer vom Opfer einer Straftat angefertigten anlassbezogenen Dashcam-Aufnahme im Rahmen des Strafprozesses zulässig
Interesse an der effektiven Strafverfolgung überwiegt Interesse an Geheimschutz
Nimmt ein Autofahrer zur Beweissicherung mit Hilfe einer Dashcam das Fahrverhalten eines anderen Fahrzeugführers auf, so können die dadurch entstandenen Aufnahmen im Rahmen eines Strafprozesses verwertet werden. Denn insoweit überwiegt das Interesse an der effektiven Strafverfolgung das Interesse am Geheimschutz. Dies hat das Amtsgericht Nienburg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juli 2007 bremste ein Autofahrer einen anderen Fahrzeugführer wegen eines angeblich vorangegangen verkehrswidrigen Verhaltes aus. Um einen Auffahrunfall zu vermeiden, wechselte der Fahrzeugführer auf die linke Spur und überholte den anderen Pkw. Als sich beide Fahrzeuge auf gleicher Höhe befanden, näherte sich der Pkw des Autofahrers dem... Lesen Sie mehr
Landgericht Heilbronn, Urteil vom 17.02.2015
- I 3 S 19/14 -
Aufnahmen durch eine Dashcam dürfen nicht zur Beweisführung im Rahmen eines Verkehrsunfalls verwendet werden
Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Aufgenommenen überwiegt Interesse an Beweissicherung
Die Aufnahmen einer im Fahrzeug angebrachten Videokamera (Dashcam), dürfen in der Regel nicht zur Beweisführung im Rahmen eines Schadenersatzprozesses wegen eines Verkehrsunfalls herangezogen werden. Denn die durch die Filmaufnahmen bedingte Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Aufgenommenen wiegt schwerer als das Interesse an der Beweissicherung. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Heilbronn hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall legte die Klägerin in einem Schadenersatzprozess wegen eines Verkehrsunfalls Filmaufnahmen einer im Fahrzeug angebrachten Dashcam vor. Dadurch sollte der von der Klägerin behauptete Unfallhergang bewiesen werden. Das Amtsgericht Besigheim ließ die Verwertung der Filmaufnahmen jedoch nicht zu und entschied auf Basis der sonstigen Beweismittel, dass die... Lesen Sie mehr