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Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2017
- VIII ZR 278/16 -
Gebrauchtwagenkäufer darf Vorschuss für Transportkosten zur Nacherfüllung eines nicht fahrbereiten Pkw verlangen
Verkäufer hat zum Zwecke der Nacherfüllung erforderliche Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Käufer eines gebrauchten Pkw dessen Verbringung an den Geschäftssitz des Verkäufers zum Zwecke der Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung eines Transportkostenvorschusses abhängig machen darf.
Im zugrunde liegenden Verfahren kaufte die in Schleswig-Holstein ansässige Klägerin von der Beklagten, die in Berlin einen Fahrzeughandel betreibt, zum Preis von 2.700 Euro einen gebrauchten Pkw Smart, den die Beklagte in einem Internetportal angeboten hatte.
Kurze Zeit nach Übergabe des Fahrzeugs wandte sich die Klägerin wegen eines nach ihrer Behauptung aufgetretenen Motordefekts an die Beklagte, um mit ihr die weitere Vorgehensweise zur Schadensbehebung im Rahmen der Gewährleistung zu klären. Nachdem eine Reaktion der Beklagten ausgeblieben war, forderte die Klägerin sie unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf. Hierauf bot die Beklagte telefonisch eine Nachbesserung an ihrem Sitz in Berlin an. Die Klägerin verlangte daraufhin unter Aufrechterhaltung der gesetzten Frist die Überweisung eines Transportkostenvorschusses von 280 Euro zwecks Transports des nach ihrer Behauptung nicht fahrbereiten Pkw nach Berlin beziehungsweise die Abholung des Fahrzeugs durch die Beklagte auf deren Kosten. Nachdem diese sich nicht gemeldet hatte, setzte die Klägerin ihr eine Nachfrist zur Mängelbeseitigung und ließ, als die Beklagte hierauf wiederum nicht reagierte, die Reparatur des Pkw in einer Werkstatt bei Kassel durchführen.
Klägerin verlangt Schadensersatz für Reparatur-, Transport- und Reisekosten
Für ihr entstandene Reparatur-, Transport- und Reisekosten verlangt die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 2.332,32 Euro. Ihre Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren weiter.
Verkäufer muss durch Vorschusszahlung den Transport einer mangelbehafteten Kaufsache zum Ort der Nacherfüllung ermöglichen
Der Bundesgerichtshof entschied, dass ein
Erfüllungsort der Nacherfüllung befindet sich in der Regel am Wohn- oder Geschäftssitz des Schuldners
Zwar muss ein taugliches Nacherfüllungsverlangen (§ 439 Abs. 1 BGB) nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem
Käufer kann nach dem Schutzzweck des Unentgeltlichkeitsgebots vorab Vorschuss zur Abdeckung der Transportkosten beanspruchen
Jedoch hat der
Klägerin hat zulässiges Nacherfüllungsverlangen erhoben
Dementsprechend hat die Klägerin durch ihre Bereitschaft, das Fahrzeug (nur) nach Zahlung eines dafür erforderlichen Transportkostenvorschusses nach Berlin transportieren zu lassen, ein den Anforderungen des § 439 Abs. 1 BGB genügendes Nacherfüllungsverlangen erhoben. Der Bundesgerichtshof hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, welches nunmehr zu den von der Klägerin gerügten Mängeln und der Höhe des von ihr angesetzten Schadens weitere Feststellungen zu treffen haben wird.
§ 439 BGB Nacherfüllung
(1) Der Käufer kann als
(2) Der
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§ 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung
1 Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger [...] Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder
§ 269 BGB Leistungsort
(1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.
[...]
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.07.2017
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Amtsgericht Pankow/Weißensee, Urteil vom 09.12.2015
[Aktenzeichen: 2 C 271/15] - Landgericht Berlin, Urteil vom 08.11.2016
[Aktenzeichen: 88 S 14/16]
- Nacherfüllung bei Mängeln muss ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.04.2011
[Aktenzeichen: VIII ZR 220/10]) - OLG Hamm zum Wahlrecht eines Fahrzeugkäufers zwischen Nachbesserung und Nachlieferung
(Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 21.07.2016
[Aktenzeichen: 28 U 175/15]) - Verkäufer will Mangel am Fahrzeug überprüfen: Pflicht zur Tragung der Transportkosten aus der Türkei nach Deutschland
(Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 22.01.2021
[Aktenzeichen: 13 S 130/20])
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