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die zehn aktuellsten Urteile, die zum Schlagwort „Schwerbehinderung“ veröffentlicht wurden
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.08.2023
- 6 AZR 56/23 -
BAG zur Vermutungswirkung bei betriebsbedingter Kündigung in der Insolvenz
Kündigung ist aufgrund der Vermutung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO wirksam
Ist eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG geplant und schließen der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat darüber einen Interessenausgleich mit Namensliste, wird nach § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO vermutet, dass die Kündigung des in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmers durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs muss sich die Betriebsänderung noch in der Planungsphase befinden, damit dem Betriebsrat entsprechend dem Zweck des § 111 BetrVG eine Einflussnahme auf die unternehmerische Entscheidung möglich ist. Dies hat das BAG entschieden.
Der Kläger war seit 2011 bei der Insolvenzschuldnerin, einem Unternehmen der Herstellung und des Vertriebs von Spezialprofilen aus Stahl und Stahlerzeugnissen mit ca. 400 Arbeitnehmern, tätig. Der beklagte Insolvenzverwalter schloss vor dem Hintergrund einer geplanten Betriebsstilllegung mit dem bei der Schuldnerin gebildeten Betriebsrat am 29. Juni 2020 einen Interessenausgleich mit drei verschiedenen, insgesamt sämtliche Arbeitnehmer aufführen-den Namenslisten. Der Kläger war auf der zweiten Liste namentlich genannt. Nach Unter-zeichnung des Interessenausgleichs kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis des Klägers betriebsbedingt mit... Lesen Sie mehr
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Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 19.10.2022
- 7 ABR 27/21 -
Fortbestand der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Anzahl der schwerbehinderten Beschäftigten in einem Betrieb unter fünf
BAG lässt Rechtsbeschwerde zu
Die Schwerbehindertenvertretung ist die Interessenvertretung der schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten. Sie wird nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ua. in Betrieben mit wenigstens fünf - nicht nur vorübergehend beschäftigten - schwerbehinderten Menschen für eine Amtszeit von regelmäßig vier Jahren gewählt. Sinkt die Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter im Betrieb unter den Schwellenwert von fünf, ist das Amt der Schwerbehindertenvertretung nicht vorzeitig beendet. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht.
In dem Kölner Betrieb einer Arbeitgeberin mit ungefähr 120 Mitarbeitern wurde im November 2019 eine Schwerbehindertenvertretung gewählt. Zum 1. August 2020 sank die Zahl der schwerbehinderten Menschen in diesem Betrieb auf vier Beschäftigte. Die Arbeitgeberin informierte die Schwerbehindertenvertretung darüber, dass sie nicht mehr existiere und die schwerbehinderten Beschäftigten von... Lesen Sie mehr
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.06.2022
- 8 AZR 191/21 -
Bundesarbeitsgericht zur Darlegungspflicht für eine Entschädigung gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Kein Anspruch auf Entschädigung nach AGG
Der Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, kann die - vom Arbeitgeber widerlegbare - Vermutung iSv. § 22 AGG begründen, dass die Benachteiligung, die der schwerbehinderte Mensch erfahren hat, wegen der Schwerbehinderung erfolgte. Zu diesen Vorschriften gehört § 168 SGB IX, wonach die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts bedarf. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung zu zahlen. Der Kläger war bei dem Beklagten als Hausmeister beschäftigt. Er wurde auf der Grundlage eines zwischen dem Beklagten und der Stadt L. geschlossenen "Vertrags über eine Personalgestellung" mit Hausmeisterleistungen... Lesen Sie mehr
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Verwaltungsgericht Mainz, Urteil vom 28.01.2022
- 4 K 1036/20.MZ -
Schwerbehinderte Bewerber dürfen bei Stellenvergabe nicht benachteiligt werden
Nichteinladung eines Schwerbehinderten begründet Anspruch auf Entschädigung nach AGG
Einer schwerbehinderten Bewerberin, der die fachliche Eignung für eine von einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle nicht evident fehlt, ist in der Regel eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zu zahlen, wenn sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden ist. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz.
Die Klägerin, bei der ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 vorliegt, bewarb sich auf eine von einer Verwaltungsbehörde für einen Bürosachbearbeiter ausgeschriebene Stelle. Sie verfügt u.a. über die Fachhochschulreife und eine dreijährige Ausbildung zur Fachfrau für Systemgastronomie. Die Beklagte teilte ihr mit, dass ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werde, und wies den geltend gemachten... Lesen Sie mehr
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.01.2022
- 5 C 6.20 -
Erreichen des Regelrentenalters schließt Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz nicht aus
Kostenübernahme für notwendige Arbeitsassistenz auch im Rentenalter möglich
Ein schwerbehinderter Mensch kann im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamts für begleitende Hilfen im Arbeitsleben die Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz auch nach Erreichen des Regelrentenalters beanspruchen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
Der 1951 geborene Kläger ist blind und mit einem Grad der Behinderung von 100 als schwerbehindert anerkannt. Die Leistungen für eine Assistenzkraft in Höhe von monatlich 1.650,- Euro (22 Wochenstunden), die er für seine selbständige Tätigkeit als Lehrer, Berater und Gewerbetreibender erhielt, erbrachte der beklagte Landeswohlfahrtsverband nur bis zum 30. Juni 2016, weil der Kläger ab... Lesen Sie mehr
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.04.2021
- 8 AZR 279/20 -
Keine Einladung zum Vorstellungsgespräch trotz Schwerbehinderung wegen Nichterreichens einer Mindestnote in Stellenprofil
LAG muss konsequente Anwendung des Auswahlkriteriums prüfen
Das BAG hatte über den Anspruch eines schwerbehinderten Stellenbewerbers, der wegen Nichterreichens der geforderten Mindestnote im Stellenprofil nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war, auf Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen Benachteiligung aufgrund seiner Schwerbehinderteneigenschaft zu entscheiden.
Im Sommer 2018 schrieb die Beklagte für eine Beschäftigung im Bundesamt für Verfassungs-schutz mehrere Stellen als Referenten/Referentinnen aus. In der Stellenausschreibung heißt es u.a.: „Sie verfügen über ein wissenschaftliches Hochschulstudium ... der Politik-, Geschichts- oder Verwaltungswissenschaften … mit mindestens der Note ‚gut‘. Der Kläger, der sein Studium der Fächer Politikwissenschaften,... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.11.2020
- 5 StR 256/20 -
Tötung eines schwer geschädigten Säuglings nach der Geburt ist ein strafbares Tötungsdelikt
BGH bestätigt überwiegend Urteil im Berliner Zwillingsfall
Der BGH hat die Revisionen gegen das Urteil des LG Berlin im Berliner Zwillingsfall, womit zwei Geburtsmediziner wegen Totschlags (in minder schwerem Fall) zu Bewährungsstrafen verurteilt worden waren, überwiegend verworfen.
Das Landgericht Berlin hat die beiden angeklagten Geburtsmediziner wegen Totschlags (in minder schwerem Fall) zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten beziehungsweise einem Jahr und neun Monaten verurteilt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.Nach den Feststellungen des Landgerichts war eine Frau mit Zwillingen schwanger. Während der Schwangerschaft... Lesen Sie mehr
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.10.2020
- 8 A 2020/20 -
Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen "G" und "B" genügt ohne Vorliegen einer Gehbehinderung nicht für Parkerleichterung
Orientierungslosigkeit aufgrund geistiger Behinderung begründet ebenfalls keinen Anspruch auf Parkerleichterung
Ein Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen "G" und "B" genügt ohne Vorliegen einer Gehbehinderung nicht für eine Parkerleichterung. Auch eine Orientierungslosigkeit wegen einer geistigen Behinderung ändert daran nichts. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall klagte ein Bürger im Jahr 2019 vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf auf die Gewährung einer Parkerleichterung für Schwerbehinderte. Der Kläger besaß einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen "G" und "B". Zwar lag bei ihm keine Gehbehinderung vor, jedoch beklagte er eine Orientierungslosigkeit aufgrund seiner geistigen Behinderung. Das Verwaltungsgericht... Lesen Sie mehr
Landgericht München I, Urteil vom 05.11.2020
- 11 O 10306/20 -
Keine Diskriminierung eines Fußballfans durch Fußballverein bei Einschränkung durch Kontingent und Buchungsart für Begleitpersonen Schwerbehinderter
Klage gegen Münchner Fußballverein abgewiesen
Das Landgericht München I hat die Klage eines Fußballfans wegen des Anspruchs auf Unterlassung und Schadenersatz aus dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz gegen einen Münchner Fußballverein abgewiesen.
Der stark sehbeeinträchtigte Kläger, der Inhaber eines Schwerbehindertenausweises derKategorie B ist, buchte zwei Tickets für sich und seine Begleitperson für ein von dem Beklagten veranstaltetes Fußballspiel über das Online-Portal einer Stiftung. Bei der Online-Buchung musste der Kläger für das Ticket seiner Begleitperson 16,50 EUR entrichten, die er zunächst auch bezahlte,... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.03.2020
- VI ZR 316/19 -
BGH: Krankenhausbetreiberin muss nach fehlerhafter Geburt behinderungsbedingte Mehrkosten einer Urlaubsreise tragen
Mehrkosten nicht umfasst von Schmerzensgeld
Ist ein Kind aufgrund einer fehlerhaften Geburt schwer behindert und entstehen dadurch für eine Urlaubsreise Mehrkosten, so muss dafür eine Krankenhausbetreiberin aufkommen, wenn sie sich zur Übernahme von Pflege- und Betreuungskosten verpflichtet hat. Die behinderungsbedingten Mehrkosten einer Reise sind nicht bereits durch das Schmerzensgeld abgegolten. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 1988 kam es bei einer Geburt zu fehlerhaften medizinischen Behandlungen, wodurch das Kind eine schwere Behinderung erlitt. In der Folgezeit wurde mit der Krankenhausbetreiberin ein Vergleich geschlossen, der Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlungen detailliert regelte. Unter anderem verpflichtete sich die Krankenhausbetreiberin... Lesen Sie mehr