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Bundessozialgericht, Urteil vom 22.04.2008
- B 1 KR 10/07 R -
Bundessozialgericht zur Arzneizuzahlung von Arbeitslosengeld II-Beziehern
Das Existenzminimum wird durch Zuzahlungen von 41,40 Euro im Jahr bei Arbeitslosengeld II-Beziehern nicht unterschritten. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden. Die Regelleistung von derzeit 347,- EUR liegt nach Auffassung der Richter deutlich über dem verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimum. Das Gericht wies damit die Klage eines Arbeitslosen ab. Dieser war der Meinung, dass Zuzahlungen von monatlich 3,45 EUR seine Menschenwürde verletzten.
Der 1955 geborene Kläger ist bei der beklagten Betriebskrankenkasse (Taunus BKK) krankenversichert. Er war bis Ende 2003 gemäß § 61 SGB V aF von der
Kläger sollte jährlich Zuzahlungen bis zu 41,40 EUR leisten
Die Beklagte setzte die Belastungsgrenze des Klägers für Zuzahlungen in den Jahren 2005 und 2006 auf jeweils 41,40 Euro fest und befreite ihn jeweils nach Zuzahlung dieses Betrags für den Rest des Jahres von weiteren Zuzahlungen. Der Kläger meint, er werde durch die ihm abverlangten Zuzahlungen unzumutbar und verfassungswidrig belastet, weil deshalb sein Existenzminimum nicht mehr gewährleistet sei. Seine Klage ist in allen Instanzen erfolglos geblieben.
Bundessozialgericht sieht keinen Eingriff in das Existenzminimum
Das Bundessozialgericht konnte sich demgegenüber nicht von einem Eingriff in das Existenzminimum überzeugen. Der Kläger hatte ohne eigene Beitragslast im gesamten Zeitraum Anspruch auf alle GKV-Leistungen wie ein Beschäftigter. Zusätzlich erhielt er 2004 insgesamt 6.757,66 Euro Arbeitslosenhilfe, nahezu das Doppelte des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand in Rheinland-Pfalz. 2005 und 2006 bezog er 345 Euro als Regelleistung und zusätzlich Zahlungen für Unterkunft und Heizung. Die Darlehensregelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II ermöglichte, dass der Zuzahlungsbetrag von 41,40 Euro jährlich nicht vollständig auf einmal, sondern nur in monatlichen Raten zu jeweils 3,45 Euro zu entrichten war.
Gesetzgeber hat jenseits des "physischen Existenzminimums" weiten Gestaltungsspielraum
Das Grundgesetz garantiert mit der Menschenwürde und dem Sozialstaatsgebot, dass dem Einzelnen das Existenzminimum gewährleistet wird. Über dessen sozialrechtlich zu gewährende Mindesthöhe hat in erster Linie der Gesetzgeber zu entscheiden. Er darf dabei die jeweiligen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Je stärker der Gesetzgeber sich den denkbar untersten verfassungsrechtlichen Grenzen des Existenzminimums nähern will, desto geringer wird sein Regelungsspielraum. Zugleich müssen seine Ermittlungsergebnisse im Tatsächlichen um so zuverlässiger sein. Bei wirtschaftlichem Wohlstand in Deutschland, bei einer von Überfluss an materiellen Gütern geprägten Gesellschaft, ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet, zwecks Achtung der Menschenwürde und des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit im Inland lebenden Bedürftigen jedenfalls das zur physischen Existenz Unerlässliche zu gewähren. Jenseits der Bestimmung des "physischen Existenzminimums" steht ihm ein weites Gestaltungsermessen zu.
Zuzahlungspflicht vertretbar
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.04.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des BSozG vom 22.04.2008
- Sozialgericht Mainz, Entscheidung
[Aktenzeichen: S 8 KR 101/04] - Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Entscheidung
[Aktenzeichen: L 5 KR 7/06]
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Dokument-Nr. 5944
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