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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 10.07.2024
4 ZB 23.1795 -

Namentliche Protokollierung ausschließlich der Nein-Stimmen bei Gemeinde­rats­beschlüssen ist unzulässig

Namentliche Protokollierung ausschließlich der Nein-Stimmen stellt Verstoß gegen die verfassungs­rechtlich gewährleistete Mandatsgleichheit dar

Der Bayerische Verwaltungs­gerichts­hof (BayVGH) hat entschieden, dass die Praxis des Stadtrats der Stadt Windischeschenbach, bei namentlicher Abstimmung nur die mit „Nein“ stimmenden Ratsmitglieder im Protokoll namentlich aufzuführen, rechtswidrig ist.

Nach einer kommunalaufsichtlichen Überprüfung dieser Praxis forderte das Landratsamt Neustadt a. d. Waldnaab die Stadt auf, die zugrundeliegende Regelung aus der Geschäftsordnung des Stadtrats zu entfernen. Eine von der Stadt dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Regensburg ab.

Namentliche Protokollierung nur der Nein-Stimmen verstößt gegen verfassungsrechtlich gewährleistete Mandatsgleichheit

Der BayVGH hat die Berufung gegen das Urteil nicht zugelassen. Laut BayVGH räume die gesetzliche Grundlage in der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) zwar einen Gestaltungsspielraum bei der Protokollierung von Abstimmungen in Gemeinde-/ Stadtratssitzungen ein. Die Stadt könne sich auf die Erfassung des Abstimmungsergebnisses, d.h. die Zahl der Ja- und Nein-Stimmen beschränken. Ebenso sei möglich, in der Niederschrift namentlich festzuhalten, wer für und wer gegen die jeweiligen Anträge gestimmt habe. Dagegen verstoße eine auf die Nein-Stimmen beschränkte namentliche Protokollierung gegen die verfassungsrechtlich gewährleistete Mandatsgleichheit der Ratsmitglieder. Denn so würden die mit „Nein“ stimmenden Ratsmitglieder auch für Außenstehende leichter identifizierbar. Sie könnten daher in der Öffentlichkeit mit der getroffenen Entscheidung leichter persönlich in Verbindung gebracht und zur Verantwortung gezogen werden als die – zunächst namenlosen – mit „Ja“ Stimmenden. Vor allem bei Abstimmungen mit nur wenigen Gegenstimmen könne die namentliche Erfassung (nur) der Nein-Stimmen daher einen psychologischen Druck dahingehend erzeugen, nicht nach außen hin als einer von wenigen „Abweichlern“ markiert zu werden.

Allein eine behauptete Zeitersparnis rechtfertigt nicht die daraus resultierende Ungleichbehandlung

Das von der Stadt angeführte Gegenargument, es sei für den Protokollführer leichter und vermeide eine Verzögerung, wenn er nur die Nein-Stimmen festhalte, ließ der BayVGH nicht gelten. Allein eine solch behauptete Zeitersparnis rechtfertige nicht die daraus resultierende Ungleichbehandlung. Ohnehin müsse die vollständige Niederschrift keineswegs schon am Ende der Sitzung vorliegen. Selbst wenn während der Sitzung aus Vereinfachungsgründen zunächst nur die jeweiligen Nein-Stimmen notiert würden, könnten im später angefertigten Protokoll auch die Namen derjenigen Ratsmitglieder ergänzt werden, die mit „Ja“ gestimmt haben. Der Beschluss des BayVGH ist unanfechtbar.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.08.2024
Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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