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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12.02.2016
17 U 66/15 -

Lieferung eines durch ein Chiffrierkürzel benannten 3-Türers statt des gewünschten 5-Türers kann Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigen

Trotz Auslieferung eines 3-Türers kann gleichwohl Vertrag über Erwerb eines 5-Türers zustande gekommen sein

Enthält ein Bestellformular über ein Neufahrzeug ein Chiffrierkürzel, das der Käufer nicht kennt, und wird infolgedessen ein 3-Türer ausgeliefert, obwohl der Käufer einen 5-Türer kaufen wollte, so kommt unter bestimmten Umständen ein Kaufvertrag über ein fünftüriges Fahrzeug zustande. Dies geht aus einer Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin wollte einen Neuwagen erwerben. Sie gab gegenüber einem Mitarbeiter des beklagten Autohauses an, für welches Modell sie sich interessierte. Für die Probefahrt stellte die Beklagte ein Fahrzeug des gewünschten Modells zur Verfügung. Dieser Pkw hatte fünf Türen. In dem anschließenden Gespräch wurde über verschiedene Ausstattungsmerkmale (Motorstärke, Navigationsgerät etc.) gesprochen, nicht aber über die Anzahl der gewünschten Türen. Das von der Klägerin danach unterzeichnete Bestellformular enthielt ein Chiffrierkürzel, das der Klägerin unbekannt war. Bei der Abholung des Fahrzeugs wurde der Klägerin ein dreitüriges Fahrzeug übergeben, denn das verwendete Chiffrierkürzel war ein solches für ein dreitüriges Fahrzeug. Die Klägerin war der Auffassung, dass ihr ein falsches Fahrzeug geliefert worden sei, denn sie habe ein fünftüriges Auto bestellt. Sie erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Beklagte erklärte, dass die Klägerin ein dreitüriges Fahrzeug bestellt habe und lehnte die Rücknahme des Pkw ab.

Fahrzeugkäuferin ist wegen korrekt zustande gekommenem Vertrag zum Rücktritt vom Kauf berechtigt

Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Rücknahme des Fahrzeugs und Rückzahlung des Kaufpreises, weil sich die Parteien tatsächlich nicht geeinigt und deshalb keinen wirksamen Kaufvertrag geschlossen haben. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht entschied demgegenüber, dass ein wirksamer Kaufvertrag über ein fünftüriges Fahrzeug zustande gekommen ist. Wegen des Rücktritts der Klägerin vom Kaufvertrag ist die Beklagte jedoch zur Rücknahme des 3-Türers und zur Rückzahlung des Kaufpreises verpflichtet.

Bestellung eines fünftürigen Fahrzeugs entspricht heutzutage typischem Kaufverhalten

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Oberlandesgericht aus, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über ein fünftüriges Fahrzeug zustande gekommen sei, obwohl auf dem Bestellformular das Chiffrierkürzel eines 3-Türers angegeben war. Aus den Gesamtumständen ergebe sich, dass die Klägerin ein Fahrzeug mit fünf Türen bestellen wollte. Sie fuhr bisher einen 5-Türer. Die Probefahrt fand in einem fünftürigen Fahrzeug statt und im anschließenden Verkaufsgespräch wurde über die Anzahl der gewünschten Türen nicht mehr gesprochen. Weiterhin beanstandete die Klägerin sofort bei Auslieferung des Fahrzeugs, dass dieses nur drei Türen habe. Daraus lasse sich der Wille der Klägerin zur Bestellung eines fünftürigen Fahrzeugs ableiten. Das habe die Verkäuferin aufgrund der ihr bekannten Umstände erkennen müssen. Sie habe von der Probefahrt im fünftürigen Fahrzeug gewusst und davon, dass über die Anzahl der Türen bei der Bestellung nicht mehr gesprochen worden sei. Darüber hinaus entspreche es heutzutage dem typischen Käuferverhalten, einen fünftürigen Pkw zu bestellen. Das habe auch die Beklagte als Verkäuferin gewusst, denn nach ihren eigenen Angaben bestellten im Jahre 2014 nur 15 von 100 Käufern dieses Modells einen 3-Türer. Da die Klägerin die Bedeutung der Chiffrierung nicht gekannt habe, könne sich die Beklagte auch nicht auf die Vollständigkeit und Richtigkeit des Bestellformulars berufen.

Beklagte muss Kaufpreis erstatten

Ist somit ein wirksamer Kaufvertrag über ein fünftüriges Fahrzeug zustande gekommen, ist die Beklagte wegen des Rücktritts der Klägerin vom Kaufvertrag verpflichtet, den Kaufpreis zurückzuzahlen und das Fahrzeug zurückzunehmen. Ob sich die Beklagte ihrerseits beim Abschluss des Kaufvertrages in einem Irrtum befunden hat, der sie zur Anfechtung des Kaufvertrages berechtigt hätte, war nicht zu entscheiden, weil die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen ist.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.03.2016
Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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Kommentare (3)

 
 
Rudolph schrieb am 23.03.2016

Dieses Urteil ist dogmatisch nicht haltbar - jedenfalls nicht auf der Grundlage des mitgeteilten Sachverhaltes. Dieser steht eindeutig für eine fehlende Einigung, was bedeutet, dass kein Vertrag zustande gekommen ist. Ich frage mich, was das OLG bewogen hat, dies anders zu beurteilen.

MK antwortete am 23.03.2016

Die Entscheidung ist richtig. Was bewiegt sie, hier anders zu entscheiden?

Ingrid Okon schrieb am 23.03.2016

es ist eine Unsitte in Verträgen mit Schiffrierkürzeln, oder Paragraphen zu arbeiten. Autoverkäufer, Arbeitgeber usw. sollten darauf bedacht sein die Verträge verständlich zu formulieren.

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