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Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 29.02.2012
6 A 69/11, 6 A 70/11 und 6 A 71/11 -

Getränkeausschank in Raucherräumen von Diskotheken zulässig

Gesetzgeber kommt durch angeordnetes relatives Rauchverbot Interessen von Rauchern und Gaststättenbetreibern nach

Der Ausschank von Getränken in abgetrennten, gekennzeichneten Raucherräumen von Diskotheken ist rechtmäßig. Die entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof und änderte damit anders lautende Urteile des Verwaltungsgerichts Kassel ab und hob entsprechende gaststättenrechtliche Untersagungen auf.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagten Betreibergesellschaften von Diskotheken, in denen abgetrennte Raucherräume eingerichtet waren, deren Grundflächen weniger als 30 % der Gesamtfläche der jeweiligen Diskothek betrugen. In diesen als Raucherräumen gekennzeichneten Bereichen wurden an einer Theke Getränke ausgeschenkt.

Stadt untersagt Ausschank von Getränken in abgetrennten Raucherräumen

Mit gaststättenrechtlichen Auflagen untersagte die Stadt Kassel die Bewirtschaftung der Theken bzw. den Ausschank von Getränken in diesen Raucherräumen. Zur Begründung führte die Stadt aus, bei diesen Räumen handele es sich nicht um untergeordnete Nebenräume im Sinne des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes, da sie für die Gäste und für die Betreiber der Diskotheken keine untergeordnete Bedeutung mehr hätten. Vielmehr sei es für alle Gäste, ob Raucher oder Nichtraucher, durch den angebotenen Getränkeausschank sehr „attraktiv“ diese ruhigeren Bereiche der Diskotheken aufzusuchen, um sich zu unterhalten und in Gesellschaft Getränke zu konsumieren. Dies sei mit dem Zweck des Hessischen Nichtrauchergesetzes nicht vereinbar.

Betreibergesellschaften der Diskotheken halten Untersagung für unzureichend begründet

Dagegen haben die Betreibergesellschaften der Diskotheken Klage erhoben und die Auffassung vertreten, dass in einem Rauchernebenraum keine Theke betrieben werden dürfe, ergebe sich aus dem Hessischen Nichtraucherschutzgesetz nicht. Gerade unter dem Aspekt des Nichtraucherschutzes sei es nicht nachvollziehbar und mit dem Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens nicht zu begründen, dass in diesen Nebenräumen kein Serviceangebot für diejenigen Gäste bereitgehalten werden dürfe, die sich dort aufhalten wollten.

VGH hebt Auflagenbescheide der Stadt auf

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen abgewiesen. Auf die dagegen von den Klägern erhobenen, zugelassenen Berufungen hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof diese erstinstanzlichen Urteile abgeändert und die Auflagenbescheide der Stadt Kassel aufgehoben.

Gesetzgeber muss gegebenenfalls konkretisierende Regelungen zur Gestaltung von Raucherräumen treffen

Zur Begründung hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, mit der ausnahmsweisen Zulassung von Raucherräumen in Gaststätten habe der hessische Landesgesetzgeber - ebenso wie die Gesetzgeber der übrigen Bundesländer mit vergleichbaren Ausnahmeregelungen - nur ein relatives Rauchverbot angeordnet. Damit sei der Gesetzgeber sowohl den Interessen der rauchenden Gäste als auch den Interessen der Gaststättenbetreiber nachgekommen, den rauchenden Gästen ebenfalls ein gastronomisches Angebot unterbreiten zu können. Damit habe er aber auch in Kauf genommen, dass sich auch Nichtraucher in Raucherräumen von Gaststätten aufhielten. Ohne konkretisierende Regelungen des Gesetzgebers zur Gestaltung von Raucherräumen bzw. zur Reduzierung der Attraktivität solcher Räume verbiete sich deshalb eine Auslegung des Begriffs „Nebenraum“ im Hessischen Nichtraucherschutzgesetz, wonach eine Theke bzw. Schankanlage die untergeordnete Funktion des Nebenraums nicht mehr gewährleiste und einen so gestalteten Raum zu einem weiteren Hauptraum werden lasse.

§ 2 Abs. 4 des Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens (Hessisches Nichtraucherschutzgesetz) lautet:

„In Gaststätten können vollständig abgetrennte Nebenräume vorgehalten werden, in denen das Rauchen gestattet ist. Diese Räume sind ausdrücklich als Raucherräume zu kennzeichnen.“

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 29.02.2012
Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online

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