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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25.09.2020
2 BvR 854/20 -

BVerfG: Substantiierter Vortrag von Asylsuchenden zur Sklaverei im Herkunftsland löst gerichtlichen Aufklärungsbedarf aus

Verfassungs­beschwerde offensichtlich begründet

Das Bundes­verfassungs­gericht hat der Verfassungs­beschwerde einer Mauretanierin gegen die Ablehnung ihrer Asylklage stattgegeben. Die Gerichte hätte sich mit der Behauptung der Beschwerdeführerin auseinandersetzen müssen. Die Frau hatte vorgetragen, einem "Sklavenstamm" anzugehören und daher in Mauretanien ihr Existenzminimum nicht sichern zu können.

Die Beschwerdeführerin ist Mauretanierin und gehört dem Volk der Peul an. Sie gelangte 2016 in die Bundesrepublik Deutschland und stellte einen Asylantrag. In der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab sie an, einem „Sklavenstamm“ anzugehören, keine Schulbildung zu haben und als Kind an ihre Tante „verschenkt“ worden zu sein. Das Bundesamt lehnte den Asylantrag ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen und drohte der Beschwerdeführerin die Abschiebung nach Mauretanien an.

Fehlende Möglichkeit zur Existenzsicherung in Mauretanien als Angehörige eines" Sklavenstamms" geltend gemacht

Mit ihrer Klage machte die Beschwerdeführerin geltend, dass sie als weibliche Angehörige eines „Sklavenstamms“ ohne Schul- und Berufsausbildung, ohne familiären Schutz und mit gesundheitlichen Problemen nicht in der Lage sein werde, in Mauretanien ihr Existenzminimum zu sichern. In der mündlichen Verhandlung gab sie an, trotz einiger inzwischen erworbener Kenntnisse im Lesen und Schreiben sowie gewisser französischer Sprachkenntnisse und ihrer Arbeit als Küchenhilfe im Hotel werde die einzige Möglichkeit für sie, als Frau ohne Papiere und ohne Familie in Mauretanien zu überleben, wieder eine Arbeit als Sklavin in einem Haushalt sein.

VG lehnt Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ab

Die Beschwerdeführerin beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, dass sie nach einer Rückkehr nach Mauretanien nicht in der Lage sein werde, ihr Existenzminimum zu sichern. Das Verwaltungsgericht lehnte diesen Antrag ab. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin sich ihre erworbenen Kenntnisse sowie ihre Erfahrung als Küchenhilfe nicht auch im Heimatland zunutze machen könne, um ihr Existenzminimum zu sichern. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg.

Asylsuchende rügt Verletzung rechtlichen Gehörs

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG. Das Verwaltungsgericht habe Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil es ohne erkennbare Auseinandersetzung mit den zu Mauretanien vorgelegten Erkenntnismitteln festgestellt habe, dass ein Abschiebungsverbot nicht vorliege. Das Oberverwaltungsgericht habe diesen Grundrechtsverstoß im Nichtzulassungsbeschluss fortgesetzt (Art. 19 Abs. 4 GG).

BVerfG: VG hätte Angaben zur Sklaverei berücksichtigen müssen

BVerfG hält die Verfassungsbeschwerde für offensichtlich begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf rechtliches Gehör, weil es ihren entscheidungserheblichen Vortrag zur Existenzsicherung von als Sklaven angesehenen Menschen in Mauretanien hätte berücksichtigen müssen (Art. 103 Abs. 1 GG). Mit den wesentlichen und für das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK entscheidungserheblichen Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Fortbestehen der Sklaverei und den Folgen insbesondere für Frauen hat sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt. Es hat nicht geprüft, ob sie in ihrer spezifischen Situation als alleinstehende, einem „Sklavenstamm“ angehörende Frau ohne familiäre oder sonstige Unterstützung nach einer Rückkehr nach Mauretanien in der Lage wäre, ihr Existenzminimum – außerhalb eines Daseins als Sklavin – zu sichern.

Sklaverei in Mauretanien stellt auch in der Gegenwart noch ein maßgeblich prägendes Problem dar

Die Zuerkennung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK war hier auch nicht fernliegend. Aus den von der Beschwerdeführerin im Klageverfahren in Bezug genommenen Erkenntnismitteln ergibt sich vielmehr, dass Angehörige ehemaliger „Sklavenstämme“, besonders Frauen, in Mauretanien nach wie vor von extremer Armut und einem existenzbedrohenden Ausschluss aus der Gesellschaft betroffen sind. Unabhängig von diesem Gehörsverstoß hätte das Verwaltungsgericht den Umstand, dass Mauretanien zu denjenigen Staaten gehört, in denen die Sklaverei auch in der Gegenwart noch ein wesentliches, das Leben größerer Bevölkerungsgruppen maßgeblich prägendes Problem darstellt, im Hinblick auf die substantiierten Angaben der Beschwerdeführerin zum Anlass nehmen müssen, hierzu näher aufzuklären.

OLG hätte Berufung zulassen müssen

Der Nichtzulassungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG). Das Oberverwaltungsgericht hätte die Berufung wegen der Gehörsverletzung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG zulassen müssen; die dem angegriffenen Beschluss zugrundeliegenden Anforderungen an die Darlegung eines die Zulassung der Berufung auslösenden Verfahrensmangels sind deutlich überhöht. Ob die weiteren geltend gemachten Grundrechtsverstöße vorliegen, bedarf keiner Entscheidung. Es spricht jedoch einiges dafür, dass das Verwaltungsgericht auch durch die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags Art. 103 Abs. 1 GG verletzt hat und dass das Oberverwaltungsgericht auch im Hinblick auf die Ablehnung des Beweisantrags die Berufung hätte zulassen müssen (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG).

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.10.2020
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)

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