die zehn aktuellsten Urteile, die zum Rechtsgebiet „Krankenversicherungsrecht“ veröffentlicht wurden
Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22.01.2024
- S 11 KR 285/19 KH -
Gesetzliche Krankenkasse muss Behandlungskosten für entwichenen Häftling erstatten
Kein Anspruch auf Gesundheitsfürsorge durch die Justizvollzugsbehörde nach Flucht
Das Sozialgericht Hannover hat entschieden, dass eine gesetzliche Krankenkasse verpflichtet ist, einem Krankenhaus die Behandlungskosten in Höhe von ca. 20.000,00 € für einen entwichenen Häftling zu erstatten. Der Fall bezieht sich auf einen Vorfall aus dem Jahre 2016, als der Häftling nach Vollzugslockerungen nicht in die Justizvollzugsanstalt zurückkehrte, sondern bei einem – in angenommener suizidaler Absicht – verschuldeten Verkehrsunfall schwer verletzt wurde und noch am Aufnahmetag im Krankenhaus seinen Verletzungen erlag.
Das klagende Krankenhaus vertrat die Auffassung, der Strafvollzug im Rahmen des offenen Vollzuges sei durch die Flucht unterbrochen worden. Der Verletzte habe deshalb zum Behandlungszeitpunkt keinen Anspruch auf Gesundheitsfürsorge durch die Vollzugsbehörde gehabt. Da nach dem Gesetz kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestanden habe, sei der Verletzte aufgrund der Auffangpflichtversicherung bei der beklagten Krankenkasse, bei der der Verletzte vor seiner Inhaftierung aufgrund einer Beschäftigung pflichtversichert war, pflichtversichert gewesen.Das SG entschied zugunsten des Krankenhauses und urteilte,... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2023
- I-13 U 222/22 -
Private Krankenversicherung muss die Kosten für die Versorgung mit Medizinal-Cannabis nicht übernehmen
Therapie stellt keine von der Schulmedizin allgemein anerkannte Behandlungsmethode dar
Private Krankenversicherer müssen Versicherten mit Glasknochenkrankheit nicht eine Behandlung mit Medizinal-Cannabis bezahlen. Nach den bisherigen Erkenntnissen sei nicht feststellbar, dass das Cannabis geeignet ist, durch die Erkrankung verursachte Schmerzen zu lindern, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf.
Der Kläger, der bei der Beklagten eine private Krankenversicherung unterhält, leidet an Osteogenesis Imperfecta Typ 1 (Glasknochenkrankheit). Er hat behauptet, aufgrund dieser Erkrankung träten regelmäßig Schmerzen auf, die mit ausgeprägter Immobilität verbunden seien. Weil die konventionellen Behandlungsmethoden ausgeschöpft seien und zumindest eine schwere Erkrankung mit wesentlichen... Lesen Sie mehr
Landgericht Wuppertal, Urteil vom 29.12.2022
- 4 O 373/21 -
Private Krankenversicherung muss Kosten einer heterologen Insemination einer transidenten Person übernehmen
Vorliegen einer "organisch bedingten Sterilität" im Sinne der Versicherungsbedingungen
Ist eine heterologe Insemination bei "organisch bedingter Sterilität" vom Versicherungsschutz einer privaten Krankenversicherung umfasst, so müssen die Kosten einer Kinderwunschbehandlung einer transidenten Person übernommen werden. Dies hat das Landgericht Wuppertal entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2020 beantragte ein transidenter Mann von seiner privaten Krankenversicherung die Übernahme der Kosten einer heterologen Insemination. Der Mann verfügte weder über funktionsfähige weibliche Fortpflanzungsorgane noch Hoden und die weiteren inneren Geschlechtsorgane wie Nebenhoden oder Samenleiter. Die Krankenversicherung lehnte die... Lesen Sie mehr
Werbung
Sozialgericht München, Urteil vom 26.10.2022
- S 59 KR 650/22 -
Keine Erstattung der Kosten für Antibiotika-augmentierte Thermoeradikation bei Borreliose durch gesetzliche Krankenversicherung
Fehlendes Vorliegen einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses für neue Behandlungsmethode
Die Kosten für eine Antibiotika-augmentierte Thermoeradikation bei Borreliose können nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet verlangt werden. Insofern fehlt es an der Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses für die neue Behandlungsmethode. Zudem ist die Hyperthermie von der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen. Dies hat das Sozialgericht München entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein nach einem Zeckenbiss an Borreliose erkrankter Mann unterzog sich in der Zeit von August 2021 bis Februar 2022 der Behandlungsmethode der Antibiotika-augmentierten Thermoeradikation. Die dadurch entstandenen Kosten in Höhe von über 10.000 € verlangte er von seiner gesetzlichen Krankenkasse erstattet. Da diese eine Kostenerstattung ablehnte,... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17.08.2022
- L 16 KR 344/21 -
Gesetziche Krankenversicherung muss keine Brustvergrößerung aus psychischen Gründen übernehmen
LSG Niedersachsen-Bremen lehnt Antrag ab - Trend zu mehr ästhetischen Operationen
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) keine Brustvergrößerung aus psychischen Gründen übernehmen muss.
Geklagt hatte eine 52-jährige Frau aus dem Landkreis Hildesheim. Schon als 26-jährige ließ sie eine ästhetische Brustvergrößerung mit Kochsalzimplantaten vornehmen. Als sie wegen eines undichten Implantats beim Frauenarzt war, wurde eine Brustkrebserkrankung diagnostiziert, so dass beide Implantate entfernt werden mussten. Zwei Jahre nach der Operation beantragte sie eine neue und... Lesen Sie mehr
Werbung
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.06.2022
- IV ZR 253/20 -
Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung wirksam
Wirksame Prämienanpassungsklausel in Verbindung mit Tarifbedingungen des Versicherers
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine wirksame Grundlage für Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung in § 8 b Abs. 1 MB/KK 2009 (Musterbedingungen 2009 des Verbandes der privaten Krankenversicherung; i.F.: MB/KK) in Verbindung mit den Tarifbedingungen des Versicherers enthalten ist. Dies betrifft Beitragserhöhungen, bei denen der Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen eine Abweichung über dem tariflich festgelegten Prozentsatz von 5 % ergeben hat, der gesetzliche Schwellenwert von 10 % aber nicht überschritten wird.
Der Kläger wendet sich gegen mehrere Beitragserhöhungen seines privaten Krankenversicherers, die er für unwirksam hält, und klagt daher unter anderem auf Rückzahlung der auf die Beitragserhöhungen gezahlten Prämienanteile.Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat dies zum Teil abgeändert und die Beklagte unter anderem zur teilweisen Rückzahlung... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04.05.2022
- 2 BvL 1/22 -
Unzulässige Vorlage eines Amtsgerichts zum Säumniszuschlag auf Prämienrückstände in der privaten Pflichtkrankenversicherung
BVerfG weist Vorlage als unzureichend begründet ab
Das Bundesverfassungsgericht hat eine Vorlage des Amtsgerichts Wiesbaden zu § 193 Abs. 6 Satz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) für unzulässig erklärt, da sie den Begründungsanforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nicht genügt. Die Vorlage betrifft die Frage, ob diese Vorschrift insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als der Versicherungsnehmer für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten hat.
Nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG ist jede Person mit Wohnsitz im Inland grundsätzlich verpflichtet, für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen eine private Krankheitskostenversicherung zu gesetzlich näher geregelten Bedingungen abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Gerät der Versicherungsnehmer einer solchen Pflichtkrankenversicherung mit der Prämienzahlung in Rückstand,... Lesen Sie mehr
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20.04.2022
- L 1 KR 412/20 -
Aufwandsentschädigung von Stadtverordneten nicht beitragspflichtig
Hessisches Landessozialgericht entscheidet im Sinne ehrenamtlich tätiger Stadtverordneter
Die Aufwandsentschädigung für Stadtverordnete ist bei der Bemessung der Krankversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht heranzuziehen. Es handelt sich hierbei weder um Arbeitsentgelt noch um Arbeitseinkommen. Dies entschied das Hessischen Landessozialgericht.
Eine Rentnerin aus Offenbach ist ehrenamtlich als Stadtverordnete tätig. Sie erhält hierfür eine Aufwandsentschädigung von 480 € monatlich. Hierauf wurden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von rund 75 € monatlich erhoben . Die Stadtverordnete wandte dagegen ein, dass ihre Tätigkeit als Ehrenamt nicht sozialversicherungspflichtig sei.Die Richter beider Instanzen... Lesen Sie mehr
Sozialgericht Aachen, Urteil vom 18.01.2022
- S 13 KR 333/21 -
Kein Anspruch auf Kostenübernahme für Liege-Dreirad mit Elektromotor durch Gesetzliche Krankenversicherung
Liege-Dreirad stellt Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht Hilfsmittel dar
Ein behinderter Mensch hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für ein Liege-Dreirad mit Elektromotor durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Denn ein Liege-Dreirad stellt ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar und nicht ein Hilfsmittel im Sinne der GKV. Dies hat das Sozialgericht Aachen entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall beanspruchte ein behinderter Mann im April 2021 von der gesetzlichen Krankenversicherung die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines Liege-Dreirads mit Elektromotor. Der Mann litt an einer Friedreich-Ataxie mit chronische fortschreitender Verminderung der eigenständigen Fortbewegungsfähigkeit durch zunehmende Deformierung der Füße und beinbetonter... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.10.2021
- L 4 KR 417/20 -
Lipofilling statt Silikonimplantat - Krankenkasse muss auch Folge-OP zahlen
LSG Niedersachsen-Bremen gibt Klage statt
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nach der Bewilligung einer Brustoperation auch die notwendige Folge-OP tragen muss.
Zugrunde lag das Verfahren einer 33-jährigen Frau aus Friesland. Anlagebedingt hatte sie eine einseitige, tubuläre Fehlbildung der Brust. Zur Korrektur der Asymmetrie wurde 2017 eine Transplantation von Eigenfett aus Unterbau und Flanken vorgenommen und von der Kasse bezahlt. Ein halbes Jahr später zeigte sich bei einer Verlaufskontrolle, dass der Seitenunterschied noch nicht vollständig... Lesen Sie mehr