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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 15.07.2010
- 1 OJs 2/10 (1 Ws 267/10) und 1 OJs 3/10 (1 Ws 268/10) -
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht bestätigt Unzulässigkeit der weiteren Sicherungsverwahrung in so genannten „Altfällen“
Sicherungsverwahrung darf unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht rückwirkend verlängert werden
Die Sicherungsverwahrung nach Ablauf von mehr als 10 Jahren ist unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur nachträglichen Sicherungsverwahrung für Straftäter für erledigt zu erklären. Dies entschied das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein.
In dem einen der zugrunde liegenden Fälle hatte das Landgericht Lübeck den Untergebrachten im Jahre 1994 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der
In dem anderen konkreten Fall wurde der Untergebrachte im Jahre 1990 durch Urteil des Landgerichts Lübeck wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem wurde seine Unterbringung in der
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte hält nachträgliche Sicherungsverwahrung für nicht vereinbar mit der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundrechte
Im Jahre 1998 wurde das Gesetz geändert und die Zehnjahresfrist ist mit der Neufassung des § 67 d Absatz 3 StGB entfallen. Aus diesem Grund hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem gleich gelagerten Fall, in dem die Anordnung der
Staatsanwaltschaft beantragt Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
Nach Erlass und Bekanntwerden der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat die Staatsanwaltschaft bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht bei der örtlich zuständigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lübeck beantragt, eine Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung ist nach Ablauf der Höchstfrist von 10 Jahren für erledigt zu erklären
Diesen Antrag hat die Strafvollstreckungskammer abschlägig beschieden und in beiden Fällen die verhängte Maßregel der Unterbringung in der
Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht Beschwerde eingelegt.
Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung für „Altfälle“ konventionswidrig
Der I. Strafsenat hat die Beschwerden der Staatsanwaltschaft aus folgenden Gründen verworfen:
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte befasst sich mit zwei Vorschriften aus der EMRK, nämlich Art. 5 und 7 EMRK, die über ein entsprechendes Transformationsgesetz geltendes nationales deutsches Recht geworden sind, und zeigt dabei einen Maßstab für die Auslegung nationalen Rechts auf. Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt (§ 2 Absatz 6 StGB). Bei konventionsgemäßer Auslegung des § 2 Absatz 6 StGB ist die Regelung des Art. 7 EMRK als gesetzliche Ausnahmeregelung zu bewerten, die für die Anordnung der
Dauer der Sicherungsverwahrung nach wie vor auf 10 Jahre zu begrenzen
Eine solche Auslegung des § 2 Absatz 6 StGB ist nicht etwa deshalb als „systemwidrig“ zu bewerten, weil sie die Grenzen des Wortlauts der Bestimmung überschritte und dem Willen des Gesetzgebers widerspräche. Denn mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist festzuhalten, dass die
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.07.2010
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
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Dokument-Nr. 9978
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