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Kammergericht Berlin, Beschluss vom 19.12.2014
6 W 155/14 -

Gemeinschaftliches Testament eines Ehepaars mit gegenseitiger Einsetzung als Alleinerben und der Kinder als Schlusserben erlangt mit Tod des Erstversterbenden Bindungswirkung für Überlebenden

Überlebender kann im gemeinschaftlichen Testament getroffene Verfügungen nicht ändern

Setzt sich ein Ehepaar in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Alleinerben ein und ihre Kinder als Schlusserben, liegen darin regelmäßig wechselbezügliche Verfügungen im Sinne des § 2270 BGB. Mit dem Tod eines Ehegatten tritt daher eine Bindungswirkung für den Überlebenden ein. Dieser ist nunmehr daran gehindert von den getroffenen Verfügungen abzuweichen (§ 2271 Abs. 2 BGB). Dies hat das Kammergericht entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall errichtete ein Ehepaar im Dezember 2002 ein gemeinschaftliches Testament. In diesem setzten sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben und ihre gemeinsame Tochter als Schlusserbin ein. Nach dem Tod seiner Ehefrau, errichtete der Ehemann im April 2013 ein eigenhändiges Testament, wodurch seine Tochter enterbt wurde. Nach dessen Tod beantragte die Tochter trotz der letztwilligen Verfügung ihres Vaters einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Nachdem das zuständige Nachlassgericht den Antrag ablehnte, musste das Kammergericht über den Fall entscheiden.

Enterbung der Tochter durch eigenhändiges Testament des Erblassers unwirksam

Das Kammergericht entschied, dass die Tochter nicht aufgrund des eigenhändigen Testaments ihres Vaters vom April 2013 enterbt worden sei. Ihr Vater sei insofern durch das gemeinschaftliche Testament vom Dezember 2002 an einer Enterbung gehindert gewesen (§ 2271 Abs. 2 BGB). Die Einsetzung der Tochter als Schlusserbin habe eine wechselbezügliche Verfügung im Sinne des § 2270 BGB dargestellt. Dies habe den Vater gebunden.

Bei gegenseitiger Einsetzung als Alleinerben und der Kinder als Schlusserben ist von Wechselbezüglichkeit der Verfügungen auszugehen

Setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben und die Kinder als Schlusserben ein, sei nach Ansicht des Kammergerichts regelmäßig von der Wechselbezüglichkeit der Verfügungen auszugehen. Denn ein Ehegatte werde der mit der Einsetzung des anderen Ehegatten zum Alleinerben verbundenen Enterbung der gemeinsamen Kinder in der Regel nur dann zustimmen, wenn die Kinder durch den anderen Ehegatten zugleich als Schlusserben eingesetzt werden und somit jedenfalls im zweiten Erbgang am Familienvermögen teilhaben können.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 20.04.2015
Quelle: Kammergericht, ra-online (vt/rb)

Aktuelle Urteile aus dem Erbrecht
Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2014, Seite: 226
MDR 2014, 226

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Dokument-Nr.: 20924 Dokument-Nr. 20924

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Kommentare (2)

 
 
Georg Grimm schrieb am 21.04.2015

Kathi@

Der überlebende Ehegatte kann mit dem "Alleinerbe" als „Alleineigentümer“ machen was er will (das war ja der Sinn des gemeinschaftlichen Testaments). Er kann es verbrauchen, dann ist nach seinem Ableben eben nichts mehr da – und es gibt „praktisch“ nichts zu erben (kommt einer Enterbung gleich). Oder er verbraucht es nicht, dann „erbt“ nach seinem Ableben eben der gesetzliche Erbe, in diesem Fall die Tochter.

Wenn der Vater also seine Tochter enterben möchte (was "praktisch" durch die Bindung aus dem gemeinschaftlichen Testament nicht möglich ist), darf er nichts hinterlassen – also zu Lebzeiten verbrauchen.

Kathi schrieb am 20.04.2015

Hallo, was wäre wenn der Vater nach dem Tod der Mutter als Alleinerbe begonnen hätte sämtliche Dinge zu verkaufen, sodass von dem Erbanteil der Mutter theoretisch nichts mehr übrig wäre was der Tochter vererbt werden kann?

Lieben Gruß

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