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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 26.03.2019
- C-129/18 -
Recht auf Einreise und Aufenthalt: Vormundschaft gemäß Regelung der algerischen Kafala ist nicht mit Adoption gleichzusetzen
Minderjährigem muss nach Würdigung der Umstände Einreise und Aufenthalt in EU-Mitgliedsstaat des Vormunds aber erleichtert werden
Ein Minderjähriger, für den ein Unionsbürger nach der Regelung der algerischen Kafala die Vormundschaft übernommen hat, kann nicht als "Verwandter in gerader absteigender Linie" dieses Unionsbürgers angesehen werden. Der Mitgliedstaat, in dem der Unionsbürger wohnt, muss jedoch nach einer Würdigung die Einreise des Minderjährigen in sein Hoheitsgebiet und seinen Aufenthalt dort erleichtern. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.
Zwei im Vereinigten Königreich lebende Ehegatten französischer Staatsangehörigkeit beantragten bei den Behörden dieses Mitgliedstaats für ein algerisches
Ist Kind als "Verwandter in gerader absteigender Linie" anzusehen?
In diesem Zusammenhang möchte der Supreme Court of the United Kingdom (Oberster Gerichtshof des Vereinigten Königreichs) vom Gerichtshof der Europäischen Union zusammengefasst wissen, ob das
Zwei Möglichkeiten für Einreise und Aufenthalt
Die Richtlinie sieht zwei Wege vor, auf denen ein
Kindes unter Kafala verleiht Kind nicht die Stellung eines Erben des Vormunds
In seinem Urteil stellte der Gerichtshof zunächst fest, dass die Kafala nach algerischem Recht die Verpflichtung eines Erwachsenen darstelle, sich genauso, wie es ein Elternteil für sein eigenes
Der Gerichtshof prüfte sodann, ob der in Freizügigkeitsrichtlinie enthaltene Begriff "Verwandter in gerader absteigender Linie" eines Unionsbürgers dahin auszulegen sei, dass er ein
Richtlinie enthält keine Definition des Begriffs "Verwandter in gerader absteigender Linie"
Der Gerichtshof bestätigte insoweit, dass aus dem Gebot einer einheitlichen Anwendung des Rechts der Union wie auch des Gleichheitssatzes folge, dass die Begriffe der Freizügigkeitsrichtlinie in Ermangelung eines Verweises auf das Recht der Mitgliedstaaten in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssten. Da die Richtlinie außerdem keine Definition des Begriffs "Verwandter in gerader absteigender Linie" enthalte, seien bei der Auslegung dieses Begriffs nicht nur der Wortlaut der fraglichen Vorschrift, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden.
Begriff "Abstammungsverhältnis" ist weit aufzufassen
In diesem Zusammenhang wies der Gerichtshof darauf hin, dass der Begriff "Verwandter in gerader absteigender Linie" gemeinhin auf das Bestehen eines Abstammungsverhältnisses in gerader Linie verweise, das die betroffene Person mit einer anderen Person verbindet. Der Begriff "Abstammungsverhältnis" sei weit aufzufassen, so dass er jedes Abstammungsverhältnis, unabhängig davon, ob es biologischer oder rechtlicher Art sei, erfasse und der Begriff "Verwandter in gerader absteigender Linie" eines Unionsbürgers demgemäß dahin zu verstehen sei, dass er sowohl jedes leibliche als auch jedes adoptierte
Gemäß Kafala unter Vormundschaft gestelltes Kind ist nicht als "Verwandter in gerade absteigender Linie" anzusehen
Der Gerichtshof stellte fest, dass ein
Kind ist unter den Begriff des anderen "Familienangehörigen" zu fassen
Jedoch war der Gerichtshof der Ansicht, dass ein solches
Einheit der Familie im weiteren Sinne ist zu wahren
Der Gerichtshof hob hervor, dass das Ziel der Freizügigkeitsrichtlinie insoweit darin bestehe, die Einheit der Familie im weiteren Sinne zu wahren, indem die
Entscheidung über Einreiseantrag muss auf eingehender Untersuchung persönlicher Umstände beruhen
Der Gerichtshof unterstrich, dass die Mitgliedstaaten daher vorsehen müssten, dass Personen eine Entscheidung über ihren Einreiseantrag erhalten können, die auf einer eingehenden Untersuchung ihrer persönlichen Umstände, bei der verschiedene Faktoren zu berücksichtigen sind, beruhe und die im Fall der Ablehnung begründet werde. Zudem müsse von dem Ermessensspielraum, den die Mitgliedstaaten haben, im Licht und unter Beachtung der Bestimmungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere des Rechts auf Achtung des Familienlebens und des Schutzes des Kindeswohls, Gebrauch gemacht werden.
Behörden müssen ausgewogene und sachgerechte Würdigung aller aktuellen und relevanten Umstände des einzelnen Falles treffen
Der Gerichtshof gelangte zu der Schlussfolgerung, dass die zuständigen nationalen Behörden die
Grundrecht der Achtung des Familienlebens gebietet Gewährung eines Rechts auf Einreise und Aufenthalt des Kindes
Für den Fall, dass nach Abschluss dieser Würdigung feststehe, dass das
Erläuterungen
* - Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 2004,L158,S.77, und Berichtigung in ABl. 2004,L229,S.35).
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.03.2019
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
- OLG Hamm zur Vormundschaft bei einem minderjährigen Flüchtling
(Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13.06.2017
[Aktenzeichen: 4 UF 31/17]) - Vormund eines Pflegekindes muss sich an Elternwillen bei Bestimmung der Religionszugehörigkeit des Kindes halten
(Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 29.03.2016
[Aktenzeichen: 2 UF 223/15])
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Dokument-Nr. 27222
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