Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 23.01.2014
- 2 U 57/13 -
Intransparente Vertragsklauseln zur Kostenüberschussbeteiligung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Riester-Rentenverträgen unzulässig
Durchschnittlicher Versicherungsnehmer geht beim Lesen der AGBs von Teilhabe an Wirtschaftsergebnis der Versicherung aus
Klauseln von Allgemeine Geschäftsbedingungen zu so genannten Riester-Rentenverträgen, die bei einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer den Eindruck erwecken, dass er an den Kostenüberschüssen beteiligt wird, das Klauselwerk jedoch nicht ausreichend deutlich macht, dass bestimmte Vertragskategorien von der Kostenüberschussbeteiligung ganz ausgeschlossen sind, sind intransparent und daher unzulässig. Dies entschied das Oberlandesgericht Stuttgart.
Die Kläger verlangen von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung von Klauseln zur Kostenüberschussbeteiligung in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu so genannten Riester-Rentenverträgen. In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten wird ausgeführt, dass die Versicherungsnehmer an den Kostenüberschüssen zu beteiligen sind. Aus weiteren Klauselwerken und Bedingungen ergibt sich, dass eine Kostenüberschussbeteiligung tatsächlich erst bei einem Garantiekapital oder Mindestwert von 40.000 Euro ausbezahlt wird. Die Kläger sind der Auffassung, dass die erst über mehrere Stationen im Sinne eines „Hürdenlaufs“ oder einer „Schnitzeljagd“ erfassbaren Regelungen nicht transparent sind, die Beklagte stellt darauf ab, dass die Komplexität der Erläuterungen an der schwierigen Materie liege.
Klauselwerke machen Ausschluss von der Kostenüberschussbeteiligung in bestimmten Vertragskategorien nicht ausreichend deutlich
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Berufung der Beklagten gegen die zur Unterlassung verurteilende Entscheidung des Landgerichts Stuttgart zurückgewiesen und das Verbot einer Verwendung der Klauseln bestätigt. Die verwendeten Versicherungsbedingungen sind nicht ausreichend transparent. Mit den Allgemeinen Versicherungsbedingungen wird bei einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer der Eindruck erweckt, er werde an den Kostenüberschüssen beteiligt. Die Klauselwerke machen aber nicht ausreichend deutlich, dass bestimmte Vertragskategorien von der Kostenüberschussbeteiligung ganz ausgeschlossen sind. Da für das Kollektiv der Versicherungsnehmer ein ständiger Aufbau von Überschüssen skizziert und eine Mindestteilhabe daran versprochen werde, sehe sich der durchschnittliche Versicherungsnehmer als Teilhaber an dem Wirtschaftsergebnis der Versicherung. Eine solche Erwartung bestehe schon allgemein, da ansonsten ein Sparvertrag mit festen Zinsen gewählt werden könnte. Die Beteiligung (auch) an den Kostenüberschüssen einer Versicherung stelle gerade das verlockende, das - jedenfalls jahrzehntelang - Vorteilhafte dieser Anlage- und Ansparform dar. Das demgegenüber bestimmte Vertragskategorien an dem beworbenen Vorteil der Anlageform überhaupt nicht teilhaben, wird nach Auffassung des Urteils nirgends ersichtlich, obwohl die Beklagte einfach sinngemäß anfügen und erläutern könnte, dass Kleinsparer von der Kostenüberschussbeteiligung ausgeschlossen sein können.
§ 153 VVG - Überschussbeteiligung
(1) Dem Versicherungsnehmer steht eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) zu, es sei denn, die Überschussbeteiligung ist durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen; die Überschussbeteiligung kann nur insgesamt ausgeschlossen werden.
(2) Der Versicherer hat die Beteiligung an dem Überschuss nach einem verursachungsorientierten Verfahren durchzuführen; andere vergleichbare angemessene Verteilungsgrundsätze können vereinbart werden. Die Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 des Handelsgesetzbuchs bleiben unberücksichtigt.
(3) Der Versicherer hat die Bewertungsreserven jährlich neu zu ermitteln und nach einem verursachungsorientierten Verfahren rechnerisch zuzuordnen. Bei der Beendigung des Vertrags wird der für diesen Zeitpunkt zu ermittelnde Betrag zur Hälfte zugeteilt und an den Versicherungsnehmer ausgezahlt; eine frühere Zuteilung kann vereinbart werden. Aufsichtsrechtliche Regelungen zur Kapitalausstattung bleiben unberührt.
(4) Bei Rentenversicherungen ist die Beendigung der Ansparphase der nach Absatz 3 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt.
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.01.2014
Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart/ra-online
- Landgericht Stuttgart, Urteil vom 25.04.2013
[Aktenzeichen: 11 O 231/12]
- Mehr Rechte für Versicherte - Kunden von Lebenspolicen können mehr Geld bei vorzeitiger Kündigung erwarten
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2005
[Aktenzeichen: IV ZR 162/03, IV ZR 177/03 und IV ZR 245/03]) - Anerkenntnisurteil im Rechtsstreit um die Wirksamkeit einer Bestimmung eines sog. „Riester-Rente“-Vertrages
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.11.2005
[Aktenzeichen: IV ZR 63/04])
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 17562
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil17562
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.