Werbung
die zehn aktuellsten Urteile, die zum Schlagwort „gerichtliches Verfahren“ veröffentlicht wurden
Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.10.2021
- X K 5/20 -
BFH: Kein Entschädigungsanspruch für durch Corona-Pandemie verursachte Verlängerung eines finanzgerichtlichen Verfahrens
Kein spezifisch die Justiz betreffendes Organisationsverschulden
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine Verzögerung beim Sitzungsbetrieb eines Finanzgerichts, die durch den Beginn der Corona-Pandemie verursacht wurde, nicht zur Unangemessenheit der gerichtlichen Verfahrensdauer führt.
Ein an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligter hat gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes einen eigenständig einklagbaren Entschädigungsanspruch für immaterielle Nachteile, die ihm dadurch entstehen, dass sein Gerichtsverfahren nicht in angemessener Zeit beendet wird.Bei der Frage der Angemessenheit der Dauer finanzgerichtlicher Verfahren geht der BFH im Regelfall von der Vermutung aus, dass der Finanzrichter bei einem typischen durchschnittlichen Klageverfahren gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage konsequent auf die Erledigung des Verfahrens hinwirken muss. Andernfalls kann ein Verfahrensbeteiligter für jeden einzelnen... Lesen Sie mehr
Werbung
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 09.08.2017
- 20 U 184/15 -
Diebstahl am Fahrzeug: Lügen vor Gericht kann zum Verlust des Kaskoanspruchs führen
Unwahre Aussagen können Redlichkeitsvermutung widerlegen
Eine Lüge vor Gericht beim Geltendmachen eines Kaskoanspruchs wegen eines Diebstahls kann dazu führen, dass die für den Versicherungsnehmer streitende "Redlichkeitsvermutung" widerlegt und seine Klage deswegen erfolglos ist. Dies geht aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm.
Im zugrunde liegenden Streitfall nahm der aus einer ostwestfälischen Gemeinde stammende Kläger den beklagten Versicherer aus Dortmund aus einer Kaskoversicherung auf Entschädigung für einen behaupteten Diebstahl von Fahrzeugteilen seines Porsche 911 in Anspruch. Er behauptet, sein Fahrzeug an einem Abend im März 2014 unbeschädigt auf dem Gehweg einer Straße in Bünde abgestellt zu haben.... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.06.2017
- 2 BvR 1333/17 -
Referendarin im juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Hessen scheitert mit Eilantrag gegen Kopftuchverbot
Auch Rechtsreferendare haben als Repräsentanten staatlicher Gewalt staatliches Neutralitätsgebot zu beachten
Das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einer Referendarin im juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Hessen abgelehnt. In Hessen dürfen Rechtsreferendarinnen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen, bei Verhandlungen im Gerichtssaal nicht auf der Richterbank sitzen, keine Sitzungsleitungen und Beweisaufnahmen durchführen, keine Sitzungsvertretungen für die Amtsanwaltschaft übernehmen und während der Verwaltungsstation keine Anhörungsausschusssitzung leiten. Die Beschwerdeführerin, die als Ausdruck ihrer individuellen Glaubensüberzeugung in der Öffentlichkeit ein Kopftuch trägt, wandte sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde und dem damit verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen diese Beschränkungen und rügt vornehmlich die Verletzung ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und ihrer Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG). Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beruht auf einer Folgenabwägung.
Die Beschwerdeführerin des zugrunde liegenden Verfahrens hat die deutsche und die marokkanische Staatsbürgerschaft. Als Ausdruck ihrer individuellen Glaubensüberzeugung trägt sie in der Öffentlichkeit ein Kopftuch. Sie ist seit Januar 2017 Rechtsreferendarin im Land Hessen. Referendarinnen im juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Hessen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch... Lesen Sie mehr
Werbung
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 04.05.2017
- BVerwG 2 C 45.16 -
Karenzzeit für pensionierte Richter bei Rechtsanwaltstätigkeit vor früherem Gericht zulässig
Beeinträchtigung dienstlicher Belange naheliegend
Das Auftreten eines in den Ruhestand versetzten Richters als Rechtsanwalt vor dem Gericht, an dem er zuvor tätig war, begründet die Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Belange und rechtfertigt es, ihm diese Tätigkeit für eine Übergangszeit zu untersagen. Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht.
Der Kläger des zugrunde liegenden Falls wurde nach langjähriger Tätigkeit in der Zivilkammer eines Landgerichts mit Ablauf des Jahres 2014 in den Ruhestand versetzt. Er ist anschließend als Rechtsanwalt zugelassen worden und hat Prozessvertretungen auch vor diesem Landgericht übernommen. Der Präsident des Oberlandesgerichts untersagte ihm daraufhin, bis einschließlich 31. Dezember... Lesen Sie mehr
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.03.2017
- 2 AZR 551/16 -
Gerichtlich bestätigtes Entlassungsverlangen des Betriebsrats begründet dringendes betriebliches Erfordernis für ordentliche Kündigung
BAG zum Kündigungsschutz nach einem Entlassungsverlangen des Betriebsrats
Ist einem Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrats in einem Verfahren nach § 104 Satz 2 BetrVG rechtskräftig aufgegeben worden einen Arbeitnehmer zu entlassen, liegt für eine ordentliche Kündigung dieses Arbeitnehmers ein dringendes betriebliches Erfordernis i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2015 verlangte der Betriebsrat eines Versicherungskonzerns die Entlassung einer Sachbearbeiterin, da es zwischen ihr und zwei Arbeitskollegen im Oktober 2014 und Januar 2015 zu Auseinandersetzungen kam. Nachdem der Konzern eine Kündigung ablehnte, setzte der Betriebsrat sein Entlassungsverlangen gerichtlich durch. Der Versicherungskonzern... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgericht Hannover, Beschluss vom 26.07.2016
- 2 B 3650/16 -
Ehemaliger Richter darf nicht als Rechtsanwalt vor seinem früheren Gericht auftreten
Auftreten als Rechtsanwalt vor Gericht führt zur Beeinträchtigung dienstlicher Interessen
Das Verwaltungsgericht Hannover hat entschieden, dass ein ehemaliger Richter für Strafsachen nach seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand nicht in seinem früheren Gericht als Rechtsanwalt auftreten darf, da das Auftreten als Rechtsanwalt vor Gericht zur Beeinträchtigung dienstlicher Interessen führen könnte.
Der 1954 geborene Antragsteller des zugrunde liegenden Falls war seit 1983 als Richter am Amtsgericht Burgwedel tätig. Er war dort vornehmlich für Strafsachen zuständig. Ende Mai 2015 wurde er auf seinen Antrag in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Nach seiner Zulassung als Rechtsanwalt trat er in einer vor dem Amtsgericht Burgwedel anhängigen Strafsache als Verteidiger auf. Mit Verfügung... Lesen Sie mehr
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.01.2016
- BVerwG 10 C 17.14 -
Steuerberater sind auch zur Vertretung in Beitragsstreitigkeiten befugt
Gemäß § 67 VwGO dürfen Steuerberater "in Abgabenangelegenheiten" vor den Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten als Bevollmächtigte auftreten
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Steuerberater ihre Mandanten auch in Streitigkeiten über Fremdenverkehrsbeiträge vertreten dürfen.
Der Entscheidung liegt ein Rechtsstreit zwischen der Stadt Riedenburg und mehreren Steuerberatern zu Grunde. Die Stadt Riedenburg ist ein Fremdenverkehrsort im Altmühltal. Die klagenden Steuerberater betreuen verschiedene Fremdenverkehrsbetriebe in Steuersachen und machen zusätzlich die erforderlichen Angaben zu den Fremdenverkehrsbeiträgen. Zwischen Stadtverwaltung und Steuerberatern ist umstritten, ob die... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.09.2015
- 1 BvR 857/15 -
Strafverfahren mit hohem Medieninteresse: Verweigerte Zusendung einer anonymisierten Urteilskopie an Zeitungsverlag verletzt Grundrecht auf Pressefreiheit
Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde auf Zusendung einer Urteilskopie
Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassungsbeschwerde eines Zeitungverlags gegen eine Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts stattgegeben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das Oberverwaltungsgericht hatte es im Eilrechtsschutzverfahren abgelehnt, einen Landgerichtspräsidenten zur Zusendung einer anonymisierten Urteilskopie über ein von hohem Medieninteresse begleitetes Strafverfahren zu verpflichten. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die vom Oberverwaltungsgericht angeführten Gründe lassen eine Gefährdung des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens oder weiterer Strafverfahren nicht erkennen.
Die Beschwerdeführerin des zugrunde liegenden Verfahrens, eine Zeitungs-Verlagsgruppe, begehrte im Eilrechtsschutzverfahren die Übersendung einer anonymisierten Urteilskopie über ein Strafverfahren vor dem Landgericht gegen den ehemaligen Innenminister des Freistaates T. und Beigeordneten der Stadt E. (nachfolgend: der Beigeladene). Diesen hatte das Landgericht wegen Vorteilsannahme... Lesen Sie mehr
Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.03.2015
- 1 EO 128/15 -
Landgericht muss rechtskräftiges Strafurteil nicht an Medienvertreter herausgeben
Sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens könnte bei Übersendung des Urteils gefährdet werden
Das Landgericht Meiningen ist nicht verpflichtet, eine anonymisierte Kopie des im Fall des früheren Thüringer Innenministers Christian Köckert ergangenen Strafurteils an Medienvertreter herauszugeben. Dies hat das Thüringer Oberverwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden und damit einen entgegenstehenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen geändert.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Landgericht Meiningen hatte den früheren Minister nach umfänglicher Beweisaufnahme am 8. Januar 2014 wegen Vorteilsnahme in zwei Fällen und Abgeordnetenbestechung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die es zur Bewährung aussetzte. Nachdem sowohl der Angeklagte selbst als auch die Staatsanwaltschaft Revision gegen das Urteil eingelegt... Lesen Sie mehr
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 27.03.2014
- C-322/13 -
Verwendung der Deutschen Sprache vor Gericht muss in der Region Bozen für alle Unionsbürger möglich sein
Nationale Regelung nicht mit Unionsrecht vereinbar
Die Möglichkeit, die deutsche Sprache vor den Zivilgerichten der Provinz Bozen zu gebrauchen, darf nicht allein den in dieser Region wohnhaften italienischen Bürgern vorbehalten werden. Diese Möglichkeit muss vielmehr jeder Unionsbürger haben. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.
Vor den italienischen Zivilgerichten ist der Gebrauch der italienischen Sprache vorgeschrieben. Jedes in einer anderen Sprache abgefasste Schriftstück ist nichtig. Für die Gerichte in der Provinz Bozen besteht jedoch eine Ausnahme: Die in dieser Region wohnhaften italienischen Bürger haben die Möglichkeit, die deutsche Sprache zu gebrauchen. Diese Ausnahme soll die ethnisch-kulturelle... Lesen Sie mehr