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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 23.04.2015
- C-96/14 -
Missbräuchliche Klauseln im Versicherungsvertrag: Verbraucher muss wirtschaftliche Folgen bei Vertragsabschluss einschätzen können
Vertrag muss konkrete Funktionsweise der Versicherung transparent und verständlich darstellen
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass ein Versicherungsvertrag die Funktionsweise der Versicherung transparent, genau und nachvollziehbar darstellen muss, damit der Verbraucher die wirtschaftlichen Folgen einschätzen kann. Die Tatsache, dass der Versicherungsvertrag mit gleichzeitig abgeschlossenen Darlehensverträgen verbunden ist, kann bei der Prüfung der Einhaltung des Transparenzerfordernisses der Vertragsklauseln eine Rolle spielen, da davon auszugehen ist, dass der Verbraucher nicht die gleiche Aufmerksamkeit hinsichtlich des Umfangs der abgedeckten Risiken walten lassen wird.
Die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln* sieht vor, dass missbräuchliche Klauseln, die in einem mit einem Gewerbetreibenden geschlossenen
Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Verfahren schloss Herr Jean-Claude Van Hove im Jahr 1998 mit einem Kreditinstitut zwei Hypothekardarlehensverträge über einen Betrag von etwa 68.000 Euro ab. Bei Abschluss dieser Darlehen trat er einem "Gruppenversicherungsvertrag" der CNP Assurances bei, der u. a. die Übernahme von 75 % der Zahlungsverpflichtungen im Fall der vollständigen Arbeitsunfähigkeit gewährleisten sollte. Infolge eines Arbeitsunfalls wurde Herr Van Hove zu einem Grad von 72 % dauerhaft teilweise arbeitsunfähig im Sinne des französischen Sozialversicherungsrechts. Der vom Versicherungsunternehmen beauftragte Arzt kam zu dem Schluss, dass der Gesundheitszustand von Herrn Van Hove ihm zwar nicht die Wiederaufnahme seines früheren Berufs, wohl aber die Ausübung einer angepassten Teilzeitberufstätigkeit ermögliche. Das Unternehmen lehnte es daher ab, weiterhin die Zahlungsverpflichtungen aus dem Darlehen wegen der Arbeitsunfähigkeit von Herrn Van Hove zu übernehmen.
Kunde hält Vertragsklauseln in Bezug auf Definition der vollständigen Arbeitsunfähigkeit für unverständlich und missbräuchlich
Herr Van Hove hat Klage auf Feststellung erhoben, dass die Vertragsklauseln in Bezug auf die Definition der vollständigen Arbeitsunfähigkeit und die Bedingungen, unter denen die Zahlungsverpflichtungen von der
Versicherung verneint Missbräuchlichkeit der Vertragsklauseln
Die CNP Assurances ist der Ansicht, dass die betreffende Klausel nicht
Streitige Klausel kann auch eigentlichen Gegenstand des Vertrags betreffen
In seinem Urteil stellt der Gerichtshof unter Hinweis auf den 19. Erwägungsgrund der Richtlinie fest, dass Klauseln in Versicherungsverträgen, die das versicherte Risiko und die Verpflichtung des Versicherers klar festlegen oder abgrenzen, nicht Gegenstand einer Beurteilung der Missbräuchlichkeit sind, sofern diese Einschränkungen bei der Berechnung der vom
Wirtschaftliche Folgen waren für Kunden mangels transparenter Erläuterung möglicherweise nicht ersichtlich
Hinsichtlich der Frage, ob die streitige Klausel klar und verständlich abgefasst ist, weist der Gerichtshof darauf hin, dass das von der Richtlinie aufgestellte Erfordernis der Transparenz von Vertragsklauseln nicht auf deren bloße Verständlichkeit in formeller und grammatikalischer Hinsicht beschränkt werden kann, sondern dass dieses Erfordernis umfassend verstanden werden muss. Im vorliegenden Fall schließt der Gerichtshof nicht aus, dass die Tragweite der Klausel, die den Begriff der vollständigen Arbeitsunfähigkeit definiert, vom
Verbraucher muss wirtschaftliche Folgen auf Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien einschätzen können
Nach Ansicht des Gerichtshofs könnte auch der Umstand, dass der Versicherungsvertrag zusammen mit den Darlehensverträgen Teil eines Vertragswerks ist, in diesem Kontext relevant sein. Daher kann vom
Erläuterungen
* - Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29).
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.04.2015
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
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Dokument-Nr. 20959
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