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Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 29.02.2012
5 U 10/10 -

Plagiat einer Webseite: Keine Urheberrechts­verletzung bei fehlender Individualität und "künstlerischer" Eigenleistung der Webseite

Oberlandesgericht Hamburg wies Klage auf Unterlassung und Schadenersatz ab

Fehlt einer Webseite die notwendige Individualität bzw. enthält sie keine "künstlerische" Eigenleistung, so ist sie nicht urheberrechtlich geschützt. Wird sie also kopiert, liegt keine Urheberrechts­verletzung vor. Ein Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz besteht dann nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Informatiker, der Mobiliar für Veranstaltungen vermietete, wurde wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung abgemahnt. Die Abmahnung erfolgte von einem Unternehmen, welches Internetpräsenzen für Firmen und Privatleute erstellte. Hintergrund der Abmahnung war, dass die Webseite des Informatikers einer Internetseite entsprach, die das Unternehmen für einen Gastronomiebetrieb erstellt hatte. Das Unternehmen behauptete, der Informatiker habe die Webseite mittels einer Software kopiert und somit plagiiert. Es sah darin eine Verletzung ihres Urheberrechts und klagte auf Unterlassung und Schadenersatz. Das Landgericht Hamburg wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Unternehmens.

Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz bestand nicht

Das Oberlandesgericht Hamburg entschied gegen das Unternehmen. Es habe keinen Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz zugestanden, da die von dem Unternehmen erstellte Webseite keinen Urheberrechtsschutz genossen habe.

Kein Urheberrechtsschutz aufgrund Schutzfähigkeit des Computerprogramms

Der Urheberrechtsschutz habe sich nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht aus der Schutzfähigkeit des Computerprogramms, mit dessen Hilfe die Webseite erstellt wurde, ergeben (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 69a UrhG). Denn das Unternehmen habe nichts dazu vorgetragen, dass das von ihr erstellte Programm als Computerprogramm schutzfähig gewesen sei. Es sei nicht ersichtlich gewesen, was ihr Computerprogramm ausgemacht habe oder inwieweit und wodurch es sich von anderen, bereits bekannten Computerprogrammen unterschieden habe. Es genüge nicht darzulegen, dass keine einfache HTML-Programmierung verwendet wurde sowie dass für die Erstellung der Programmierung verschiedene Programme und unterschiedliche Programmiersprachen benutzt wurden.

Kein Schutz des Webseiteninhalts als Sprachwerk

Weiterhin sei der Webseiteninhalt nicht als Sprachwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG schutzfähig gewesen, so das Oberlandesgericht. Im vorliegenden Fall habe es sich bei den sprachlichen Inhalten der Internetseite um eine Adressangabe, den Firmennamen und um Stichwörter für die Unterseiten gehandelt. Bei einer derart einfachen Aneinanderreihung von wenigen Begriffen könne keine Schutzfähigkeit im Hinblick auf die sprachliche Gestaltung angenommen werden.

Internetseite stellte kein schutzfähiges Kunstwerk dar

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts habe die Internetseite kein schutzfähiges Kunstwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG dargestellt. Denn dies hätte vorausgesetzt, dass die Webseite eine persönlich geistige Schöpfung von individueller Prägung darstelle. Der ästhetische Gehalt müsse einen Grad erreichen, dass von einer "künstlerischen" Leistung gesprochen werden könne. Dazu habe das Unternehmen jedoch nichts vorgetragen. Vielmehr habe die Webseite dem durchschnittlichen handwerklichen Können eines Webseitengestalters entsprochen. So sei der benutzte Schrifttyp eine Standardschriftart gewesen. Des Weiteren sei die Aufteilung in unterschiedlich farbige Bereiche (Grau/Weiß) bei vielen anderen Internetseiten zu finden gewesen. Ebenso habe es sich mit den integrierten Anfahrtsskizzen, Kalender und Fotos verhalten.

Keine Schutzwürdigkeit wegen wissenschaftlicher oder technischer Darstellungen

Das Gericht führte weiter aus, dass die Webseite ebenfalls nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG schutzwürdig gewesen sei. Denn sie habe keine wissenschaftlichen oder technischen Darstellungen enthalten. Die Vorschrift verlange zwar kein hohes Maß an eigenschöpferischer Formgestaltung. Vielmehr genüge ein geringes Maß an Eigentümlichkeit und individuelle Prägung. Dennoch müsse eine individuelle, sich vom alltäglichen Schaffen abhebende Geistestätigkeit in dem darstellerischen Gedanken zum Ausdruck kommen. Hier habe das Unternehmen hingegen nicht genügend zur Eigentümlichkeit vorgetragen.

Farbauswahl und Gestaltung der Webseite begründete keine Eigentümlichkeit

Dem Vortrag des Unternehmens konnte aus Sicht der Richter nicht entnommen werden, inwieweit das Layout der Webseite ein gewisses Maß an Eigentümlichkeit aufweise. So sei die Kombination der Farben Grau, Weiß und Rot und das breite rote Farbband im oberen Bereich der Webseite nicht unüblich für gewerbliche Seiten gewesen. Die Farbausauswahl habe daher nicht als so originell bezeichnet werden können, dass das Unternehmen diese mit Hilfe des Urheberschutzes für sich monopolisieren habe können. Es habe auch unter Berücksichtigung der weiteren Gestaltungselemente auf der Internetseite keine Leistung vorgelegen, die über dem durchschnittlichen handwerklichen Können eines Webseitengestalters hinausgingen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.04.2013
Quelle: Oberlandesgericht Hamburg, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Hamburg, Urteil vom 18.12.2009
    [Aktenzeichen: 308 O 232/09]
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Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungs-Report (GRUR-RR)
Jahrgang: 2013, Seite: 138
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MMR 2012, 83

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