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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21.11.2012
2 BvR 1858/12 -

Voll­streckungs­schutz gegen Zwangsräumung bei Suizidgefahr

Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) ist zu beachten

Besteht die Gefahr, dass der Schuldner im Falle einer Zwangsräumung Suizid begeht, ist ihm gemäß § 765 a ZPO Voll­streckungs­schutz zu gewähren. Insofern hat das Voll­streckungs­gericht das Grundrecht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) zu beachten. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­verfassungs­gerichts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Einem 72 Jahre alten Hauseigentümer drohte im Februar 2012 eine Zwangsräumung. Da er befürchtete im Falle der Räumung Selbstmord zu begehen, beantragte er Vollstreckungsschutz.

Amtsgericht und Landgericht verneinten Vollstreckungsschutz

Dieser Schutz wurde ihm jedoch sowohl vom Amtsgericht Freiberg als auch vom Landgericht Chemnitz versagt. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass nach Ausführungen eines Sachverständigen keine akute Suizidgefahr bestanden habe. Sollte sich dies zum Zeitpunkt der Räumung geändert haben, was nach Auffassung des Sachverständigen zu erwarten war, obliege es dem Gerichtsvollzieher entsprechende Maßnahmen zum Lebensschutz zu ergreifen. Der Hauseigentümer erhob daraufhin Verfassungsbeschwerde.

Nichtbeachtung des Grundrechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit

Das Bundesverfassungsgericht entschied zu Gunsten des Hauseigentümers und hob die Entscheidung des Landgerichts auf. Die Entscheidung des Landgerichts habe nicht hinreichend das Grundrecht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) berücksichtigt. Denn das Gericht habe das Bestehen einer Suizidgefahr im Zeitpunkt der Räumung und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zu deren Abwendung nicht geprüft.

Landgericht musste Möglichkeit eines Suizids zum Zeitpunkt der Räumung prüfen

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts habe das Landgericht die Entscheidung über ein Vollstreckungsschutz nicht dem Gerichtsvollzieher überlassen dürfen. Vielmehr hätte es selbst der Frage nachgehen müssen, ob dem Hauseigentümer zum Zeitpunkt der Räumung Gefahr für Leib oder Leben droht und wie einer solchen Gefahr gegebenenfalls zu begegnen ist. Als mögliche Maßnahmen nannte das Bundesverfassungsgericht den Aufschub der Zwangsräumung. Dies verbunden mit der Auflage, dass der Hauseigentümer soziale Hilfe für die Bewältigung der Situation in Anspruch nimmt.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.03.2014
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)

Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Freiberg, Beschluss vom 01.02.2012
    [Aktenzeichen: 4 M 0519/12]
  • Landgericht Chemnitz, Beschluss vom 02.07.2012
    [Aktenzeichen: 3 T 58/12]
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Dokument-Nr.: 17918 Dokument-Nr. 17918

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Kommentare (1)

 
 
Angelika Skibbe schrieb am 24.03.2014

Allerdings richten sich die Gerichte nicht immer danach - habe es selbst erlebt, obwohl vom Psychologen und Neurologen eine Umzugsunfähigkeitsbescheinigung vorlag - ich wurde trotzdem obdachlos - selbst beim weiter Klagen würde ich die Wohnung ja nicht wieder kriegen, da sie dann vermietet war.

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